Rauchwolke über Sewastopol
Reuters
Nach Brand auf Krim

Moskau beschuldigt Kiew

Der Brand auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim in der Hafenstadt Sewastopol ist mittlerweile eingedämmt worden, teilte der von Moskau eingesetzte Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew, am Samstag auf Telegram mit. Laut russischen Angaben habe es keine Opfer gegeben. Die Ukraine sei für die Angriffe verantwortlich, der Treibstofftank sei von zwei Drohnen getroffen worden.

Sergej Aksjonow, das von Russland ernannte Oberhaupt der Krim, teilte auf Telegram mit, dass die Luftabwehr und die elektronische Kriegsführung am Samstag Drohnen über der Krim abgeschossen hätten. Zur Anzahl der eingesetzten Drohnen gab es widersprüchliche Angaben. Russische Militärblogger schrieben von bis zu zehn Flugobjekten, später war von bis zu sechs Drohnen des Typs Mugin-5 Pro die Rede. Diese Drohnen können bei bis zu sieben Stunden Flugdauer zwischen 20 und 25 Kilogramm Sprengstoff transportieren.

Bei der Explosion des Treibstofflagers sollen nach Angaben des ukrainischen Militärgeheimdienstes zehn Öltanks zerstört worden sein. „Ihr Gesamtvolumen beträgt etwa 40.000 Tonnen“, sagte der ukrainische Behördensprecher Andrij Jussow. „Das ist Gottes Strafe speziell für die getöteten Bürger in Uman, unter denen fünf Kinder sind“, sagte er Bezug nehmend auf einen russischen Raketenangriff in der Nacht zuvor.

Konkret hat Kiew die Verantwortung für den Anschlag nicht übernommen. Gleichzeitig betonte Jussow, dass diese Explosionen weitergingen. Der Bevölkerung auf der Krim riet der ukrainische Offizier, sich von Militärobjekten fernzuhalten. Das Treibstoffreservoir war nach seinen Angaben für die auf der Krim stationierte russische Schwarzmeer-Flotte. Das russische Verteidigungsministerium zeigte derweil Bilder, wie Schiffe der Flotte Kalibr-Raketen auf Ziele in der Ukraine abfeuerten.

Brand höchster Gefahrenstufe zugeordnet

Das Treibstofflager war Samstagfrüh kurz nach 4.00 Uhr früh explodiert. Der Brand wurde der höchsten Gefahrenstufe zugeordnet. Stundenlang waren Dutzende Löschfahrzeuge im Einsatz, auch ein Eisenbahnlöschzug und Ressourcen der Schwarzmeer-Flotte wurden zur Brandbekämpfung eingesetzt.

Rauchwolke über Sewastopol
Reuters
Auf Fotos und Videos war eine dunkle Rauchsäule sichtbar

Erst nach 15.00 Uhr Ortszeit (14.00 Uhr MEZ) meldete der Gouverneur von Sewastopol, Raswoschajew, dass die Flammen gelöscht worden seien. Unterschiedliche Angaben gibt es zum Ausmaß der Schäden. Beim Treibstoffreservoir selbst seien die Überreste von zwei Drohnen gefunden worden. Doch nur eine habe das Tanklager erreicht, die andere sei im Anflug abgeschossen worden.

Parallel zur Attacke auf Sewastopol seien auch Objekte auf der Krim angegriffen worden, behauptete der von Moskau eingesetzte Statthalter der Halbinsel, Sergej Axjonow. Zwei Drohnen seien aber von der Flugabwehr abgefangen worden.

Russland: Etwa 10.000 Quadratmeter in Brand

Das Feuer in der Bucht von Kasachja brannte auf einer Fläche von etwa 10.000 Quadratmetern, so Raswoschajew weiter. Es habe keine Verletzten gegeben und es seien keine zivilen Einrichtungen bedroht worden, wegen der großen Menge an brennendem Material sei der Brand aber schwer einzudämmen, hieß es.

„Der Brand wirkt sich nicht auf die Treibstoffversorgung von Sewastopol aus. Diese Reserven wurden nicht für die Lieferungen an die Tankstellen genutzt.“ Die Aussage Raswoschajews lässt darauf schließen, dass es sich um ein militärisch genutztes Treibstofflager handelt.

Berichte: Krim zunehmend attraktives Ziel

Die Ukraine hat mehrfach angekündigt, die 2014 annektierte Krim von russischer Besatzung zu befreien. In verschiedenen Teilen der Halbinsel kommt es im Zuge von Russlands Angriffskrieg gegen das Nachbarland zu Zwischenfällen mit Drohnen, teils mit schweren Schäden, Verletzten und Toten. Russland sieht sich gezwungen, den militärischen Aufwand zur Verteidigung der Krim deutlich zu erhöhen.

Die Krim sei zunehmend attraktives Ziel für die Ukraine – insbesondere im Vorfeld einer weithin erwarteten Gegenoffensive, schreibt die US-amerikanische „New York Times“ („NYT“). Die Einzelheiten der Kampagne seien ein streng gehütetes Geheimnis, Militäranalysten würden aber voraussagen, dass die Ukraine versuchen könnte, einen Keil durch das von Russland besetzte Gebiet entlang der südlichen Küste des Schwarzen und des Asowschen Meers in der Nähe der Krim zu treiben.

Löschversuche in Sewastopol

Auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim ist in der Hafenstadt Sewastopol ein Treibstofftank in Brand geraten – vermutlich durch einen Drohnenangriff. Das schrieb Gouverneur Michail Raswoschajew nach Angaben der russischen staatlichen Nachrichtenagentur TASS auf Telegram. Es brenne eine Fläche von 1.000 Quadratmetern. Zivile Einrichtungen seien nicht bedroht.

Die von Russland besetzte Stadt Nowaja Kachowka im Süden der Ukraine kam unterdessen nach Angaben der örtlichen Behörden am Samstag unter heftigen Beschuss. Die ukrainischen Truppen hätten die Stadt mit „intensivem Artilleriefeuer“ angegriffen, woraufhin der Strom ausgefallen sei, teilte die prorussische Stadtverwaltung mit. Sie appellierte an die Einwohner, „ruhig zu bleiben“. Die Arbeiten zur Wiederherstellung der Stromversorgung sollten beginnen, „nachdem der Beschuss aufhört“.

Zuletzt mindestens 25 Menschen in Ukraine getötet

Der Brand ereignete sich einen Tag, nachdem russische Angriffe mindestens 25 Menschen in der Ukraine getötet hatten. Ukrainischen Angaben zufolge bombardierte Russland bei einem großangelegten Angriff unter anderem Wohnhäuser und weitere zivile Infrastruktur in der Ukraine.

Allein in der zentralukrainischen Stadt Uman im Gebiet Tscherkassj starben laut Innenministeriumsangaben 23 Menschen, als offenbar Marschflugkörper in ein zehnstöckiges Wohnhaus einschlugen. Die Ziele des russischen Angriffs waren über das ganze Land verteilt – Medienberichten zufolge handelte es sich um einen der größten Angriffe seit Wochen.

Agenturmeldungen zufolge wurden Explosionen in weit voneinander entfernten Regionen wie Dnipro, Krementschuk und Poltawa in der Zentralukraine sowie in Mykolajiw im Süden gemeldet. Ziel der Angriffe war nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums vielerorts zivile Infrastruktur.

Selenskyj fordert mehr Waffen

Nach den jüngsten russischen Raketenangriffen forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitag in seiner täglichen Videoansprache mehr Waffen zum Schutz des Landes. „Flugabwehr, eine moderne Luftwaffe, ohne die eine effektive Luftraumverteidigung unmöglich ist, Artillerie, gepanzerte Fahrzeuge. Alles, was notwendig ist, um unseren Städten, unseren Dörfern Sicherheit zu bieten, sowohl im Hinterland als auch an der Front“, sagte der 45-Jährige.

Wagner-Chef droht Kreml mit Abzug von Truppen

Der Chef der russischen Söldnereinheit Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat wegen der hohen Verluste aufgrund mangelnder Versorgung unterdessen mit dem Abzug seiner Truppen aus der umkämpften Stadt Bachmut in der Ukraine gedroht. „Jeden Tag haben wir stapelweise tausend Leichen, die wir in den Sarg packen und nach Hause schicken“, sagte Prigoschin in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit dem russischen Militärblogger Semjon Pegow.

Die Verluste seien wegen der fehlenden Artilleriemunition fünfmal so hoch wie nötig, sagte er. Er habe einen Brief an Verteidigungsminister Sergej Schoigu verfasst, um Nachschub zu erhalten. „Wird das Munitionsdefizit nicht aufgefüllt, sind wir gezwungen – um nicht nachher wie feige Ratten zu rennen –, uns entweder organisiert zurückzuziehen oder zu sterben“, sagte er. Vermutlich sei er gezwungen, einen Teil seiner Truppen abzuziehen, doch das würde dann dazu führen, dass die Front auch an anderen Stellen einbreche.

Um Bachmut im Osten der Ukraine wird seit Monaten gekämpft. Die Verluste sind beiderseits hoch, zuletzt hielten die ukrainischen Verteidiger nur noch einen kleinen Teil im Westen der Stadt unter ihrer Kontrolle. Die ukrainische Armee sei zur Gegenoffensive bereit. Sie warte nur noch auf besseres Wetter, damit der weiche Boden sie nicht am Vorwärtskommen hindere. Prigoschin prognostiziere einen Beginn der Offensive bis zum 15. Mai. Zugleich erneuerte er seine scharfe Kritik an der Führung des russischen Militärs, es fehle an Disziplin und Organisation.