Person vor dem Hautpsitz der Firma Fox News in New York
Reuters/Andrew Kelly
Verleumdungsklage

Fox News zahlt Dominion 787,5 Mio. Dollar

Der konservative US-Medienkonzern Fox hat sich mit dem Wahlmaschinenhersteller Dominion außergerichtlich auf eine Schadenersatzzahlung von 787,5 Mio. Dollar (knapp 720 Mio. Euro) geeinigt. Die Summe bedeute Rehabilitierung und Rechenschaft, sagte der Anwalt von Dominion, Justin Nelson, nach der Einigung am Dienstag. „Lügen haben Konsequenzen“, so Nelson.

Der Chef von Dominion, John Poulos, sagte, Fox habe zugegeben, Lügen über Dominion verbreitet zu haben. Diese Lügen hätten seiner Firma, den Beschäftigten und Kunden enormen Schaden zugefügt. Fox teilte auf seiner Website mit, die Einigung spiegle die Verpflichtung von Fox wider, sich an „höchste journalistische Standards“ zu halten. Fox News muss sich aber laut Medienberichten nicht öffentlich für ein Fehlverhalten entschuldigen.

Dominion hatte in dem Rechtsstreit ursprünglich rund 1,6 Mrd. US-Dollar (rund 1,5 Mrd. Euro) gefordert, weil Fox News Berichte über die vermeintliche Manipulation der Wahlcomputer verbreitet hatte. Das Management des Senders berief sich auf die Pressefreiheit und beharrte darauf, man habe die Darstellungen des damaligen US-Präsidenten Donald Trump und seiner Anwälte legitimerweise als Nachricht wiedergegeben.

Fox News Anwalt Dan Webb (Mitte)
APA/AFP/Getty Images/Alex Wong
Die Verteidiger von Fox – in der Mitte Chefanwalt Dan Webb

Dominion wollte dagegen nachweisen, dass Fox News vorsätzlich Falschmeldungen ausgestrahlt habe, obwohl intern klar gewesen sei, dass die Wahlmaschinen nicht manipuliert waren.

Anwälte beider Seiten verhandelten zu Prozessstart

Der Prozess hatte erst am Dienstagvormittag (Ortszeit) mit der Auswahl der Geschworenen begonnen. Für den Nachmittag waren dann die Eingangsstatements beider Seiten erwartet worden. Stattdessen kam es zu einer mehrstündigen Verzögerung, in der die Anwälte beider Seiten Berichten von Journalisten im Gerichtssaal zufolge miteinander verhandelten.

Kameras wurden bei dem Prozess nicht zugelassen. Lediglich der Ton wurde außerhalb des Gerichtssaals übertragen. Mehr als zwei Stunden nach dem geplanten Beginn der Sitzung entließ der vorsitzende Richter Eric Davis die Geschworenen mit den Worten: „Die Parteien haben den Fall geklärt.“

Dominion Anwalt Justin Nelson
AP/Matt Rourke
Justin Nelson ist der Chefanwalt von Dominion

Fox räumte „einige falsche Behauptungen“ ein

Wenig später traten die Anwälte und der Chef von Dominion vor dem Gerichtsgebäude in der Stadt Wilmington im Bundesstaat Delaware vor die Presse und verkündeten die Einzelheiten des Deals. Für viele Beobachterinnen und Beobachter war es eine Überraschung, dass die Höhe der Schadenersatzzahlung bekanntwurde. Oftmals ist das bei derartigen Einigungen nicht der Fall.

Fox News zeigte sich in einer Erklärung „zufrieden“ mit dem erzielten Vergleich. Der Sender räumte ein, dass „einige Behauptungen über Dominion falsch waren“. Der Vergleich zeige, dass sich Fox News den „höchsten journalistischen Standards“ verpflichtet fühle.

Erkenntnisse zu Verhältnis Fox – Trump

Der Fall war in den USA mit großer Aufmerksamkeit verfolgt worden. Er hatte bereits spektakuläre Erkenntnisse über das Verhältnis zwischen Fox News und dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump zutage gefördert.

So hatte der Eigentümer von Fox, der Medienmogul Rupert Murdoch, zugegeben, dass einige seiner Moderatoren bewusst Lügen in Bezug auf die Präsidentschaftswahl 2020 verbreitet hätten. Das ging laut US-Medien aus Gerichtsdokumenten hervor, die eidesstattliche Aussagen Murdochs von Anfang Februar wiedergeben. „Einige unserer Kommentatoren haben dem zugestimmt“, sagte der 92-Jährige mit Blick auf falsche Behauptungen, die Wahl sei dem damaligen Amtsinhaber Trump gestohlen worden.

Er selbst habe ernsthafte Zweifel an diesen Behauptungen gehabt, sagte Murdoch. Er hätte Auftritte von Getreuen des unterlegenen Trump, die die Lüge vom Wahlbetrug auf Fox nach der Wahl verbreiteten, stoppen können, sagte Murdoch laut den Angaben. „Aber ich habe es nicht getan“, gab er zu.

Pikante Details

Auch weitere pikante Details aus dem Innenleben des Medienkonzerns wurden vor dem Prozess bekannt. So habe beispielsweise der quotenstarke Fernsehmoderator Tucker Carlson, der Trump in seinen Sendungen offen unterstützte, den Ex-Präsidenten hinter den Kulissen „gehasst“, berichteten US-Medien unter Berufung auf die Gerichtsakten. Carlson habe einem Mitarbeiter zwei Monate nach der Präsidentenwahl 2020 per Textnachricht geschrieben: „Wir sind sehr, sehr nahe dran, Trump an den meisten Abenden zu ignorieren. Ich kann es wirklich kaum erwarten. Ich hasse ihn leidenschaftlich.“

Fox News vermeidet mit dem Vergleich einen Prozess mit womöglich weiteren unangenehmen Enthüllungen und Befragungen von Senderverantwortlichen einschließlich des 92-jährigen Murdoch. Der Richter in dem Fall habe Fox vor Prozessbeginn sanktioniert, weil der Sender Beweismittel nicht zur Verfügung gestellt habe, berichtete der Sender NBC. Davis habe angekündigt, es Dominion zu erlauben, Murdoch noch einmal zu befragen, hieß es.

Dem in Delaware tätigen Juristen John Culhane zufolge wäre für den Sender unter anderem dadurch signifikanter Schaden entstanden, dass in einem Prozess Audios mit Aussagen von Moderator Carlson und seiner Moderatorenkollegin Laura Ingraham „tausendmal abgespielt“ worden wären.

Einigung könnte Signalwirkung haben

Die Einigung mit Fox könnte auch Signalwirkung für weitere Verleumdungsklagen haben, die Dominion gegen andere konservative Nachrichtensender wie Newsmax und OAN und mehrere Einzelpersonen angestrengt hat. „Wir sind noch nicht fertig“, sagte Dominion-Anwalt Nelson am Dienstag.

Außer gegen Fox hat Dominion unter anderem Klage gegen die Anwälte Rudy Giuliani und Sidney Powell sowie den Geschäftsmann Mike Lindell eingereicht, die alle aus Trumps Umfeld stammen. Sie hatten ohne Belege behauptet, Dominion habe mit der Wahlsoftware die Abstimmung zugunsten von Trumps Herausforderer Joe Biden manipuliert.

Fox stehen weitere Klagen ins Haus

Auf der anderen Seite stehen auch Fox noch andere Klagen wegen Verleumdung durch den Vorwurf der Wahlmanipulation ins Haus. Unter anderem hat Smartmatic, eine andere Firma, die Wahlen abwickelt, Fox auf 2,7 Mrd. Dollar geklagt.

Trump weigert sich bis heute, seine Niederlage gegen Biden einzugestehen. Er behauptet ohne jeden Nachweis, er sei durch Betrug um einen Wahlsieg gebracht worden. Seine Verbündeten verbreiteten die Behauptungen damals ebenfalls und reichten diverse Klagen ein, die allesamt scheiterten.