E-Auto wird aufgeladen
ORF.at/Georg Hummer
Gewessler

„Zukunft des Autos ist die E-Mobilität“

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat in den vergangenen Tagen in Sachen Zukunft der Mobilität auf „Technologieoffenheit“ beharrt. Insbesondere E-Fuels haben es ihm aber angetan. Fachleute sind skeptisch, ob synthetische Kraftstoffe für den Individualverkehr geeignet sind. Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) sprach sich am Donnerstag klar für die E-Mobilität aus.

„Es sind sich beim Thema Zukunft des Pkw einfach alle einig: Die Zukunft auf der Straße ist für das Auto die E-Mobilität. Dorthin investieren die Unternehmen, da ist die Wissenschaft klar, das ist die gescheiteste Lösung“, sagte Gewessler bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Dort sprach sie zwar über die Photovoltaikförderung, wurde allerdings auch zum Autogipfel des Bundeskanzlers am Mittwoch befragt.

„Auch egal, wie oft man Fantasiezahlen wiederholt: Es ändert die Realität nicht, es ändert die Investitionen nicht, es ändert die Physik nicht“, so die Ministerin mit Blick auf die Forderung, in E-Fuels für den Verbrennermotor zu investieren. „Unsere Aufgabe ist es, diese Transformation (zu E-Mobilität, Anm.) zu begleiten und sicherzustellen, dass die betroffenen Unternehmen fit genug dafür sind“, sagte Gewessler.

Diese Transformation werde Arbeitsplätze sichern und den heimischen Standort stärken. Man müsse ganz vorne dabei sein, so die Ministerin und zählte beispielhaft Steyr auf, wo E-Lkws in Serienproduktion gehen. „Ganz unabhängig davon freue ich mich, wenn sich alle Mitglieder der Bundesregierung mit der Frage der Mobilität beschäftigen.“

E-Fuels

E-Fuels sind synthetische Treibstoffe, die mit Hilfe von Strom erzeugt werden. Zur Herstellung ist viel Strom notwendig, für einen Liter 16 bis 27 Kilowattstunden. Für die Luft- und Schifffahrt werden E-Fuels als Alternativen angesehen. Autohersteller setzen auf den Ausbau der E-Mobilität.

Nehammer für „Technologieoffenheit“

Am Mittwoch hatte Nehammer zu einem Autogipfel ins Bundeskanzleramt geladen, mit Vertreterinnen und Vertretern der Industrie und der Wissenschaft sollte die Zukunft der Branche besprochen werden. „Technologieoffenheit“ war dabei das oft zitierte Schlagwort. Forschung und Entwicklung sollen gefördert werden, dafür will man auch auf EU-Ebene Druck machen.

In der EU dürfen ab 2035 keine Neuwagen mehr zugelassen werden, die mit Benzin oder Diesel fahren. Die EU-Staaten beschlossen Ende März endgültig ein weitgehendes Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor. Nach dem holprig erzielten Kompromiss können aber auch noch Verbrennungsmotoren zugelassen werden, wenn sie mit E-Fuels betankt werden. Die ÖVP will die Option E-Fuels beibehalten und nennt Antriebe mit E-Fuels „grüne Verbrenner“.

Der Gipfel wurde einberufen, um die Zukunft der Autobranche in Österreich zu besprechen, ebenso die Verwendung von E-Fuels in Autos. „Gerade die Veranstaltung heute soll zeigen, dass wir uns mit der Wissenschaft intensiv auseinandersetzen“, sagte Nehammer. Man müsse in längeren Zeiträumen denken. In zehn Jahren könnte noch viel mehr möglich sein, etwa die Effizienz des Einsatzes von E-Fuels viel besser werden.

Experte: Elektromotor wird sich durchsetzen

Der Chemiker Robert Schlögl, Präsident der deutschen Alexander-von-Humboldt-Stiftung, meinte: „Ich würde vor allen Dingen erst mal dieses Vorurteil weggeben, dass die Erzeugung von E-Fuels sehr ineffizient sei.“ Georg Brasseur, emeritierter Professor an der TU Graz, verwies auf die „Limitierung der Rohstoffe, die wir haben, um diese gewaltige Energiewende hinzukriegen“. Europa und Österreich sollen sich nicht in neue Abhängigkeiten begeben, „beispielsweise jetzt mit den Batterien aus China“.

Experte über die Zukunft von E-Fuels

Jürgen Rechberger, Vizepräsident der AVL List und Leiter des Bereichs E-Fuels, spricht über „Technologieoffenheit“ und die Zukunft von E-Fuels.

Der E-Fuels-Experte und Vizepräsident von AVL List, Jürgen Rechberger, ging am Mittwoch in der ZIB2 davon aus, dass sich langfristig der Elektromotor durchsetzen wird. In der Übergangsphase könne man die Lücke mit E-Fuels schließen, meinte Rechberger. Für die Produktion von E-Fuels gebe es derzeit aber noch nicht genug Kapazitäten. Der Experte sagte, dass man etwa um 2030 das Technologieportfolio dafür haben werde.

Grüne: „Bleibt eine dumme Idee“

Schon im Vorfeld des Gipfels wurde Kritik von vielen Seiten laut. Eine „Pure Show“ ortete die FPÖ, NEOS forderte einen Gipfel zur Personalnot statt zum Auto. Kritik kam auch von SPÖ und Grünen sowie von den Umweltschutzorganisationen Global 2000 und Greenpeace. Der Kanzler ignoriere Fakten und wolle „sinnlos Steuergeld in eine technologische Sackgasse pumpen“, so Greenpeace. Der Klimasprecher der Grünen, Lukas Hammer, teilte seine Kritik via Twitter mit: „Bei Pkws auf E-Fuels umzusteigen ist und bleibt eine dumme Idee.“

Infografik zum Wirkungsgrad und zur Reichweite von Pkw mit alternativen Antriebsarten
UBA/VCÖ/ORF

Ohne Nehammer beim Namen zu nennen, meinte der grüne Abgeordnete Markus Koza auf Twitter: „Interessant: Von irgendwelchen angeblich existierenden ‚Denkverboten‘ fabulieren meist ausgerechnet die, die am lautesten denken. Und das am besten vor jedem Mikrofon.“ Tirols Grünen-Chef Gebi Mair sagte, dass der Einsatz von E-Fuels „den Spekulanten des Fossilzeitalters und den Interessen der Ölstaaten, nicht aber den Interessen einer nachhaltigen österreichischen Wirtschaft“ diene.

Lob für den Kanzler gab es freilich von der ÖVP. „Sich aus ideologischen Gründen ausschließlich auf die E-Mobilität zu versteifen ist eine Selbsteinschränkung, die uns direkt in die nächste Abhängigkeit führen würde und wir daher nicht akzeptieren. Die Volkspartei setzt sich für Klimaschutz mit Hausverstand ein“, so ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. Deswegen habe der Bundeskanzler mit Vertretern der Automobilindustrie alle Möglichkeiten ausgelotet, wie die Mobilitätswende in Österreich gelingen werde.