Pamela Rendi-Wagner bei Rede
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1. Mai

SPÖ-Chefin ruft zu Geschlossenheit auf

Die Bundesparteivorsitzende der SPÖ, Pamela Rendi-Wagner, hat am Montag beim Maiaufmarsch der SPÖ in Wien zu parteiinterner Geschlossenheit aufgerufen. Um stark zu sein, müsse man geeint sein, verwies sie auf die laufende Vorsitzdebatte. Allerdings sei hier ein Ende absehbar, betonte sie in ihrer Rede vor dem Wiener Rathaus.

„Die Zeit der internen Selbstbeschäftigung wird bald vorüber sein.“ Danach können man sich wieder den politischen Mitbewerberinnen und Mitbewerbern entgegenstellen. Denn das sei die eigentliche Aufgabe der SPÖ, so die SPÖ-Chefin. „Wir müssen stark sein, wir müssen stärker sein.“ Geschlossenheit sei die Voraussetzung, um das „Vertrauen der Menschen wiederzugewinnen“.

„Es muss das Ziel sein, dass dieses Land endlich wieder eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung bekommt.“ Wichtig sei, eine Neuauflage von Schwarz-Blau im Bund zu verhindern, sagte Rendi-Wagner. Einer Koalition mit der FPÖ erteilte sie erneut eine Absage.

Zuschauer am Rathausplatz
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Ein Blick von der Bühne auf den Wiener Rathausplatz

„Riesengroßes Stoppschild“

„Wir sind die vielen, wir sind stärker und wir sind unschlagbar“, zeigte sie sich zuversichtlich. Probleme, derer man sich annehmen müsse, gebe es genug – etwa die „schreckliche Teuerung“ und die „Hilferufe aus den Spitälern“. Man habe sich schon früh für einen Gaspreisdeckel und eine Mietpreisbremse eingesetzt. Die Bundesregierung habe diese nicht gehört, sondern stattdessen bloß „Milliarden Almosen verteilt“, „in der Hoffnung, dass ihre Umfragewerte besser werden“.

Rede von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner rief zur Geschlossenheit der Sozialdemokratie auf und kritisierte die Regierung schwer

Rendi-Wagner stellte sich auch gegen eine mögliche Aufweichung des Kündigungsschutzes und gegen Überlegungen, Teilzeitkräften Sozialleistungen zu kürzen. Man werde zu solchen Vorschlägen der Regierung gemeinsam mit der Gewerkschaft ein „riesengroßes Stoppschild“ aufstellen, versprach sie. „Die Löhne sind bei den Gewerkschaften in den besten Händen, sie sind in sicheren Händen“, und das solle sich auch nicht ändern, richtete sie wohl auch ihrem Widerpart Hans Peter Doskozil aus, der mit einem flächendeckenden Mindestlohn von 2.000 Euro netto wirbt.

SPÖ-Wahlkampf dominiert Maifeiern

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner rief beim Maiaufmarsch in Wien zu parteiinterner Geschlossenheit auf. Während der Einzug groß zelebriert wird, macht auch bei der Feier die Parteivorsitzfrage nicht Halt. Rendi-Wagners Herausforderer im internen Wahlkampf, Hans Peter Doskozil und Andreas Babler, machen hingegen ihre eigenen Veranstaltungen.

„Hetze, Lüge und Chauvinismus“ entgegentreten

Die SPÖ-Chefin warnte weiters davor, dass die ÖVP immer die FPÖ als „billigsten Steigbügelhalter“ wähle. Das sei etwa in Niederösterreich geschehen. In Salzburg bestehe noch die Chance, dass die ÖVP auf die SPÖ zugehe und eine „Koalition des Anstands und der Vernunft“ schmiede. Auch auf Bundesebene gelte es, der „Hetze, Lüge und dem Chauvinismus“ entgegenzutreten. Der FPÖ wolle sie sich „nicht einmal mit einem Augenzwinkern“ anbiedern: „Ich möchte nicht, dass diese Partei das Land führt.“

Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)
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Der Wiener Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Ludwig wandte sich an die Genossen und Genossinnen

Ludwig kritisierte Regierung scharf

Wiens SPÖ-Chef Michael Ludwig schoss sich zunächst auf die Bundesregierung ein: Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) argumentiere, ein „Gaspreisdeckel hilft vor allem Wien, ein Mietpreisdeckel hilft vor allem Wien“. Das stimme erstens so nicht und zeige zweitens „die Geisteshaltung“ der Bundesregierung. Man werde dranbleiben, versicherte Ludwig, der auch auf die in Wien gesetzten Maßnahmen verwies. Auch in Sachen Klimaschutz bewarb er den Wiener Weg und warf der türkis-grünen Koalition vor, nicht einmal ein Klimaschutzgesetz zusammenzubringen.

Das Wiener Rathaus von vorne
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Der Wiener Rathausplatz vor den Feierlichkeiten

Ludwig verwies auf die rasche Hilfe für Menschen, die vom russischen Angriff aus der Ukraine fliehen mussten, und forderte den Bund auch auf, sich verstärkt gegen Regime wie im Iran oder Afghanistan einzusetzen, in denen die Rechte für Frauen missachtet würden. Auf die parteiinternen Konflikte ging er hingegen nicht direkt ein. Unterstützung für Rendi-Wagner gab es aber sehr wohl: Er hoffe, dass man bald nach der nächsten Nationalratswahl die erste sozialdemokratische Bundeskanzlerin in Österreich haben werde, ließ er wissen.

Rede von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig

Der Wiener Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Ludwig blies in ein ähnliches Horn wie Rendi-Wagner und kritisierte die Regierung

Unmissverständlich formulierte auch er seine Abneigung gegenüber der FPÖ. Er verwies auf die „verwerfliche“ Aussagen des niederösterreichischen FPÖ-Politikers Gottfried Waldhäusl, der „tüchtigen, gescheiten, gut integrierten Mädchen“ ins Gesicht geschleudert habe, wenn sie nicht da wären, wäre Wien noch Wien. „Das ist politisch und menschlich verwerflich. Mit so einer Partei werden wir in Wien, und ich kann euch versprechen, auch auf Bundesebene, keine Koalition eingehen.“

Wiener Ex-Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ)
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Der ehemalige Wiener Bürgermeister und Parteichef Michael Häupl bei den 1.-Mai-Feiern auf dem Wiener Rathausplatz

Wiener Frauenvorsitzende: „Unerträgliche Zustände“

Die Wiener SPÖ-Frauenvorsitzende Marina Hanke ortete „unerträgliche Zustände“ im Land. Kinder hätten nicht genug zu essen, viele Menschen könnten sich auch Mieten nicht mehr leisten. Die ÖVP versuche von Problemen abzulenken, etwa in dem hart arbeitende Markstandler beleidigt würden, wie es der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer getan habe. Dieser hatte zuletzt Kaufleute mit nicht österreichischer Herkunft etwa auf dem Brunnenmarkt oder auf dem Viktor-Adler-Markt ins Visier genommen und damit für Staunen und auch Hohn gesorgt – da angeblich ÖVP-Funktionäre als „Passanten“ interviewt wurden.

Rede der Wiener SPÖ-Frauenvorsitzenden Marina Hanke

Die Wiener SPÖ-Frauenvorsitzende Marina Hanke kritisierte die „unerträglichen Zustände“ im Land

Dass Mahrer ein Problem mit „Jugendbanden“ habe, sei hingegen nachvollziehbar, so Hanke. Er habe offenbar ein Problem mit seiner eigenen Jugendbande, etwa Ex-Kanzler Sebastian Kurz und dem ehemaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid. „Aber wir dürfen solche Aktionen auch nicht ins Lächerliche ziehen. Denn sie bereiten den Boden für weiteres“, warnte Hanke. Zuletzt seien etwa bei einer Kinderbuchlesung mit einer Dragqueen Leute aufmarschiert, die den Hitlergruß gezeigt hätten.

Katzian: Lassen Sozialstaat nicht zertrümmern

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian ging auf Aussagen von Finanzminister Brunner ein, nun wieder genauer auf den „Budgetpfad“ zu achten. Ein Sparpaket kommt für Katzian aber nicht infrage, wie er klarstellte. Sollte ein solches auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geplant sein, richte er aus: „Hau di über die Häuser“, das werde so sicher nicht gehen. Es sei der Sozialstaat gewesen, der alle durch die CoV-Jahre geführt habe. Der Markt hingegen habe sich „geschlichen“.

Rede von ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian

Auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian wandte sich am 1. Mai auf dem Wiener Rathausplatz an die Genossinen und Genossen

Man lasse sich den Sozialstaat nicht zertrümmern. „Und wenn der Finanzminister eine Marie braucht, soll er es sich dort holen, wo es da ist.“ Große Vermögen und Erbschaften müssten einen Beitrag leisten, forderte Katzian. Die Teuerung sei längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Regierung habe sich aber auf Einmalzahlungen beschränkt. „Der Nachteil steckt nicht im Wort Zahlung, der Nachteil steckt im Wort ‚einmal‘“. Denn die Preise würden hoch bleiben, inflationsdämpfende Maßnahmen seien notwendig.

Sternmarsch zum Wiener Rathausplatz

Seit den frühen Morgenstunden war der Aufmarsch in vollem Gange. Die Abordnungen aus den Bezirken zogen im Sternmarsch zum Rathausplatz. Dort fand gegen 10.30 Uhr die Abschlusskundgebung statt. Auf der Ringstraße bot sich ein Bild, das sich nicht sehr von jenem früherer Jahre unterschied. Die Delegationen machten mit Transparenten und Plakaten auf ihre Anliegen aufmerksam, dazu wurde getrommelt, musiziert und Fahnen geschwenkt – mehr dazu in wien.ORF.at.

Teilnehmer am Rathausplatz
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Die SPÖ war mit zahlreichen Transparenten unterwegs

Mitgliederbefragung bis 10. Mai

Die SPÖ-Mitgliederbefragung ist in vollem Gange, bis 10. Mai sollen die rund 148.000 SPÖ-Mitglieder noch abstimmen zwischen der amtierenden Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, dem burgenländischen Landeshauptmann Doskozil und dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler – bzw. für keine der drei Personen. Das Ergebnis wird aber erst frühestens am 22. Mai vorliegen. Entscheiden wird schlussendlich ohnehin der Parteitag am 3. Juni.

Ex-Bundespräsident Heinz Fischer mit seiner Ehefrau Margit
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Altbundespräsident Heinz Fischer und die ehemalige „First Lady“ Margit auf dem Wiener Rathausplatz

Doskozil und Babler im Einsatz

Die Gegenspieler der Parteivorsitzenden sind am 1. Mai ebenfalls im Außeneinsatz, allerdings nicht in Wien: Doskozil etwa bei einer Veranstaltung in Kobersdorf im Mittelburgenland – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Mitbewerber Andreas Babler hielt unter anderem die Festrede bei der 1.-Mai-Feier in Krems-Lerchenfeld. „Gehen wir gemeinsam auf die Straße. Weil wir nur geeint die stärkste Kraft sein können“, twitterte Babler. „Und wir werden dringend gebraucht in Österreich – als gestaltende Kraft mit neuen Ideen. Ich wünsche euch ein aufrichtiges ‚Freundschaft‘!“

Rede von SPÖ-Bürgermeister Andreas Babler

Der Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler nutzte die Maifeier der SPÖ in Krems-Lerchenfeld, um sein Programm vorzustellen.

Babler: „Wieder eine Flamme werden“

Babler bezeichnete in seiner Rede die Sozialdemokratie als „Alternative zum politischen System des Bittstellertums“. Der Traiskirchner Bürgermeister forderte erneut eine Arbeitszeitverkürzung und Vermögenssteuern. Es brauche ein „Comeback der Sozialdemokratie“, die Partei müsse gestärkt und geeint aufs Spielfeld gehen, zog Babler den Vergleich zum Fußball.

Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) in Krems
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Andreas Babler bei einer 1.-Mai-Feier in Krems

In den vergangenen Jahren sei die SPÖ „nur mehr ein Teelichterl gewesen“, so Babler. „Wir müssen schauen, dass wir wieder eine Flamme werden.“ Er kritisierte auch die SPÖ, die etwa keine authentische Sprache finde und so anderen Parteien wie der FPÖ Wählerinnen und Wähler zutreibe. Es müsse auch ein Angebot für Nichtwähler geben. Es gelte, den Kampf nach oben zu richten und auch den Kanzleranspruch „tatsächlich glaubhaft geeint durchzusetzen“, erklärte das Mitglied des Bundesrats.

„Wir müssen ein offensives Gegenmodell zum Bittstellertum sein“, betonte Babler. Die SPÖ müsse nach einem Jahrzehnt mit „ein bisschen Dornröschenschlaf“ wieder den Kampf für Rechte aufnehmen. Der designierte SPÖ-NÖ-Chef Sven Hergovich blieb indes bei seinem ersten Maiaufmarsch im Dreikampf um die Parteiführung im Bund diplomatisch – mehr dazu in noe.ORF.at.

Doskozil erneuert Mindestlohnforderung

Doskozil drängte anlässlich des 1. Mai auf die Umsetzung des von ihm forcierten Mindestlohns von 2.000 Euro netto. „Eine erneuerte Sozialdemokratie brennt wieder dafür, das Leben der arbeitenden Menschen in Österreich zu verbessern – am 1. Mai und an allen anderen Tagen im Jahr“, so Doskozil am Montag in einer Aussendung.

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ)
APA/Hans Klaus Techt
Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil Ende April bei seiner „Freundschaft-Tour“

Der Mindestlohn sei ein Kernanliegen der Sozialdemokratie, das gemeinsam mit den Gewerkschaften in Angriff genommen werden müsse, so Doskozil. „Es ist beschämend, wenn Arbeit in einem reichen Land wie Österreich nicht zumindest zwölf Euro die Stunde wert ist. An der Umsetzung des Mindestlohnes müssen wir uns messen lassen.“ Abgesehen davon pochte er auf niedrigere Steuern auf Arbeit – so solle die SPÖ die „Steuersenkungspartei“ für die arbeitende Bevölkerung sein – sowie auf leistbares Wohnen, und forderte einen „energischen Kampf gegen die Teuerung und die Zweiklassenmedizin“.

Auf seiner Facebook-Seite zeigte sich Doskozil stolz darüber, dass mit dem früheren Unterrichtsminister Fred Sinowatz (SPÖ) ein Burgenländer die sozialdemokratische Bildungsoffensive verantwortete: „Ihm verdanken Arbeiterkinder wie ich, dass sich ihnen bis dahin kaum für möglich gehaltene Aufstiegschancen öffneten.“ Auch dort warb er für gerechte Einkommen und erklärte: „Dafür kämpfe ich, dafür braucht es eine starke Sozialdemokratie, die wieder Wahlen gewinnt.“