Wladimir Kara-Mursa in Haft
Reuters/Moscow City Court
Russland

25 Jahre Haft für Oppositionellen Kara-Mursa

Nach einem hinter verschlossenen Türen abgehaltenen Prozess hat ein Gericht in Moskau am Montag den bekannten Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa zu 25 Jahren Haft verurteilt. Es ist die höchste Strafe, die bisher gegen einen Oppositionellen in Russland verhängt wurde. Der 41-Jährige, der Giftanschläge überlebte, gilt als einer der schärfsten Kritiker von Kreml-Chef Wladimir Putin.

Kara-Mursa wurde wegen „Hochverrats“, der „Verbreitung von Falschinformationen“ über die russische Armee und der illegalen Arbeit für eine „unerwünschte“ Organisation schuldig gesprochen. Das Gericht entsprach mit dem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die das Strafmaß Anfang April gefordert hatte.

In seiner letzten Rede in dem Gerichtsverfahren verglich Kara-Mursa seinen Prozess am Dienstag mit einem von Josef Stalins Schauprozessen in den 1930er Jahren. Er lehnte es ab, das Gericht um einen Freispruch zu bitten. Er stehe zu allem, was er gesagt habe, und sei stolz darauf.

Anwältin kündigt Berufung an

„Verbrecher sollten für ihre Taten Buße tun. Ich hingegen sitze wegen meiner politischen Ansichten im Gefängnis. Ich weiß auch, dass der Tag kommen wird, an dem sich die Dunkelheit über unserem Land verziehen wird.“ Kara-Mursa bemängelte in diesem Zusammenhang, dass es ihm nicht gelungen sei, genügend Landsleute und Politiker in demokratischen Ländern von der Gefahr überzeugt zu haben, welche die gegenwärtige Kreml-Führung für Russland und die Welt darstelle.

Kara-Mursa zu langer Haftstrafe verurteilt

Ein Gericht in Moskau hat den Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa zu 25 Jahren Haft verurteilt. Der 41-Jährige sei des Hochverrats und weiterer Vergehen schuldig, urteilte das Gericht am Montag.

Kara-Mursas Anwältin Maria Eismont sagte russischen Nachrichtenagenturen zufolge, dass man gegen das Urteil in Berufung gehen werde. Bei dem Verfahren habe es zahlreiche schwerwiegende Rechtsverstöße gegeben.

Sofortige Freilassung gefordert

Aus Sicht der EU entsprach das Verfahren auch nicht den internationalen Standards für ein faires und öffentliches Verfahren vor einem zuständigen, unparteiischen und unabhängigen Gericht. „Die ungeheuerlich harte Gerichtsentscheidung zeigt einmal mehr, dass die Justiz politisch missbraucht wird, um Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger und alle Stimmen, die sich gegen den unrechtmäßigen russischen Aggressionskrieg gegen die Ukraine aussprechen, unter Druck zu setzen“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk sprach von einem weiteren Schlag gegen die Rechtsstaatlichkeit in Russland und forderte ebenfalls Kara-Mursas Freilassung: „Niemand sollte seiner Freiheit beraubt werden, weil er seine Menschenrechte wahrnimmt. Ich fordere die russischen Behörden auf, ihn unverzüglich freizulassen.“

Großbritannien bestellte den russischen Botschafter ein und bezeichnete wie das US-Außenministerium das Urteil als „politisch motiviert“. Die deutsche Regierung forderte so wie Österreich die umgehende Freilassung. Das Außenministerium in Wien zeigte sich via Twitter zudem „zutiefst beunruhigt über die sich verschlechternde Menschenrechtslage in Russland“.

Nach Kritik an Einmarsch in Ukraine verhaftet

Kara-Mursa war im April 2022 verhaftet worden, nachdem er den russischen Einmarsch in die Ukraine kritisiert hatte. In einem wenige Stunden vor seiner Festnahme im US-Nachrichtensender CNN ausgestrahlten Interview hatte er gesagt, Russland werde von „einem Regime von Mördern“ regiert.

Vergiftungen nur knapp überlebt

Der Politiker ist nach Angaben seiner Anwältin Maria Eismont gesundheitlich schwer angeschlagen. Sie sagte zuletzt, dass ihr Mandant in Untersuchungshaft 17 Kilogramm an Gewicht verloren habe. Kara-Mursa leidet an einer Nervenkrankheit, die nach Angaben seines Anwalts durch zwei Vergiftungsversuche in den Jahren 2015 und 2017 ausgelöst wurde. Sein Zustand hat sich im Gefängnis verschlechtert, und Kara-Mursa war teilweise zu krank, um an seinen Anhörungen teilzunehmen.

Recherchen der Investigativgruppe Bellingcat zufolge wurde Kara-Mursa von denselben Agenten des Inlandsgeheimdienstes FSB verfolgt, die auch in den Giftanschlag auf den Oppositionellen Alexej Nawalny verwickelt gewesen sein sollen. Kara-Mursa war zudem ein Vertrauter des im Jahr 2015 erschossenen Oppositionsführers Boris Nemzow.

„Schamlos und einfach faschistisch“

Nawalny reagierte „zutiefst empört“ auf die Kara-Mursa-Verurteilung. Das Urteil sei „rechtswidrig, schamlos und einfach faschistisch“, sagte der seit 2021 inhaftierte Nawalny in einer am Montag durch sein Team in Onlinediensten veröffentlichten Sprachmitteilung. „Ich glaube, dass Wladimir Kara-Mursa aus politischen Gründen verfolgt wurde“, hieß es weiter.

Im Vorjahr mit Vaclav-Havel-Preis ausgezeichnet

Der frühere Journalist und Politiker Kara-Mursa war im vergangenen Jahr mit dem prestigeträchtigen Vaclav-Havel-Preis des Europarats ausgezeichnet worden. Es erfordere unglaublichen Mut, sich im heutigen Russland gegen die Obrigkeit zu stellen, sagte der Präsident der Parlamentarischen Versammlung, Tiny Kox, im Oktober.

Kara-Mursas Frau nahm den Menschenrechtspreis entgegen. Sie las ein Statement von ihm vor, wonach er den Gewinn all denjenigen widme, die sich in Russland gegen den Ukraine-Krieg auflehnten. Mit dem Vaclav-Havel-Preis zeichnet die Parlamentarische Versammlung des Europarats seit 2013 Engagement für die Menschenrechte aus. Der Preis ist mit 60.000 Euro dotiert und nach dem verstorbenen Bürgerrechtler und früheren Präsidenten der Tschechischen Republik benannt.