EU kritisiert Polen und Ungarn für Einfuhrstopp

Die Europäische Union hat den von Polen und Ungarn beschlossenen Einfuhrstopp von ukrainischem Getreide kritisiert. Einseitige Handelsmaßnahmen von EU-Mitgliedsstaaten seien nicht zulässig, erklärte ein Sprecher der EU-Kommission gestern. Die EU habe die Entscheidungen von Polen und Ungarn zur Kenntnis genommen.

„In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass die Handelspolitik in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fällt und daher einseitige Maßnahmen nicht akzeptabel sind“, schrieb der Sprecher in einer per E-Mail versandten Stellungnahme. Gerade in herausfordernden Zeiten sei es wichtig, Entscheidungen innerhalb der EU zu koordinieren.

Markt überschwemmt

Polen hatte angekündigt, die Einfuhr von Getreide und anderen Lebensmitteln aus der Ukraine zu stoppen. Ungarn zog unmittelbar nach. Beide Länder begründeten ihr Vorgehen damit, Schaden von der heimischen Landwirtschaft abwenden zu wollen. In mitteleuropäischen Ländern lagern große Vorräte ukrainischen Getreides, das billiger ist als in der Europäischen Union produziertes. Aufgrund von logistischen Problemen wurde es nicht weitertransportiert. Das drückt die Preise und die Verkaufsmöglichkeiten örtlicher Bäuerinnen und Bauern.

In Polen und anderen osteuropäischen Ländern sorgte das für Unmut, Landwirte forderten die Einführung von Zöllen. Die Europäische Union verlängerte jedoch die zollfreie Einfuhr von ukrainischem Getreide bis Juni 2024. Das stellt die in Polen regierende Partei PiS vor ein Problem, zumal in diesem Jahr eine Parlamentswahl ansteht. Das Einfuhrverbot gelte auch für Güter, die nur durch Polen transportiert werden sollen, erläuterte Entwicklungs- und Technologieminister Waldemar Buda. „Es handelt sich um ein umfassendes Verbot.“

Die Slowakei hatte bereits am Freitag den Verkauf von ukrainischem Weizen als Lebensmittel und Tierfutter untersagt, sich dabei allerdings auf die mutmaßliche Pestizidhaltigkeit des ukrainischen Weizens berufen.

Ruf nach Verhandlungen

Das ukrainische Landwirtschaftsministerium erklärte, das polnische Verbot stehe im Widerspruch zu bilateralen Exportvereinbarungen. Zur Lösung des Problems müsse es Gespräche geben. Man verstehe, dass die polnischen Landwirte in einer schwierigen Lage seien. Die Lage der ukrainischen Landwirte sei derzeit aber noch schwieriger.

Der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform zufolge ist für heute ein Treffen der zuständigen polnischen und ukrainischen Minister angesetzt. Hauptpunkt sei der Transport von Getreide. Dem ukrainischen Landwirtschaftsminister Mykola Solsky zufolge passieren jeden Monat zwischen 500.000 und 700.000 Tonnen verschiedenster Güter die polnische Grenze, darunter Getreide, Gemüse, Eier, Öl, Zucker und Fleisch.