Marlene Svazek beim Wahlkampf
APA/Helmut Fohringer
Salzburg

Teuerung verschafft FPÖ Auftrieb

Mit fast 26 Prozent hat die FPÖ das bisher beste Ergebnis in Salzburg eingefahren. Bei der Landtagswahl am Sonntag wurde sie zweitstärkste Kraft. Gerade auf dem Land verzeichnete die Partei hohe Zugewinne. Besonders die Teuerung hat diese Wahl geprägt. ÖVP und SPÖ seien deshalb nun im Zugzwang, sagt Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik.

Während die FPÖ im städtischen Bereich wie etwa Salzburg-Stadt, Bergheim oder Elsbethen mit unter vier Prozentpunkten vergleichsweise wenige Zugewinne einfahren konnte, verzeichneten die Freiheitlichen gerade in ländlichen Gemeinden – die bei der Landtagswahl 2018 teilweise noch bürgerlich gewählt hatten – starke Zuwächse.

Das größte Plus erzielte die FPÖ in Sankt Koloman, das laut der Urban-Rural-Typologie der Statistik Austria als ländlicher Raum definiert wird, mit 21,25 Prozentpunkten, sie kam dort auf 39,07 Prozent. Plus 20,8 Prozentpunkte gab es auch in Zederhaus sowie 19,2 in Scheffau am Tennengebirge (ebenfalls Land).

Auch in St. Margarethen im Lungau und Krimml, die beide dem ländlichen Raum zugerechnet werden, gab es jeweils 18,5 Prozentpunkte Zuwachs. Nur in der Gemeinde Weißpriach verloren die Blauen Stimmen (- 1,21 auf 26,11 Prozent).

Weg zwischen ÖVP und FPÖ „sehr kurz“

Gerade in einem urbanen Raum mit bildungsaffiner Bevölkerung sei es für die FPÖ in Österreich „schlicht ein schwierigeres Pflaster“ als im ländlichen Raum, so Praprotnik im Gespräch mit ORF.at.

Dass die FPÖ etwa im Lungau einige Wählerinnen und Wähler der ÖVP gewinnen konnte, sei zudem nicht ungewöhnlich. „Dass Menschen, die zuvor die ÖVP gewählt haben, zur FPÖ übergewechselt sind, ist ein Schritt, den wir immer wieder sehen“, so die Politikwissenschaftlerin. „Der Weg zwischen den zwei Parteien ist mittlerweile wirklich sehr, sehr kurz.“

FPÖ holt sich viele frühere ÖVP-Wähler

Die FPÖ hat bei der Salzburger Landtagswahl 19.000 Stimmen von der ÖVP gewonnen und kann damit die stärkste Stimmenbewegung für sich beanspruchen. 12.000 Stimmen holten die Freiheitlichen zudem von den Nichtwählern. Grüne und SPÖ verloren stark an die Kommunisten.

Das zeige sich aktuell auch auf Bundesebene – so solle etwa der kürzlich abgehaltene Autogipfel zeigen, dass man als ÖVP auch innerhalb einer Koalition mit den Grünen nicht „nach links gekippt“ sei, wie die FPÖ bereits öfter medienwirksam gewarnt habe. „Diese Sorge innerhalb der ÖVP ist real und ist, wenn wir uns das auf Landesebene anschauen, begründet, weil hier ein Wechsel stattfindet.“

Unzufriedenheit „massiv gestiegen“

Dass sowohl die FPÖ (plus 6,91 Prozent) als auch die KPÖ (plus 11,25 Prozent) trotz diametral entgegengesetzter Ausrichtung die meisten Zugewinne verbuchen konnten, sei spannend, weil eigentlich ideologisch zwischen den beiden Welten liegen würden. Es sei aber auf zwei klare Faktoren zurückzuführen.

„Das liegt einerseits daran, dass einfach die Parteibindungen immer schwächer werden“, so die Politikwissenschaftlerin mit Blick auf die traditionellen Großparteien ÖVP und SPÖ. „Und der zweite Punkt ist der, dass der Anteil der Unzufriedenen dermaßen hoch und vor allem auch im Vergleich zu 2018 massiv gestiegen ist.“ Jene, die sich das Leben kaum noch leisten könnten, würden verstärkt auf die FPÖ und in der Stadt verstärkt auf die KPÖ als Ansprechpartnerinnen für leistbares Wohnen setzen.

Aktuell würden in Salzburg 41 Prozent die Entwicklung der letzten Jahre als negativ beurteilen, während es 2018 nur 19 Prozent gewesen seien. „Und in so einer Stimmung haben einfach die Oppositionsparteien die besseren Karten, weil sie glaubhafter vermitteln, dass sie es anders machen würden – weil sie natürlich auch nicht in die Gelegenheit gekommen sind, es anders machen zu müssen.“

„Kein Blatt“ zwischen Svazek und Kickl

Dass die FPÖ von der Unzufriedenheit der Wählerschaft derart profitieren konnte, wird freilich auch der Spitzenkandidatin der FPÖ, Marlene Svazek, zugeschrieben. Die 30-Jährige machte ihre Partei erstmals zur Nummer zwei im Bundesland, zudem ist sie mit 32.906 Stimmen auf Bezirksebene unangefochten Erste im Vorzugsstimmenranking – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Svazek gilt als Anhängerin von Frankreichs Marine Le Pen und wird gemeinhin dem radikaleren Flügel der FPÖ zugerechnet. So war sie eine der Ersten, die sich 2021 hinter Herbert Kickl (FPÖ) gestellt hatte, als er im Machtkampf gegen Norber Hofer (FPÖ) an die Spitze der Partei wollte. Vertreter anderer Parteien sagen aber, dass sie im Ton angepasster und gemäßigter wurde, je länger ihre Zeit in Wien zurückgelegen war.

Marlene Svazek und Herbert Kickl (beide FPÖ)
APA/Franz Neumayr
Auch im Wahlkampf zeigte sich Svazek an der Seite Kickls

Im Wahlkampf habe sich Svazek dennoch häufig an der Seite von Kickl gezeigt, so die Beobachtung Praprotniks. „Ich denke nicht, dass inhaltlich ein Blatt zwischen die beiden passt.“ Sie sei vielleicht im Auftreten oder im Sprachgebrauch weniger pointiert als Kickl, ansonsten gebe es aber keine inhaltlichen Unterschiede, auch nicht zu Oberösterreichs FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchner. „Das ist mehr eine Frage der Art der Kommunikation als eine Frage, ob sich die unterschiedlichen Akteure in der FPÖ hier inhaltlich irgendwie uneins wären.“

Haslauer hält sich Optionen offen

Svazek erklärte zwar am Montag, sie sei „bereit für Verhandlungen“. Ob die FPÖ tatsächlich in die Landesregierung einzieht, ist laut Praprotnik aber noch nicht sicher. ÖVP-Landeschef und Landeshauptmann Wilfried Haslauer halte sich taktisch „alle Optionen“ offen. Die Verhandlungen mit der FPÖ seien erfolgversprechend, er habe sich aber bereits 2018 gegen eine Zweierkoalition entschieden.

Auch bei der Wahlbefragung habe man gesehen, dass eine Koalition zwischen ÖVP und SPÖ von der Wählerschaft mehr gewünscht werde. „Ich halte eine Koalition mit der SPÖ aufgrund dieser Faktoren für wahrscheinlicher. Wir wissen aber auch, dass es in Niederösterreich dann im Endeffekt anders gekommen und eine schwarz-blaue Regierung entstanden ist.“

Teuerung bei allen Generationen Thema

Dem Ergebnis der Landtagswahl werden zwar auch bundespolitische Folgen attestiert. Ob die FPÖ das Momentum bis zur geplanten Nationalratswahl im Herbst 2024 aufrechterhalten kann, hängt laut Praprotnik aber vor allem von der wirtschaftlichen Entwicklung ab – und davon, ob es der SPÖ noch gelingt, „die Kurve zu kratzen“.

Schließlich sei sie nicht nur formal die größte Oppositionspartei und damit die Akteurin, die von dieser Stimmung am meisten profitieren müsste. „Auch inhaltlich gesprochen, weil soziale Fragen das Kernthema einer sozialdemokratischen Partei und eigentlich aufgelegt sind.“

Themen wie Inflation und Teuerung seien inzwischen jedenfalls bei allen Generationen ausschlaggebend, bei den unter 30-Jährigen lag die FPÖ in Salzburg mit 24 Prozent auf Platz eins. „Das bedeutet natürlich im Umkehrschluss gerade für ÖVP und SPÖ, dass sie sich überlegen müssten, welche Konzepte sie für junge Menschen anbieten, um dieses Feld nicht den anderen Parteien zu überlassen“, so Praprotnik.