Gelbe Tonnen
ORF/Christian Öser
Neue Regeln zum Müllsammeln

Mitunter ungeliebt, aber erfolgversprechend

Seit Anfang des Jahres werden in ganz Österreich sämtliche Kunststoffverpackungen in der gelben Tonne gesammelt. Die Resonanz ist geteilt, während Verantwortliche über steigende Recyclingzahlen jubeln, ärgern sich manche Konsumentinnen und Konsumenten über die Benutzerunfreundlichkeit des neuen Systems. Durch die neuen Regeln soll vor allem die Recyclingquote gesteigert werden, denn hier hinkt Österreich den EU-Vorgaben stark hinterher. Die ersten Zahlen für Österreich scheinen erfolgversprechend.

Seit 1. Jänner werden in ganz Österreich sämtliche Kunststoffverpackungen in die Gelbe Tonne geworfen. Damit erhöht sich im Haushalt die Menge der gesammelten Materialien, weshalb die Tonnen auch – trotz Verkürzung der Entleerintervalle in vielen Regionen – praktisch immer überfüllt sind. Zudem muss in Wien auch weiterhin jedes Stück einzeln durch die Einwurflöcher geworfen werden, da die gelben Deckel prinzipiell nicht zum Öffnen gedacht sind.

Die neuen Recyclingregeln sind daher nicht überall vollumfänglich beliebt. Seit Anfang des Jahres wurde nicht nur in sozialen Netzwerken dem Ärger Luft gemacht. Mitunter legten Verärgerte auch selbst Hand an, öffneten die Tonnendeckel gewaltsam oder lockerten diese.

Der Grund für die Umstellung war Österreichs Hinterherhinken bei der Recyclingquote: Sie liegt aktuell bei rund 25 Prozent, muss sich aber gemäß EU-Vorgaben bis 2025 verdoppeln – ein Großprojekt, das nur mit einer deutlichen Steigerung bei der Sammelmenge erreicht werden kann. Die neuesten Zahlen für das erste Quartal zeigen nun, dass es in die richtige Richtung geht. Erste Daten für Wien zeigten schon vor zwei Wochen, dass die Bundeshauptstadt ein Plus von rund 20 Prozent der Sammelmenge verzeichnete. Jetzt steht fest, dass die Zahlen auch im Rest der Bundesländer steigen. In Niederösterreich waren es ebenso rund 20 Prozent, in Kärnten zwölf, in Salzburg etwa zehn, wie die ARA gegenüber ORF.at mitteilte.

Grenzfälle beim Recycling

In welche Tonne wirft man eine Verpackung, die aus Plastik, Papier und Metall besteht? Diese Frage hat sich Markus Mayer aus Wien gestellt und bei drei verschiedenen Stellen nachgefragt. Die Antworten fielen dreimal unterschiedlich aus. Wie chaotisch die Mülltrennung in Österreich geregelt ist und wie die unübersichtliche Lage sich dank Apps und neuer EU-Regeln verbessern soll.

Immer noch nicht ganz gleich

Die jeweiligen Steigerungen seien unterschiedlich, da zuvor die Systeme verschieden waren. Die vier genannten Bundesländer hatten bisher eine Monosammlung, hier wurde umgestellt auf die gemeinsame Sammlung aller Leichtverpackungen. In Oberösterreich kommen noch regional unterschiedliche Systeme zum Einsatz, in anderen Bundesländern kam es vorerst zu keiner Änderung. In der Steiermark, Tirol, Vorarlberg und dem Burgenland werden derzeit Leichtverpackungen ebenso gemeinsam gesammelt, Metallverpackungen aber noch extra. Die höchsten Zuwächse ergaben sich freilich dort, wo bisher Plastik und Metall separat gesammelt wurden und nun beides zusammenkommt.

Ins Feuer, die thermische Verwertung, kommt nur mehr wenig, etwa Zuckerlpapier, so Hans Baumgartner von der ARA zu ORF.at. „Kleinteilige Kunststoffstücke fallen aus dem Trennverfahren, weil sie oft Mischkunststoffe sind, die noch nicht im Sinne des Recyclings designt wurden.“

Sowohl die ARA als auch das Klimaministerium wollen auch mit der Legende aufräumen, dass angeblich gesammeltes Plastik den Müllverbrennungsanlagen zugeführt wird, um den Heizwert zu steigern. „Das ist eine Mär“, heißt es dazu aus dem Ministerium gegenüber ORF.at. Problematisch seien nur stark verunreinigte oder nicht recyclebare Stoffe. Ein solcher Vorgang wäre auch viel zu aufwendig, so Baumgartner. Käme tatsächlich recyclebares Plastik in die thermische Verwertung, müsste man wieder eine sehr unwirtschaftliche Rauchgasreinigung durchführen.

Gamechanger Pfandsystem

Die bisherigen Umstellungen waren aber ohnehin nur ein Zwischenschritt bis zur nächsten großen Neuerung: dem Pfandsystem, das in Österreich ab 2025 Fuß fassen soll. Dann dürfte die Hauptmenge der Plastikflaschen und Dosen in den Pfandautomaten verschwinden und nicht mehr in der Gelben Tonne – ein Unterfangen, dessen Pläne in Österreich schon viele Jahrzehnte zurückreichen.

Erste Versuche Richtung Pfandsystem

Die Überlegungen zu einem flächendeckenden Pfandsystem in Österreich sind nicht neu. Schon in den frühen 1980er Jahren gab es erste Anläufe, wie ein Blick ins ORF-Archiv zeigt.

Alles in allem dürfte Österreich die Quote erreichen, wie ARA und das Klimaministerium meinen. „Neben der einheitlichen Sammlung haben wir dafür auch noch weitere Maßnahmen gesetzt“, heißt es aus dem Ministerium zu ORF.at. Auch mit dem geplanten Pfand „stellen wir sicher, dass Plastikflaschen wieder zurückgebracht und recycelt werden, anstatt in der Natur zu landen. Zusätzlich gibt es auch Förderungen für die Investitionen in moderne Sortieranlagen, damit die Abfälle bestmöglich wiederverwertet werden können.“

Henne und Ei

Ob die Quote dann auch erfüllt werden kann, ist die Frage, da das Pfandsystem ebenso wie die Quotenvorgabe 2025 schlagend wird. „Nur mit der jetzigen Umstellung ist das schwierig“, so Astrid Allesch vom Institut für Abfall- und Kreislaufwirtschaft der BOKU. „Gemeinsam mit dem Pfand wird es sich ausgehen, dann gibt es eine hohe Rücklaufquote. Nur: Getrennt sammeln allein ist noch kein Recycling, man braucht auch entsprechende Anlagen, ihre Planung und den Bau. Da hinkte Österreich bisher auch etwas hinterher, es ist ein Henne-Ei-Problem. Zuletzt hat sich da aber auch Etliches getan“, so Allesch zu ORF.at.

Schwieriger, aber einfacher

Für die Sammlerinnen und Sammler bleibt die Frage nach der Benutzerfreundlichkeit. Die Behörden sehen diese durch die Vereinheitlichung der Systeme gegeben. Die Sammlung sei bisher so uneinheitlich geregelt gewesen, oft habe es sogar innerhalb der einzelnen Bundesländer unterschiedliche Vorgaben gegeben, so das Klimaministerium. „Das hat immer wieder dazu geführt, dass vielen Menschen unklar war, welche Kunststoffabfälle in die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack gehören. Weil beispielsweise die Sammlung auf dem Arbeitsplatz oder in der Schule anders geregelt war als zu Hause.“ Nun sei es für alle einfacher geworden.

Die derzeitige Beschaffenheit der Gelben Tonnen – Deckel geschlossen, Einwurflöcher – habe ihren guten Grund, so die Stadt Wien. Die Einwurflöcher seien ausgerichtet auf handelsübliche Verpackungen mit einem Durchmesser von rund 20 Zentimetern. Das verbessere das Sammeln, denn Fehlwürfe würden dadurch von etwa 40 auf zehn Prozent reduziert. Auch seit Einführung der neuen Regeln habe sich daran nichts geändert. Mehr gelbe Tonnen dürfte es aber in naher Zukunft nicht geben, vor allem nicht vor Start des Pfands.

Bilanz am Ende positiv

„Es kommt auch darauf an, ob es sich um ein Hol- oder Bringsystem handelt“, so ARA-Experte Baumgartner. „In Wien funktioniert das Bringen des gesammelten Mülls anonym, da fällt es nicht auf, wenn man etwas Falsches wegwirft. Im Rest von Österreich gibt es vorwiegend ein Holsystem: Da stehen die Tonnen oft direkt vor dem Einfamilienhaus.“

Allesch von der BOKU sieht die Vorteile, versteht aber auch den Ärger. „Die neuen Regeln sind sowohl für die Bürgerinnen und Bürger einfacher als auch für die Abfallwirtschaft“, so Allesch. Dass man die Tonnen nicht öffnen könne, anders als etwa beim Altpapier, sei der Sicherheit geschuldet. „Schön wäre es natürlich, wenn es im Haus immer eine nun kleinere Restmülltonne gebe und dafür zusätzlich eine größere Gelbe Tonne. Eine solche Umstellung ist aber freilich auch ein langfristiger Prozess.“ Allesch hätte sich auch eine gleichzeitige Einführung von neuen Bestimmungen und dem Pfandsystem gewünscht. „Aber insgesamt ist es so derzeit eine gescheite Lösung.“