Familie am Strand
Getty Images/Thomas Barwick
Neue Schnellschätzung

Inflation schlägt bei Freizeit, Reisen durch

Die Inflation bleibt hoch. Laut einer Schnellschätzung der Statistik Austria beträgt die Inflationsrate im April voraussichtlich 9,8 Prozent, im März lag sie noch bei 9,2 Prozent. Vor allem in den Bereichen Freizeit, Reisen und Dienstleistungen nehme die Teuerung an Fahrt auf, so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas am Dienstag. Überrascht vom Anstieg zeigte man sich beim Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO).

„Wir haben erwartet, dass die Inflation zurückgeht“, sagte WIFO-Inflationsexperte Josef Baumgartner zur APA. Noch sei nicht im Detail klar, woher der Anstieg komme. Dafür müsste man sich noch rund zwei Wochen bis zur Veröffentlichung der Detailzahlen gedulden.

Sein „erste Vermutung“ wäre, dass Preissteigerungen bei Reisen und Flügen durchgeschlagen haben. „Aber es könnte natürlich auch ein zusätzlicher Preisschock sein, den wir nicht am Radar hatten“, so Baumgartner. Gegen so eine Entwicklung spreche aber, dass Branchenvertreter sonst schon auf unerwartete Kostensteigerungen hingewiesen hätten.

Grafik zur Entwicklung der Inflation
Grafik: APA/ORF; Quelle: Statistik Austria

Inflation im März wieder unter zehn Prozent

Im März war die Inflation nach Längerem wieder unter die Zehnprozentmarke gefallen. „Lebensmittel haben sich im März 2023 weniger stark verteuert als im Februar, in der Gastronomie blieben die Preissteigerungen hingegen nahezu unverändert hoch“, sagte Thomas zuletzt. Bewirtungsdienstleistungen verteuerten sich im März gegenüber dem Vorjahr im Schnitt um 13,7 Prozent.

Im Gegensatz zu Teuerungen bei Dienstleistungen seien die Preise etwa für Treibstoffe und Heizöl erneut geringer als vor einem Jahr, sagte Thomas am Dienstag. Diesel vergünstigte sich im März gegenüber März 2022 um neun Prozent, Superbenzin um 9,6 Prozent. Heizöl verbilligte sich um 19 Prozent. „Ohne Verbilligungen für Treibstoffe und Heizöl läge die Inflation bei 9,7 Prozent“, hieß es seitens der Statistik Austria zuletzt.

Teuerung auf 9,8 Prozent gestiegen

Die Statistik Austria meldet eine Inflationsrate im April von 9,8 Prozent. Vor einem Jahr lag die Teuerung noch bei 7,2 Prozent.

Kocher: Lebensmittelhandel kein Preistreiber

Zuletzt stand vor allem die Teuerung bei Lebensmitteln im Fokus der politischen Debatte. Hier traten koalitionsintern unterschiedliche Ansätze zutage: Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) lud Handel und Fachleute zuletzt zu einem Gipfel ein, um zu erörtern, wie es zu den hohen Preisen gekommen ist.

ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher stellt sich zwar nicht dagegen, mit dem Lebensmittelhandel über die Preisgestaltung zu sprechen – als Preistreiber will er die Branche aber nicht sehen. Er erkenne aktuell keine Hinweise, dass in diesem Bereich der Wettbewerb zu schwach wäre, sagte er im Gespräch mit dem „Standard“. Überhaupt sei der Anstieg der Lebensmittelpreise in Österreich im Europavergleich im Vorjahr unterdurchschnittlich gewesen.

Generell sei es schwierig, in einer Marktwirtschaft von „ungerechtfertigten Preiserhöhungen“ zu sprechen. „Wenn jemand die teuer gewordenen Produkte kauft, gibt es die Nachfrage dafür“, so der Minister, der aber auch zugesteht, „dass Lebensmittel eine spezifische Kategorie sind und dass sichergestellt werden muss, dass Menschen sie sich auch leisten können, insbesondere Grundnahrungsmittel.“

Dafür, dass die Inflation deutlich über jener in Deutschland liegt, seien Preisanstiege bei Möbeln, bei Tourismus- und Freizeitdienstleistungen sowie bei Neuwagen verantwortlich. „Wenn man diese drei Produktkategorien herausrechnet, gibt es zu Deutschland praktisch kein Differenzial mehr“, so Kocher. Auch das zeige, dass Lebensmittelpreise für den Inflationsunterschied eine geringe Rolle spielen.

Kritik von SPÖ und FPÖ

Kritik an Kocher und der Regierung kam erwartungsgemäß von der Opposition. Der stellvertretende Klubvorsitzende der SPÖ, Jörg Leichtfried sieht in der steigenden Inflation eine „Bankrotterklärung türkis-grüner Wirtschaftspolitik“. Die SPÖ spricht sich zudem für eine Überprüfung der Preise durch eine Anti-Teuerungskommission.

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz meint, Kocher sollte nicht „permanent herumlavieren, sondern endlich handeln und die Österreicher von diesem enormen Preisdruck befreien“ und fordert abermals ein temporäres Senken der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel.

WIFO-Experte: Teuerung verliert an Schwung

Der neue Anstieg im April sollte jedoch vorläufig ein Ende der Preissteigerungen sein, in den folgenden Monaten sollte die Teuerung an Schwung verlieren, sagte Baumgartner gegenüber dem „Standard“, „weil in Österreich die Erzeugerpreise vom Niveau zurückgehen, also gegenüber dem Vormonat Preissenkungen passieren“, so Baumgartner. Diese Entwicklung hat laut dem Experten bereits zu Jahresende eingesetzt und sollte sich mit einer Verzögerung von rund einem halben Jahr bei den Verbraucherpreisen bemerkbar machen.

Ähnliches lässt sich laut dem Experten im Bereich der Lebensmittel feststellen. „Es kann sogar sein, dass es bei einzelnen Produkten zu Preissenkungen kommt“, so der Baumgartner. Lagen diese im März noch um die 7,7 Prozent des Vorjahreswerts, sanken sie verglichen mit Februar um 0,9 Prozent. Auch bei der Haushaltsenergie dürfte der Kostendruck abnehmen. Weitere Preiserhöhungen sollte es laut dem Experten dagegen im Bereich von personalintensiven Dienstleistungen geben, von Friseursalon bis Gastronomie etwa.

Mieten, Flugtickets und Kleidung teurer

Die Mieten (inklusive Neuvermietungen) stiegen im März im Jahresvergleich um 6,6 Prozent. Die Instandhaltung von Wohnungen verteuerte sich im Schnitt um 16,7 Prozent, wofür vor allem die Materialkosten (plus 19,1 Prozent) verantwortlich waren. Deutlich teurer wurden auch Flugtickets (plus 50,6 Prozent) und gebrauchte Kraftwagen (plus 17,4 Prozent).

Gegenüber dem Vormonat Februar stieg das durchschnittliche Preisniveau um 0,5 Prozent. Als Hauptpreistreiber erwiesen sich laut Statistik Austria Bekleidungsartikel, die sich um fast elf Prozent verteuerten. Hauptverantwortlich dafür sei der Wechsel auf die aktuellen Frühjahrs- und Sommerkollektionen gewesen. Hauptpreisdämpfer im Vergleich zum Vormonat war Haushaltsenergie, die sich im Schnitt um 4,3 Prozent verbilligte.

Euro-Zone: Inflation verstärkt sich wieder etwas

Auch in der Euro-Zone hat sich die Inflation im April wieder etwas verstärkt. Die Verbraucherpreise erhöhten sich gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,0 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Dienstag in Luxemburg nach einer ersten Schätzung mitteilte. Im März war die Rate noch deutlich gesunken, von 8,5 Prozent im Februar auf nur noch 6,9 Prozent. Analysten hatten für April mit einer unveränderten Rate gerechnet.

WIFO-Chef Gabriel Felbermayr macht der Inflationsabstand zur Eurozone Sorgen. „Es reicht nicht, sich auf die EZB zu verlassen. Es braucht eine aktive Stabilisierungspolitik“, schrieb Felbermayr auf Twitter.