Kiew bündelt Ressourcen für Gegenoffensive

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor dem Hintergrund der erwarteten Gegenoffensive Kiews vom Aufbau neuer Militäreinheiten berichtet. „Wir bereiten auch aktiv neue Brigaden und Einheiten vor, die sich an der Front bewähren werden“, sagte der 45-Jährige gestern in seiner täglichen Videoansprache. Bei seinen Besprechungen mit dem Generalstab gehe es um die Bereitstellung aller Mittel für die Befreiung der Ukraine von der russischen Besatzung.

„Wir alle in der Ukraine müssen verstehen, dass die Hauptaufgabe des Staates die Befreiung unserer Gebiete, das Zurückholen unserer Erde und unserer Menschen aus russischer Gefangenschaft ist.“ Die staatlichen Ressourcen würden vor allem dafür aufgewendet, sagte der Staatschef. Die Front habe oberste Priorität, betonte er.

Neue Zusagen an Ukraine in Ramstein

Er dankte zugleich den westlichen Partnern, die im Rahmen des Ramstein-Formats der Ukraine bei der Verteidigung helfen. „Ihre Entschlossenheit entspricht voll und ganz der tatsächlichen Situation und den Bedürfnissen auf dem Schlachtfeld“, so Selenskyj.

Aus Ramstein gab es einige neue Zusagen an Kiew: Leopard-Panzer aus Deutschland, die im Ukraine-Krieg beschädigt wurden, sollen so künftig in Polen repariert werden und damit schneller an die Front zurückkommen. Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vereinbarte in Ramstein mit seinen Kollegen aus Warschau und Kiew den Aufbau eines entsprechenden Instandsetzungszentrums. Zur „fairen Aufteilung“ der Kosten von 150 bis 200 Millionen Euro im Jahr habe man sich auf eine Fondslösung geeinigt.

Kampfjets weiter offene Frage

Bei der Frage nach der Lieferung von westlichen Kampfjets an die Ukraine bleiben die meisten europäischen Staatschefs reserviert. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich jedoch für eine Fortsetzung der Gespräche über eine Abgabe von westlichen Kampfjets an die Ukraine ausgesprochen. Man müsse über Lieferungen durch Bündnispartner weiter diskutieren, sagte Stoltenberg am Freitag am Rande des Treffens in Ramstein.

IAEA „zutiefst besorgt“ wegen Saporischschja

Während militärisch die Vorbereitungen für die erwartete ukrainische Gegenoffensive laufen, werden Befürchtungen über mögliche Folgen laut. So hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) vor einem Nuklearunfall durch die zunehmenden Kampfhandlungen rund um das Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine gewarnt.

„Ich habe klare Anzeichen militärischer Vorbereitungen in dem Gebiet gesehen, als ich das AKW Saporischschja vor drei Wochen besucht habe“, sagte IAEA-Direktor Rafael Grossi laut einer Mitteilung der Behörde. Seither hätten die an Ort und Stelle stationierten Atomexperten mehrfach Explosionen in unmittelbarer Nähe der Anlage registriert.

Er sei „zutiefst besorgt“ wegen der aktuellen Lage. Die prekäre Situation erfordere weiteren Druck, damit die Anlage weder beschossen noch als Ausgangspunkt für Angriffe genutzt werde. Er werde diesbezüglich mit Russen und Ukrainern weiter verhandeln, sagte Grossi.