Bereits ab 8.00 Uhr in der Früh treffen am Samstag die ersten Gäste in der Westminster Abbey ein, zwischen 10.30 und 11.45 Uhr ist die Ankunft von Staats- und Regierungschefs, ranghohen britischen Politikern und Mitgliedern der Royal Family eingeplant. Nach Angaben des Palasts werden an der Zeremonie mehr als 2.200 Menschen aus 203 Ländern teilnehmen, darunter etwa 100 Staatschefs sowie Vertreter anderer Königshäuser.
Eingeladen sind etwa Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der australische Premier Anthony Albanese, der polnische Präsident Andrzej Duda, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Junior. US-Präsident Joe Biden lässt sich von First Lady Jill Biden vertreten – allerdings nahm bisher nie ein US-Staatschef an einer Krönung teil.
Van der Bellen: „Zeichen der Wertschätzung“
Van der Bellen nahm bereits am Freitagabend bei einem Empfang im Londoner Buckingham-Palast teil. Dort erneuerte er die Einladung an König Charles und dessen Ehefrau Camilla, nach Österreich zu kommen, wie der Bundespräsident nach der Veranstaltung gegenüber österreichischen Medienvertreterinnen und -vertretern sagte. „Bei passender Gelegenheit, aber aus unserer Sicht möglichst bald würden wir Sie gerne in Wien willkommen heißen.“
Van der Bellen, der sich als „überzeugter Republikaner“ bezeichnete, nannte seine Teilnahme an der Krönung „ein Zeichen der Wertschätzung Charles gegenüber“. Es sei auch ein Zeichen gegenüber dem Vereinigten Königreich, dass das Land trotz des aus seiner Sicht „Fehlers“ der Brexit-Entscheidung zur europäischen Familie gehöre, so der Bundespräsident.

Auch Charles’ jüngerer Sohn Prinz Harry, der nach seiner Heirat mit der Schauspielerin Meghan Markle auf Distanz zum Königshaus gegangen war und jetzt in den USA lebt, darf – nach monatelangen Verhandlungen – kommen. Seine Frau wird allerdings mit den beiden gemeinsamen Kindern in Kalifornien bleiben.
Salbung abseits der Fernsehkameras
In der „Diamond Jubilee State Coach“ wird das Königspaar zur Kirche gefahren, um 12.00 Uhr (MESZ) betritt es dann die Westminster Abbey und der Gottesdienst beginnt. Die Krönung (13.00 Uhr) gilt dabei zwar als Höhepunkt. Der wichtigste Moment aber – und der einzige, der nicht von den Fernsehkameras eingefangen wird – ist die Salbung. Dabei berührt der Erzbischof von Canterbury den König an Händen, Brust und Kopf mit heiligem Öl als Zeichen, dass der Monarch von Gott auserwählt ist.

Währenddessen schirmt ein kunstvoll gearbeiteter Schutz, der bereits gesegnete „Anointing Screen“, die Männer vor Blicken ab. Großbritannien ist die einzige Monarchie in Europa, die diese Zeremonie aufrechterhält. Kurz darauf setzt der Erzbischof dem König die Edwardskrone auf. Der einzige gesetzlich vorgeschriebene Teil der Zeremonie ist der Eid: Dabei schwört der König, die Bürger des Vereinigten Königreichs und des Commonwealth „gemäß ihrer Gesetze und Bräuche“ zu regieren.
Nur „Working Royals“ auf Balkon
Militärangehörige aller Truppengattungen und aus den Staaten des Commonwealth marschieren am Samstag bei der Prozession nach der Zeremonie mit. Charles’ Schwester Prinzessin Anne reitet hinter dem Königspaar, wie die Zeitung „Mirror“ berichtete. Damit würdige der König die 72-Jährige für ihre „Loyalität und unerschütterliche Pflichterfüllung“. Bereits seit Tagen campieren Schaulustige an der Strecke, um gute Plätze zu sichern.

Zum Abschluss zeigen sich Charles und Camilla mit dem Kern der Royal Family auf dem Balkon des Buckingham-Palasts dem Volk. Eine Kunstfliegerstaffel der Royal Air Force jagt dabei über das Stadtschloss. An dem Moment dürfen nur „Working Royals“ teilnehmen, also die Mitglieder, die im Namen der Krone offizielle Termine wahrnehmen. Dazu gehören etwa Thronfolger Prinz William und seine Ehefrau Prinzessin Kate sowie der jüngste Bruder des Königs, Prinz Edward, und dessen Gattin Herzogin Sophie.
Pöcksteiner (ORF) zur Krönung von König Charles
ORF-Korrespondentin Eva Pöcksteiner berichtet aus London über die Stimmung einen Tag vor der Krönung vor König Charles sowie darüber, wie der Ablauf bei der Veranstaltung aussehen wird.
Die Chance, dass der Überflug der Royal Air Force wegen des Wetters abgesagt werden könne, wurde mit 50:50 angegeben. Der BBC-Wettervorhersage zufolge lag die Regenwahrscheinlichkeit für den Beginn der Prozession um 10.00 Uhr (11.00 Uhr MESZ) bei 80 Prozent.
Krönungskonzert mit Staraufgebot
Die Krönung ist der Höhepunkt der Feierlichkeiten, insgesamt aber feiern die Briten drei Tage lang das Königspaar. Am Sonntag (7. Mai) sollen die Menschen landesweit bei Straßenfesten und Teepartys zum „Coronation Big Lunch“ zusammenkommen, einem „großen Krönungsessen“. Am Abend findet auf Schloss Windsor ein Konzert statt, die riesige Bühne mit ihren Laufstegen in alle Richtungen ist der britischen Flagge nachempfunden.
Der öffentlich-rechtliche Sender BBC wird das Konzert live übertragen, an dem zahlreiche Stars wie Take That, Katy Perry und Lionel Richie teilnehmen. Auch Hollywoodstar Tom Cruise und die tierische Comicfigur Winnie-the-Pooh sollen eine Rolle spielen. Auf dem Konzert mit etwa 20.000 Gästen soll es zudem einen besonderen Krönungschor geben.

Unter dem Motto „The Big Help Out“ (große Hilfe) wird die Bevölkerung dann am Montag (8. Mai) ermuntert, die Freiwilligenarbeit in ihren Gemeinden kennenzulernen. Schule oder Arbeit muss man dafür nicht schwänzen: Die Menschen im Vereinigten Königreich erhalten einmalig einen zusätzlichen Feiertag.
Große „Operation Golden Orb“
Bereits jetzt steht fest, dass das Sicherheitsaufgebot bei der Krönung von König Charles III. besonders hoch ausfallen wird. Mehr als 29.000 Polizisten sollen bei der Krönung von König Charles III. am Wochenende in London eingesetzt werden. Es handle sich um einen der „bedeutendsten“ Sicherheitseinsätze in der Geschichte Großbritanniens, teilte die Polizei im Vorfeld mit.

Der Sicherheitseinsatz „Operation Golden Orb“ (deutsch etwa: Operation goldener Reichsapfel) zum Schutz des Königs, seiner Familie und der geladenen Gäste ist einer der größten der vergangenen Jahre. Er beinhaltet Scharfschützen auf Dächern und Polizeibeamte in Zivil sowie Körperscanner, Spürhunde und eine Flugverbotszone über dem Londoner Stadtzentrum.
Kritik an Treueschwur und Protestankündigung
Neben viel Tradition soll es rund um die Krönung jedenfalls auch einige Erneuerungen geben. Eine Ankündigung sorgte bereits im Vorfeld für Kritik: So sollen alle Menschen im Vereinigten Königreich und dem Commonwealth dem Monarchen lautstark die Treue schwören. Diese „Tribut der Menschen“ genannte Formel ersetzt den traditionellen Treueschwur, den ansonsten Adelige und Geistliche dem Monarchen bekundeten. Das übernehmen stellvertretend der Erzbischof und Thronfolger Prinz William.
Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov befürwortet beinahe jeder dritte Brite (31 Prozent) ein Referendum über die Abschaffung der Monarchie. Monarchiegegner wie etwa die Organisation Republic hatten zuletzt mit gelben Schildern und der Aufschrift „Not my King“ (Nicht mein König) gegen Charles demonstriert. Auch am Tag der Krönung plant die Gruppe am Vormittag einen Großprotest.