Personen mit Computern bei Kurs
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Bildungskarenz

Rechnungshof stellt Regelung infrage

Die Bildungskarenz ermöglicht Menschen, die bereits einen Job haben, eine Aus- oder Weiterbildung. Die Kosten dafür übernimmt die öffentliche Hand. Ob damit auch immer sinnvolle Maßnahmen gefördert werden, stellt der Rechnungshof (RH) infrage und empfiehlt eine Überarbeitung der gesetzlichen Bestimmungen.

Bildungskarenz werde häufig von Personen mit bereits hohem Bildungsniveau genutzt und zunehmend von Frauen an die Elternkarenz angeschlossen. Die zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung seien gering und könnten für mit öffentlichen Mitteln finanzierte Auszeiten genutzt werden, so der RH am Freitag. Und es habe sich um die Bildungskarenz ein neues Geschäftsmodell entwickelt.

Seit 2017 sei die Bildungskarenz zunehmend an die Elternkarenz angeschlossen worden. „Am Markt traten verstärkt Kursanbieter auf, die unter dem Slogan ‚Baby-Pause-Verlängern‘ ihr Geschäftsmodell speziell auf Kurse, insbesondere auch Onlinekurse, abstimmten, die mit geringem Aufwand auch neben der Kinderbetreuung besucht werden konnten. Sie waren explizit mit der finanziellen Unterstützung des Arbeitsmarktservice (AMS) aus öffentlichen Mitteln bei der Bildungskarenz“, so die Kontrolleure vom RH.

Die Anzahl der Personen, die unmittelbar nach der Elternkarenz in Bildungskarenz ging, habe sich innerhalb von vier Jahren verzehnfacht. 99 Prozent der Beziehenden nach der Elternkarenz im Jahr 2021 waren Frauen, in absoluten Zahlen waren das 7.172 Personen.

Kaum Verbesserung auf Arbeitsmarkt

„Ziel wäre eine klare Ausrichtung auf Weiterbildungen, die die Position der Beziehenden auf dem Arbeitsmarkt verbessern“, hält das oberste Kontrollorgan in seinem Bericht fest. Bei der Mehrheit habe sich die Einkommenssituation nach der Bildungskarenz nicht verbessert. Der RH gibt zu bedenken, dass der Ausstieg aus der Arbeitstätigkeit ungünstige Effekte auf die Arbeitsmarktposition der Betroffenen haben kann.

Besser sei die Beschäftigungsquote nach der Bildungsteilzeit. Dabei wird das Beschäftigungsverhältnis nicht unterbrochen, sondern nur reduziert. 66 Prozent der Beziehenden verdienten drei Jahre nach der Bildungsteilzeit mehr als davor.

Nur Hobbys ausgeschlossen

Kritik übte der RH daran, dass das derzeitige Gesetz die Art der Weiterbildungsmaßnahme bei der Bildungskarenz nicht definiert und geringe inhaltliche Anforderungen enthält. Das Arbeitslosenversicherungsgesetz wäre laut Bericht deswegen „im Sinne der Implementierung einer ambitionierten Weiterbildungspflicht als Voraussetzung für den Bezug von Weiterbildungsgeld“ zu überarbeiten.

Als staatlich geförderte Weiterbildungsmaßnahmen sind derzeit nur solche ausgeschlossen, die eindeutig Hobby- oder Freizeitzwecken dienen, zum Beispiel Yoga-Kurse, sofern sie im Einzelfall nicht tatsächlich für einen Beruf nützliche sind.

Nicht immer wird kontrolliert

Auch ob an den Kursen auch tatsächlich teilgenommen wird, wird laut RH auch nicht immer kontrolliert. Der RH empfahl daher als weitere Maßnahme, von den Beziehenden der Bildungskarenz und Bildungsteilzeit eine Teilnahmebestätigung der Weiterbildungsmaßnahmen einzufordern.

Zudem könne man zum Antrag auf Weiterbildungs- oder Bildungsteilzeitgeld eine Verpflichtungserklärung einführen, in der etwa Meldepflichten für Kursunterbrechungen festgehalten werden. Aber auch die mögliche Rückforderung des Weiterbildungs- und Bildungsteilzeitgeldes bei Nichterfüllung der Weiterbildungsverpflichtung solle darin enthalten sein.

Seit 1998 möglich

Die Möglichkeit zur Bildungskarenz gibt es seit Jänner 1998. Unselbstständig Beschäftigte können sich zur Aus- und Weiterbildung bis zu ein Jahr freistellen lassen. In der Zeit der Karenzierung gibt es ein Weiterbildungsgeld, das dem Arbeitslosengeld entspricht, grundsätzlich 55 Prozent des vorangegangenen Nettoeinkommens. Das AMS ist für die Abwicklung zuständig.

Seit die vorausgesetzte Vorbeschäftigungszeit von drei Jahren auf ein halbes Jahr reduziert wurde, ist die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher stark gestiegen. 2021 haben durchschnittlich rund 14.000 Personen Bildungskarenz bezogen, doppelt so viele wie noch 2010. Die Ausgaben, bezahlt von der Arbeitslosenversicherung im Jahr 2021, betrugen rund 300 Mio. Euro und waren damit laut Rechnungshof fast dreimal so hoch wie 2010.

NEOS ortet „Fahrlässigkeit“

NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker unterstrich in einer Reaktion die Aufgabe der Bildungskarenz. „Die Bildungskarenz sollte vor allem den Risikogruppen auf dem Arbeitsmarkt dienen, also schlechter qualifizierten und älteren Arbeitnehmern. Sie wurde sicher nicht erfunden, um die Babypause zu verlängern“, sagte Loacker in einer Aussendung. Der Staat solle nicht gesuchte Arbeitskräfte mit Versicherungsbeiträgen „aus dem Arbeitsmarkt herauskaufen“, so der NEOS-Sozialsprecher. „In Zeiten einer massiven Personalnot ist das geradezu fahrlässig.“