Inseratenvergabe: Experte ortet Handlungsbedarf

Medienhaus-Wien-Geschäftsführer und Medienexperte Andy Kaltenbrunner sieht angesichts einer Inseratenverteilung nach „höchst unklaren Prinzipien“ akuten Handlungsbedarf. Man steuere „relativ gelassen“ auf eine „große Katastrophe“ zu, sagte er gestern bei der von NEOS veranstalteten Medienenquete im Parlament.

Die Inseratenvergabe der öffentlichen Hand sei im internationalen Vergleich pro Kopf sehr hoch. Vielfach seien die Mittel fehlgeleitet, im schlimmsten Fall nach politischen Interessen verteilt, so Kaltenbrunner.

„Eklatantes Problem“ in Sachen Förderungen

Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), meinte, dass der Anteil öffentlicher Werbung im Ländervergleich „gar nicht so dramatisch“ sei. „Gemessen am Umsatz der Kaufzeitungen und Magazine bewegt sich der Anteil von öffentlichen Inseraten von Bund und Ländern zwischen 2,5 und acht Prozent der Verlagshäuser.“

Mit der geplanten Novelle des Medientransparenzgesetzes, die weitreichendere Veröffentlichungspflichten und damit mehr Transparenz bringen soll, sei „ein kleiner Schritt nach vorne“ erreicht, meinte Kaltenbrunner. Kritisch sieht er jedoch, dass auch an anderer Stelle – bei klassischen gesetzlichen Förderungen – intransparent agiert werde.

Man müsse jetzt junge, innovative Projekte fördern, um nicht von technologischen Entwicklungen überrollt zu werden. Dass das in Österreich kaum geschehe, sei ein „eklatantes Problem“. Dass es keine Innovation gebe, könne man so nicht sagen, meinte wiederum VÖZ-Geschäftsführer Grünberger. Für Innovation brauche es aber auch Geld, und das sei auf dem kleinen österreichischen Markt nicht so einfach.

Kooperation und Beschränkungen

Ein anderes Thema, das besprochen wurde, war der ORF. Derzeit verhandelt die Regierung über eine ORF-Gesetzesnovelle. Eine weitere Stärkung des ORF wäre eine „unüberwindbare Hürde“, so Markus Breitenecker, CEO der ProSiebenSat.1Puls4-Gruppe. Es bleibe nur die Kooperation, um gegen die internationalen Digitalgiganten zu bestehen. Gleichzeitig forderte Breitenecker Einschränkungen für den ORF.

ORF-Radiodirektorin Ingrid Thurnher betonte, dass es schon Zusammenarbeit mit den Privaten gebe – etwa im Rahmen des 4Gamechangers-Festivals. Wenig hielt sie davon, den ORF im digitalen Raum einzuschränken: „Die sozialen Medien als Sperrgebiet für den ORF zu definieren, halte ich für falsch. Wo denn sonst sollen wir junge Menschen mit qualitativen Inhalten erreichen?“

ORF.at soll „gutes niederschwelliges Angebot“ bieten

Im Raum steht, dass mit der Gesetzesnovelle der Textanteil auf ORF.at reduziert werden könnte, da speziell Verleger bemängeln, dass es zu „zeitungsähnlich“ sei. „Es kann nicht die Lösung sein, den ORF zu schwächen“, meinte die ORF-Radiodirektorin.

Es sei „unrealistisch“, dass sich Personen nur aufgrund einer reduzierten „Blauen Seite“ ein Kaufabo von einer Zeitung nehmen würden. „Ein derart populäres Angebot wie ORF.at soll auch ein gutes niederschwelliges Angebot liefern“, sagte sie.

NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger zeigte sich am Anfang der Enquete überzeugt davon, dass eine lebendige, vielfältige Medienlandschaft, die möglichst unbeeinflusst arbeiten kann, ein „essenzieller Baustein für die Demokratie“ sei.