Wagner-Soldat in Bachmut
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US-Schätzung

Russische Vorstöße zeitigen hohe Verluste

Nach Darstellung der USA haben Russlands Streitkräfte seit Dezember mehr als 100.000 Tote und Verwundete zu beklagen, wie aus neuen Schätzungen hervorgeht, die von der Biden-Regierung am Montag bekanntgegeben wurden. 20.000 davon seien in den vergangenen fünf Monaten gefallen, etwa die Hälfte sollen Angehörige der Wagner-Gruppe sein.

Die US-Behörden korrigierten am Montag laut „Washington Post“ Angaben, die die Opferzahlen allein auf die umkämpfte Stadt Bachmut bezogen. Der für nationale Sicherheit zuständige Sprecher des Weißen Hauses, John Kirby, hatte die Zahlen am Montag bekanntgegeben. Später habe Kirbys Stellvertreter Sean Savett bekanntgegeben, dass sich die Zahlen, die auf Schätzungen der US-Geheimdienste beruhen, auf die gesamte Ukraine seit Dezember bezögen. Die US-Angaben sind ebenso wenig unabhängig überprüfbar wie jene Kiews oder Moskaus.

Bedeutung Bachmuts umstritten

Kirby sagte, die Wagner-Milizonäre würden „ohne nötiges Training in den Kampf geschickt“. Aber auch die strategische Planung und die Führung der Soldaten sei völlig unzureichend. Das Weiße Haus hat wiederholt versucht, die hohen russischen Verluste an Soldaten und Waffen rund um Bachmut herauszustreichen. Das sei umso bemerkenswerter, als nach US-Einschätzung Bachmut nur eingeschränkte strategische Bedeutung für den Gesamtverlauf des Kriegs habe.

Es gibt freilich auch im Westen gegenläufige Meinungen, wonach die Eroberung von Bachmut beim Vormarsch auf größere Städte wie Kramatorsk und Slowiansk helfen würde. Auch Kiew selbst, das vor Monaten die Bedeutung Bachmuts lange herunterspielte, sich seither aber einen erbitterten und verlustreichen Stellungskrieg dort liefert, warnte zuletzt wiederholt, dass eine Eroberung Bachmuts russischen Truppen den Weg nach Kramatorsk öffnen würde.

Drohnenkrieg in der Ukraine

Drohnen sind viel billiger als Panzer und Haubitzen und ihre Bedienung viel rascher zu erlernen. Sowohl die Russen als auch die Ukrainer sind im Drohneneinsatz erfolgreich – das bestätigen nicht nur die Schlachtfelder der Ostukraine, sondern wohl auch jüngst der Beschuss eines russischen Öllagers auf der Halbinsel Krim. Kiew will weiter aufholen und hat ein Spendenprogramm gestartet.

Russische Luftangriffe

Bei erneuten russischen Angriffen in der Ukraine wurden unterdessen nach ukrainischen Angaben am Montag in der Region Cherson ein Mensch getötet und drei weitere verletzt. In der Stadt Pawlohrad in der südöstlichen Region Dnipropetrowsk seien 34 Menschen verletzt worden, wie die ukrainischen Behörden mitteilten. 15 von 18 Marschflugkörpern seien von der Luftabwehr abgeschossen worden. Die Hauptstadt Kiew und andere Großstädte, in denen es ebenfalls Luftalarm gab, blieben geschützt.

Aus Pawlohrad, einem Eisenbahnknotenpunkt hinter der Süd- und Ostfront, wurden folgenreiche Einschläge gemeldet. 19 Wohnblocks, 25 Häuser, drei Schulen, drei Kindergärten und mehrere Geschäfte seien beschädigt worden. Ein Industrieunternehmen sei getroffen und ein Großbrand in dem Gebiet ausgelöst worden. Unter den 34 Verletzten seien auch drei Kinder.

Kreml spricht von „militärischen Zielen“

Russland sprach hingegen von nächtlichen Raketenangriffen auf militärische Ziele in der Ukraine. Alle Ziele seien getroffen worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Darunter seien Waffendepots und Munitionsfabriken. Ein von Russland eingesetzter Behördenvertreter in der besetzten Region Saporischschja veröffentlichte Bilder des Großbrandes in Pawlohrad und erklärte, die russischen Streitkräfte hätten dort militärische Ziele angegriffen.

Bei den russischen Angriffen wurden auch Stromanlagen in der Region Dnipropetrowsk und in der südlichen Region Cherson beschädigt, sodass Tausende Menschen ohne Strom waren, wie das Energieministerium mitteilte. Die Reparaturen am Stromnetz würden mehrere Tage dauern.

Arbeiten für Offensive „in Endphase“

Die Vorbereitungen der Ukraine für die erwartete Frühjahrsoffensive zur Rückeroberung russisch besetzter Gebiete sind nach Worten von Verteidigungsminister Olexij Resnikow „in der Endphase“. „Ich glaube, dass wir ab heute auf die Zielgerade einbiegen und sagen können: Ja, alles ist bereit“, sagte Resnikow. „Und dann werden der Generalstab, der Oberbefehlshaber und sein Team auf der Grundlage der Entscheidung und des Verständnisses der Lage auf dem Schlachtfeld entscheiden, wie, wo und wann“, sagte der Minister.

Er sei ebenso wie die internationalen Partner der Ukraine vom Erfolg der Offensive überzeugt. Schließlich verstünden die Partner Kiews, dass ein Erfolg „im Sicherheitsinteresse ihrer Länder und ihrer Völker liegt“.

Schützengräben auch in Russland selbst

„Bilder zeigen, dass Russland besondere Anstrengungen unternommen hat, um die nördliche Grenze der besetzten (ukrainischen Halbinsel) Krim zu befestigen“, teilte das britische Verteidigungsministerium am Montag mit. Zudem seien Hunderte Kilometer Schützengräben auf russischem Territorium ausgehoben worden, darunter in den Gebieten Belgorod und Kursk, die an die Ukraine grenzen.