Federal Reserve Board Gebäude in Washington, D. C.
Reuters/Sarah Silbiger
Zehntes Mal in Folge

US-Notenbank Fed erhöht Leitzins erneut

Zur Bekämpfung der Inflation erhöht die US-Notenbank Fed ihren Leitzins zum zehnten Mal in Folge. Mit einem erneuten Zinssprung um 0,25 Prozentpunkte liegt dieser nun in der Spanne von 5,0 bis 5,25 Prozent, wie die Federal Reserve am Mittwoch mitteilte. Das ist der höchste Wert seit 2007 – also vor Beginn der weltweiten Finanzkrise.

Damit hat der jüngste Bankenkollaps in den USA – der Zusammenbruch der First Republic Bank – die Fed nicht davon abgehalten, weiter leicht an der Zinsschraube zu drehen. Schon untertags warteten die Finanzmärkte auf die Ankündigung der Notenbank.

Die Fed musste bei ihrer Entscheidung abwägen zwischen der Beruhigung der Sorgen im Bankensektor und dem Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise. Im vergangenen Jahr hatte die Fed mehrmals den Leitzins um beachtliche 0,75 Prozentpunkte angehoben. Damit hatte die Zentralbank ein Tempo vorgelegt wie seit Jahrzehnten nicht. Sie leitete diese Zinswende vor gut einem Jahr ein – damals lag der Leitzins bei nahezu null.

Zuletzt setzte die Fed aber auf kleinere Zinsschritte. Die Entscheider der Fed rechnen laut im März veröffentlichter Prognose zum Jahresende im Mittel mit einem Leitzins von 5,1 Prozent. Dieser Wert ist mit der aktuellen Erhöhung erreicht.

Fed hält sich weitere Erhöhungen offen

Der künftige geldpolitische Kurs der US-Notenbank Fed ist nach Worten von Fed-Chef Jerome Powell indes nicht vorgezeichnet. „Unsere Geldpolitik hängt von den kommenden Entwicklungen ab“, sagte er nach dem Zinsentscheid in Washington. Die Entscheidungen würden von Zinssitzung zu Zinssitzung getroffen. Ausschlaggebend sei der Ausblick für Wirtschaft und Inflation.

Fed-Chef Jerome Powell bei einer Pressekonferenz in Washingtion, D. C.
APA/AFP/Saul Loeb
Fed-Chef Powell wollte eine weitere Zinserhöhung nicht ausschließen

Gleichzeitig stellte Powell klar: „Wir sind bereit, noch mehr zu tun, falls eine geldpolitische Straffung geboten sein sollte.“ Es werde noch einige Zeit dauern, bis sich die Auswirkungen der strengen Geldpolitik zeigen. Die Fed sei der Auffassung, dass Inflation nur langsam zurückgehe. „Und wenn diese Vorhersage im Großen und Ganzen stimmt, wäre es nicht angemessen, die Zinsen zu senken“, sagte der Fed-Chef.

In ihrer Erklärung zum Zinsentscheid haben die Währungshüter eine wichtige Passage gestrichen, wonach weitere Anhebungen zu erwarten seien. Zusätzliche Zinserhöhungen wurden aber auch nicht explizit ausgeschlossen. Der geldpolitische Ausschuss werde eingehende Informationen genau beobachten und die Auswirkungen auf die Geldpolitik bewerten, heißt es in der Erklärung.

Zinserhöhungen sorgten für Turbulenzen bei Banken

Die aggressiven Zinserhöhungen der Fed haben auch einen Teil der Turbulenzen im Bankensektor ausgelöst. Die kollabierten Banken haben sich nicht ausreichend gegen steigende Zinssätze geschützt. Diese haben etwa den Marktwert ihrer Wertpapierbestände verringert. Mit der First Republic Bank ist gerade erst ein weiteres strauchelndes US-Geldhaus zusammengebrochen.

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Branchenführer JP Morgan Chase die in Schieflage geratene Bank in einer staatlich koordinierten Rettungsaktion übernimmt. Nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank und der Signature Bank im März hatte es zunächst so ausgesehen, als seien die Turbulenzen überwunden.

Banges Warten auf weitere Schritte

Der Fed muss nun in ihrer Geldpolitik ein Spagat gelingen – denn weitere deutliche Zinserhöhungen könnten den Markt verunsichern. Gleichzeitig sind die Verbraucherpreise in den USA weiter zu hoch. Die Inflation im Zaum zu halten ist die klassische Aufgabe der Notenbanken.

Fed erhöht Leitzins

ORF-Korrespondent Christophe Kohl berichtete aus Washington über die neuerliche Erhöhung des Leitzinses durch die Fed.

Steigen die Zinsen, müssen Privatleute und Wirtschaft mehr Geld für Kredite ausgeben – oder sie leihen sich weniger Geld. Das Wachstum nimmt ab, Unternehmen können höhere Preise nicht einfach weitergeben – und idealerweise sinkt die Inflationsrate. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Wirtschaft abgewürgt wird.

Inflation zuletzt abgeschwächt

Die hohe Inflation in den USA hatte sich zuletzt zwar stärker als erwartet abgeschwächt. Im März stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 5,0 Prozent. Es war der niedrigste Anstieg seit Mai 2021.

Aber dieser Wert ist immer noch weit entfernt von der angestrebten Inflationsrate der Fed von durchschnittlich zwei Prozent. Gleichzeitig ist der Arbeitsmarkt weiter robust. Was eigentlich gut klingt, kann aber die Verbraucherpreise weiter in die Höhe treiben. Denn ein starker Arbeitsmarkt gilt gemeinhin als Treiber für die Löhne und damit für die Teuerung.

Finanzministerin warnt vor Zahlungsausfall

Die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor könnten wegen einer zurückhaltenderen Kreditvergabe einen ähnlichen Effekt haben wie Zinserhöhungen und die Nachfrage dämpfen. Darauf setzt auch Fed-Chef Powell: „Wenn die Banken ihre Kreditstandards anheben, kann dies in ähnlicher Weise zu einer Verknappung der Kredite führen“, sagte er. Es sei aber unmöglich, genau vorherzusagen, in welche Maße sich das auf das Wirtschaftswachstum auswirke.

Unruhe herrscht aktuell auf den Märkten aber auch wegen des Streits um die Schuldenobergrenze. US-Finanzministerin Janet Yellen warnte, dass ein Zahlungsausfall der größten Volkswirtschaft der Welt bereits am 1. Juni drohen könnte, sollte die Schuldengrenze nicht angehoben werden. Auch das belastet die US-Wirtschaft – und könnte das Wachstum drücken.

Auch Euro-Raum steuert auf Zinserhöhung zu

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) gibt am Donnerstagnachmittag ihre neuesten geldpolitischen Entscheidungen bekannt. Volkswirte erwarten überwiegend eine Anhebung der Leitzinsen im Euro-Raum um 0,25 Prozentpunkte. Aber auch eine erneute Erhöhung um 0,50 Punkte ist nicht vom Tisch. Seit Juli vergangenen Jahres hat die EZB sechsmal in Folge die Zinsen im Euro-Raum erhöht. Der Leitzins im Währungsraum liegt inzwischen bei 3,5 Prozent. Geschäftsbanken, die Geld bei der Notenbank parken, erhalten darauf derzeit 3,0 Prozent Zinsen.