Tiertransporte: Rechnungshof kritisiert EU-Standards

Von Litauen bis Spanien, von Irland bis Italien: In der EU werden jedes Jahr Milliarden lebender Tiere über weite Strecken und Ländergrenzen hinweg transportiert. Prüferinnen und Prüfer des EU-Rechnungshofs sehen wirtschaftliche Faktoren als wichtigste treibende Kraft dahinter und kritisieren bestehende Standards in der EU. Konkret versuchten Landwirte und Fleischerzeugerinnen, Kostenunterschiede zwischen EU-Ländern zu nutzen, um ihre Gewinne zu maximieren.

Transportbetriebe könnten Schlupflöcher ausnutzen

„Der Transport von lebenden Tieren über lange Strecken kann sich negativ auf das Wohlergehen der Tiere auswirken“, so Eva Lindström, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs.

Bestehende EU-Regeln für Tiertransporte würden von den Mitgliedsstaaten nicht einheitlich durchgesetzt. „Es besteht das Risiko, dass Transportunternehmen die in den verschiedenen nationalen Sanktionssystemen bestehenden Schlupflöcher ausnutzen“, so Lindström weiter.

Transportunternehmen könnten der Analyse zufolge längere Strecken wählen, um EU-Länder mit einer strengeren Umsetzung der EU-Regeln beziehungsweise solche mit härteren Strafen zu meiden. Außerdem könnten Verstöße für Fleischerzeuger in Ermangelung abschreckender Strafen auch von Vorteil sein, heißt es weiter.

Prüfer: Fleisch statt lebender Tiere transportieren

Die Prüfer empfehlen mehrere Änderungen: Dauer und Anzahl von Transporten sollen verringert und Transportbedingungen verbessert werden. Auch sollen Konsumentinnen und Konsumenten besser informiert und Tierleiden eingepreist werden.

Sie schlagen weiter vor, für mehr Transparenz und Harmonisierung bei der Kennzeichnung von Fleisch zu sorgen und den Transport von Fleisch anstatt lebender Tiere ebenso wie die Verwendung lokaler bzw. mobiler Schlachtanlagen zu fördern.

Kritik an EU-Agrarförderungspolitik

„Langstreckentiertransporte passieren, weil es immer weniger klein- und mittelgroße Betriebe und Schlachthöfe in der Region gibt“, heißt es in einer Aussendung von Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen und Mitglied des Tiertransport-U-Ausschusses. Waitz kritisiert den „falschen Fokus der EU-Agrarförderungspolitik“ und fordert die „Reduktion der maximalen Transportdauer für lebende Tiere auf acht Stunden statt bisher bis zu 29 Stunden“.

Kritik am System der Lebendtiertransporte kommt auch von NGOs. „Die langjährigen Probleme der mangelnden Transparenz, der schwachen Durchsetzung und der ständigen Tierschutzverstöße bei Lebendtiertransporten werden weiterhin systematisch auftreten, sollten die Regeln in der kommenden EU-Gesetzgebung nicht geändert werden“, so Veronika Weissenböck von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten.

Die EU-Kommission beabsichtigt, bis Ende dieses Jahres eine Überarbeitung der Tierschutzvorschriften vorzulegen. Das österreichische Tiertransportgesetz wurde 2022 novelliert, eine Verordnung zur Verschärfung der Strafen für nicht regelkonforme Tiertransporte ging im Jänner in Begutachtung.