Rauch aus einem Kohlekraftwerk
AP/Czarek Sokolowski
NGO-Studie

Die größten Finanziers der Klimasünder

Öl, Gas und Kohle sind trotz der Klimakrise noch immer ein attraktiver Hafen für die Finanzbranche. Eine neue Untersuchung von mehr als 20 internationalen NGOs offenbart nun die größten Geldgeber des fossilen Sektors, allen voran die US-Konzerne Vanguard und Blackrock. Doch auch zwei österreichische Banken stehen auf der Liste: die Erste Group und – als größter EU-Investor in russische Öl- und Gaskonzerne – Raiffeisen. Die Firmen aber dementieren.

Es sind enorme Summen, die oft trotz Richtlinien und freiwilligen Selbstverpflichtungen in den fossilen Sektor fließen. Mehr als drei Billionen US-Dollar (2,73 Bio. Euro) sind es mit Stand Jänner 2023, die in Aktien und Anleihen von Öl- und Gasproduzenten sowie Unternehmen der Kohleindustrie flossen. Das offenbarte nun die Analyse der NGOs unter Federführung der deutschen Organisation urgewald, darunter auch ATTAC Österreich und Greenpeace.

In Summe seien es rund 6.500 Unternehmen, hauptsächlich Vermögensverwalter, Banken, Versicherungen, Hedge- und Pensionsfonds. Knapp zwei Drittel (64 Prozent) der Gelder entfallen auf Öl und Gas, der Rest auf Kohle. Und bei Weitem die größten Investoren sitzen in den USA: Auf sie entfallen mit rund 1,975 Billionen Dollar knapp zwei Drittel. Zwölf Prozent kommen aus Europa (vor allem Großbritannien, Norwegen und die Schweiz), dahinter liegen Kanada und Japan.

Zwei US-Riesen als größte Brocken

Die weltgrößten Investoren in fossile Energieträger sind laut der Studie mit jeweils mehr als 260 Milliarden US-Dollar der Finanzdienstleister Vanguard und die Investmentgesellschaft Blackrock. Sie stehen gemeinsam für 17 Prozent aller institutionellen Investitionen in Unternehmen für fossile Brennstoffe. Während Vanguard keine Absichten zeige, aus klimafeindlichen Geschäftsmodellen auszusteigen, behaupte Blackrock hingegen, führend in Sachen Nachhaltigkeit zu sein, so der Bericht. Obwohl die Gesellschaft 2020 eine neue Kohlestrategie eingeschlagen habe, bleibe sie der weltgrößte Investor in Unternehmen, die neue Kohlekraftwerke, Minen und Kohleinfrastruktur entwickeln.

Grafik zur Herkunft von Investitionen
Grafik: ORF; Quelle: investinginclimatechaos.org
Aus vier Ländern/Regionen kommen 85 Prozent der Investitionen

Der erste Investor, der nicht aus den USA stammt, ist auf Platz fünf der saudische Staatsfonds Public Investment Fund. Auf der Liste stehen auch JPMorgan Chase und Berkshire Hathaway von Ivestmentguru Warren Buffett.

Raiffeisen, Erste können Zahlen nicht nachvollziehen

Aber auch heimische Unternehmen sind darunter. Laut den Daten hielten österreichische Investoren Aktien und Anleihen von Öl-, Gas und Kohlekonzernen im Wert von 1,25 Milliarden Euro. Demzufolge steckte die Erste Group mehr als 280 Millionen Dollar in den fossilen Sektor.

Raiffeisen investierte seinerseits über 780 Millionen Dollar in Fossiles in Russland. Raiffeisen sei zudem jeweils unter den Top Ten der ausländischen Investoren von Lukoil, Novatek und Rosneft. Rund 90 Millionen Euro stecken in Gasprom-Anteilen, so der Bericht.

Die heimischen Banken können die Vorwürfe jedenfalls nicht nachvollziehen. Seitens der Erste Group hieß es, dass die von den NGOs kolportierten Zahlen nicht kommentiert oder verifiziert werden könnten, berichtete das Ö1-Morgenjournal. Es handle sich nicht um Investitionen der Erste, sondern von Firmen, die Fonds bei der Bank hätten. Man reduziere das fossile Portfolio aktuell schrittweise auf null, das Hauptaugenmerk liege schon länger auf grünen Investitionen. Von den 69 Mrd. Euro an Vermögen privater und institutioneller Anleger, von die Erste Asset Management verwaltet werden, seien rund 22 Prozent in nachhaltige Fonds gegangen. Zudem habe man Mitte 2021 „alle Unternehmen aus dem Anlageuniversum unserer Publikumsfonds ausgeschlossen, die auf dem Gebiet des Kohleabbaus, der Erzeugung von Strom oder Treibstoffen aus Kohle aktiv sind“, so die Erste später gegenüber ORF. at. Die Ausnahme stellten Unternehmen dar, die sich glaubhaft gemäß dem Pariser Klimaabkommen zum Kohleausstieg verpflichteten.

„Zahlen falsch“

Von der Raiffeisen Bank International hieß es am Donnerstag, die genannten „Zahlen zu angeblichen Öl-, Gas- und Kohleinvestitionen der Raiffeisen Bank International sind falsch“. Ebenso sei es falsch, dass die Bank Anteile an russischen Öl- und Gasunternehmen halte. Man habe sich vor Inkrafttreten der relevanten Sanktionsbestimmungen aus der Finanzierung von russischem Erdöl und Erdölprodukten zurückgezogen. Zudem habe man Richtlinien für Öl- und Gas-Investitionen definiert. Ausgeschlossen seien zum Beispiel Geschäfte mit Öl und Gas aus der Arktis, Öl aus dem Amazonas-Gebiet, Öl aus Teersand, durch Fracking gewonnenes Öl und Gas sowie Ultra-Tiefsee-Bohrungen und Flüssigerdgas (LNG).

Laut ATTAC aber liste die Untersuchung Investments der gesamten Raiffeisen Group auf, es sei nicht aufgeschlüsselt, aus welchem Land die Gelder kommen. Doch gehöre Raiffeisen Russland zu 100 Prozent der Raiffeisen Group mit Sitz in Österreich.

Österreichische Unternehmen in Russland

Über zwei Milliarden Euro, das ist der Gewinn aus dem Russland-Geschäft der Raiffeisen Bank International vergangenes Jahr. Doch an dieses Geld kommt die Bank sanktionsbedingt nicht heran. Mit diesem Schicksal ist Raiffeisen aber nicht allein, denn namhafte Unternehmen arbeiten weiterhin in Russland. Sie hoffen, die Lage auszusitzen, wollen ihre Firma nicht an einen Putin-Freund übergeben und fühlen sich den Mitarbeitern verpflichtet. Wer ist aus Russland abgezogen, wer geblieben? Und unterstützen die, die bleiben, Putins Kriegsmaschinerie?

Die RBI Gruppe erwägt seit Längerem einen Verkauf des Russland-Geschäfts. Auch über ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist die überwiegende Mehrheit der österreichischen Unternehmen in Russland aktiv, wie das ORF-Wirtschaftsmagazin „Eco“ berichtet. Auch die von der Nationalbank berechneten Investitionsbestände österreichischer Unternehmen in Russland zeigen, dass heimische Unternehmen seit Kriegsbeginn kaum Investments aus Russland abgezogen haben.

ATTAC für Verbot von fossilen Investitionen

Die globalisierungskritische NGO ATTAC, beteiligt an der Untersuchung, fordert angesichts der Zahlen ein Verbot für fossile Investitionen. „Freiwillige Selbstverpflichtungen“ des Finanzsektors seien erwiesenermaßen unzureichend, so Mario Taschwer von ATTAC Österreich. Trotz aller Bekenntnisse und Klimaziele gebe es noch immer keine Regulierung, die fossile Investitionen einschränkt oder verbietet. Auch die Bundesregierung solle sich für entsprechende Regeln einsetzen, doch der Einfluss des Finanzsektors, „insbesondere die Macht von Raiffeisen“, sei jedoch ein großes Hindernis, so Taschwer.

Auch Greenpeace hielt existierende Richtlinien für zahnlos, zudem gebe es kaum Sanktionsmöglichkeiten. „In Zeiten, wo wir Hitzewellen, Flutkatastrophen und weitere Wetterextreme jetzt schon spüren, fließen trotzdem eben noch drei Billionen US-Dollar jährlich in die Finanzierung von Kohle, Öl und Gas und treiben damit die Klimakrise voran“, so Jasmin Duregger von der Umweltschutzorganisation.