Cybercrime-Entwurf: Zweifel in der Justiz

Die ÖVP-Grünen-Regierung plant die Strafen für Cybercrime-Delikte zu verschärfen. Die Begutachtung der Gesetzesänderung aus dem Justizministerium endete gestern. In den Stellungnahme wird die Intention durchaus begrüßt. Allerdings zweifelt man in der Justiz, ob die Ressourcen dafür ausreichen.

Zum Großteil geht es im Entwurf um die Erhöhung von Strafen. Wer künftig zum Beispiel einen Computer hackt, muss mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe rechnen statt mit derzeit sechs Monaten. Für Angriffe auf kritische Infrastruktur wird die Maximalstrafe auf drei Jahre erhöht. Auch die Straftatbestände zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen werden erhöht und teils vervierfacht.

„Grobe Schätzung“

Mit der Erhöhung der Strafen gibt es gleichzeitig eine Verschiebung der Zuständigkeiten. Kümmerten sich bis jetzt Bezirksgerichte und Bezirksanwältinnen und -anwälte um die Delikte, wird künftig eine erhöhte Arbeitsbelastung bei Landesgerichten und Staatsanwaltschaften befürchtet, heißt es in vielen Stellungnahmen. Im Entwurf wird zwar eine Personalaufstockung erwähnt, diese reiche aber nicht aus.

Insgesamt wird in den Gesetzesbeilagen ein Mehrbedarf von zwei staatsanwaltlichen Vollzeitkräften sowie von 1,25 richterlichen Vollzeitkräften geschätzt. Das Ministerium hält allerdings fest, dass es sich dabei „um nicht mehr als den Versuch einer groben Schätzung handeln kann“.

„Deutlich zu gering“

Darauf gehen die Gerichte und Staatsanwaltschaften zwar ein, merken allerdings trotzdem an, dass die steigende Zahl der Cyberkriminalität weitaus mehr Personal- und Finanzkapazitäten benötige. Die Planung berücksichtige „offenbar nicht, dass auch in Zukunft mit einem massiven Anstieg der betreffenden Delikte zu rechnen ist“, schreibt etwa Cornelia Kolle, Präsidenten der Vereinigung der Staats­anwältinnen und Staats­anwälte.

Zwar sollen die Änderungen mit Juni 2023 in Kraft treten, „eine Besetzung von neuen staatsanwaltschaftlichen Planstellen aufgrund der Ausbildungsdauer benötigt jedoch eine Vorlaufzeit von mehreren Jahren“, heißt es weiter in der Stellungnahme. Zudem sei die Erhöhung von Strafdrohungen „nicht das vordringlichste Bedürfnis der Praxis“, weil sie in diesem Bereich kaum abschreckend wirken. Vielmehr müssten die Ermittlungsbehörden den technischen Entwicklungen Schritt halten können.

Für die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt erscheint der festgestellte Personalaufwand aufgrund der Praxiseinschätzung „deutlich zu gering, um die zu erwartende Mehrbelastung abzufedern“. Auch das Oberlandesgericht (OLG) Graz schließt sich den Zweifeln an. Die Mehrbelastung auch der Oberlandesgerichte „scheint nicht berücksichtigt worden zu sein“. Das OLG Wien will abwarten, ob der ausgewiesene Mehraufwand ausreichend sein wird.