Ex-Audi-Chef Rupert Stadler
Reuters/Lukas Barth
Dieselskandal

Ex-Audi-Chef Stadler will auspacken

Im Betrugsprozess um den Abgasskandal bei der VW-Tocher Audi hat der frühere Firmenchef Rupert Stadler ein Geständnis angekündigt. Vor dem Landesgericht München sagten Stadler und seine Verteidiger am Mittwoch, er sei mit dem Deal-Vorschlag des Gerichts einverstanden. Dieser stellt eine Bewährungsstrafe in Aussicht, wenn Stadler ein Geständnis ablegt und bereit ist, eine Geldauflage von 1,1 Millionen Euro zu zahlen.

Nachdem Stadler die Vorwürfe wegen schweren Betrugs jahrelang bestritten hatte, kündigte er mit seiner Zusage nach mehr als 160 Prozesstagen an, die noch im Raum stehenden Anschuldigungen einzuräumen. Das Geständnis soll in zwei Wochen abgelegt werden, wie Stadlers Anwälte sagten. Auch die Staatsanwaltschaft akzeptierte den Vorschlag des Gerichts.

Ein Urteil sei laut Richter Stefan Weickert nicht vor Pfingsten zu erwarten. Er drohte Stadler eine Freiheitsstrafe von anderthalb bis zwei Jahren an, die nun im Falle eines Geständnisses zur Bewährung ausgesetzt werden soll. Die Bewährungsauflage in der Höhe von 1,1 Millionen Euro sei an gemeinnützige Einrichtungen zu zahlen.

Abgaswerte manipuliert

Der Münchner Dieselprozess läuft bereits seit September 2020. Es ist der erste Strafprozess in der juristischen Aufarbeitung des Abgasskandals – bei VW und seinen Tochterunternehmen waren mit Hilfe von Software Abgaswerte bei Millionen Dieselfahrzeugen manipuliert worden. Der ehemalige Audi-Chef soll versäumt haben, nach dem Bekanntwerden der Manipulationen den Verkauf betroffener Autos der Marken Audi und VW zu stoppen.

Bisher ging die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Stadler bereits beim Auffliegen des Skandals im September 2015 die Folgen in seinem Verantwortungsbereich erkannte. Aber nach Einschätzung des Gerichts wurde ihm die Tragweite wohl erst zehn Monate später klar. Damit wäre er nicht mehr für die Auslieferung von 120.000 manipulierten Fahrzeugen verantwortlich, wie es in der Anklage hieß, sondern für deutlich weniger. Wie viele, wird von den Prozessbeteiligten noch zusammengezählt.

Autotransporter mit Audi Modellen
IMAGO/Arnulf Hettrich
VW und seine Konzerntocher Audi haben Motoren manipuliert, um die gesetzlichen Abgaswerte einzuhalten

Zahl der für Prozess relevanten Fahrzeuge eingeschränkt

Der Richter schränkte zudem den Kreis der strafrechtlich relevanten Fahrzeuge so geschickt ein, dass Stadlers Geständnis in einem Zivilprozess kaum zu Schadenersatzansprüchen führen dürfte. Denn das Gericht will sich nur noch mit Autos beschäftigen, die der VW-Konzern an seine Vertragshändler und seine eigenen Leasinggesellschaften verkaufte.

Strafrechtlich könnte das nach Ansicht des Gerichts für eine Verurteilung reichen. Zivilrechtlich aber hätte Stadler wohl wenig zu befürchten, weil er sich mit dem Konzern bereits 2021 auf einen Vergleich einigte.

Geständnisentwurf mit Schachtelsätzen

Stadler und seine Anwälte hatten bereits im März ein Geständnis in den Raum gestellt, dem ihnen zufolge ein mildes Urteil folgen könnte. Dazu hatten sie dem Gericht ein neunseitiges Dokument vorgelegt, das Weickert Ende März in einer öffentlichen Sitzung herunterhaspelte. Dieses hatte es auch in sich, da selbst die Staranwälte in dem Prozess sich wochenlange Bedenkzeit erbaten, um die in langen Schachtelsätzen verklausulierten Hinweise und deren Konsequenzen zu verstehen.

Weickert bestand damals auf „einem vollumfänglichen Geständnis im Sinne der gegebenen Hinweise“. Möglich sei dann „eine Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden kann“. Weil der Verzicht auf Gefängnis nur bei maximal zwei Jahren Freiheitsstrafe möglich ist, machte Weickert damit auch deutlich, dass er weit unter der Höchststrafe von zehn Jahren bleiben will, die das Gesetz für schweren Betrug vorsieht.

Weitere Geständnisse

Auch der ehemalige Chef der Audi-Motorenentwicklung, Wolfgang Hatz, und zwei seiner leitenden Ingenieure hatten bereits vergangene Woche gestanden, dass sie die Ausgestaltung der Motorsoftware veranlasst hatten. Das Verfahren gegen einen vierten Angeklagten wurde kürzlich eingestellt.

Mit unzulässigen Abschalteinrichtungen hielten die Autos die Stickoxidgrenzwerte zwar auf dem Prüfstand ein, aber nicht auf der Straße. So wollten sich die Autobauer den aufwendigen nachträglichen Einbau größerer Adblue-Tanks für die Abgasreinigung sparen, nachdem sie sich zuvor verrechnet hatten.

Gericht: Großteil der Anklagevorwürfe erwiesen

Das Gericht sieht einen Großteil der Anklagevorwürfe als so gut wie erwiesen an. Weickert hatte deswegen allen Angeklagten Freiheitsstrafen von anderthalb bis zwei Jahren angedroht, die bei Geständnissen zur Bewährung ausgesetzt werden könnten.

Bei Hatz lehnt die Staatsanwaltschaft jedoch eine Bewährungsstrafe ab. Diese sei in seinem Fall nicht angemessen, sagte eine Person aus Kreisen der Strafverfolger. Allerdings ist das Gericht bei einem Urteil nicht an das Votum der Staatsanwaltschaft gebunden.