der schwedisch-iranische Dissident Habib Chaab
Reuters/Wana News Agency
Iran

Scharfe Kritik nach Chaab-Hinrichtung

Der Iran hat am Samstag den zum Tode verurteilten schwedisch-iranischen Dissidenten Habib Chaab hingerichtet. Schwedens Außenminister Tobias Billström verurteilte die Hinrichtung als „unmenschlich“. Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, forderte einen Stopp der Hinrichtungen im Iran.

Chaab war seit Oktober 2020 im Iran inhaftiert, nachdem er während einer Türkei-Reise verschwunden und einen Monat später in Teheran vor Gericht gestellt worden war. Ihm wurde vorgeworfen, seit 2005 Angriffe „unter dem Schutz“ des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad und des schwedischen Geheimdienstes SAPO verübt zu haben.

Chaab wurde der „Korruption auf Erden“ schuldig gesprochen wegen der Bildung und Führung einer Rebellengruppe namens Harakat al-Nidal (Arabische Bewegung zum Kampf für die Befreiung von Ahwas) und am 6. Dezember zum Tode verurteilt. Im März bestätigte das Oberste Gericht des Landes das Urteil.

Borrell: Mehrere EU-Staatsangehörige inhaftiert

Schweden, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, verurteilte die Hinrichtung Chaabs. „Die Todesstrafe ist eine unmenschliche und unumkehrbare Strafe“, schrieb Außenminister Billström im Onlinedienst Twitter. „Schweden verurteilt gemeinsam mit dem Rest der EU ihre Anwendung unter allen Umständen.“ Stockholm habe sich zuvor mit Teheran in Verbindung gesetzt „und gefordert, dass das Urteil nicht vollstreckt wird“, fügte Billström hinzu.

Der EU-Außenbeauftragte Borrell verurteilte im Namen der EU die Hinrichtung „aufs Schärfste“. „Die EU spricht der Familie von Herrn Chaab ihr Beileid aus und bekundet ihre uneingeschränkte Solidarität mit Schweden“, hieß es in der am Samstag im Onlinedienst Twitter veröffentlichten Erklärung.

Die EU fordert darin den Iran auf, von künftigen Hinrichtungen abzusehen. „Die zunehmende Zahl der willkürlich im Iran inhaftierten Staatsangehörigen der EU, die Beschränkungen des konsularischen Zugangs von EU-Bürgern, die Verweigerung des konsularischen Schutzes und des Rechts auf ein faires Verfahren stehen in direktem Widerspruch zum Völkerrecht“, erklärte Borrell.

Iran Human Rights: Chaab wurde gefoltert

Auch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) verurteilte die Hinrichtung „aufs Schärfste“. „Diese unmenschliche Strafe muss unter allen Umständen ein für allemal abgeschafft werden. Ich fordere den Iran auf, alle Hinrichtungen zu stoppen!“, schrieb Schallenberg auf Twitter.

Die Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights mit Sitz in Norwegen verurteilte die Hinrichtung ebenfalls. Sie erklärte, Chaab sei „nach seiner Entführung gefoltert“ worden, und forderte eine „starke Reaktion der internationalen Gemeinschaft“.

Erzwungenes Geständnis?

Der Iran betrachtet Harakat al-Nidal als „terroristische Gruppe“ und wirft ihr vor, Anschläge in der südwestiranischen Provinz Chusestan organisiert zu haben. In der ölreichen Provinz lebt eine große arabische Minderheit, deren Mitglieder seit langer Zeit über Ausgrenzung klagen. Ahwas ist die Hauptstadt von Chusestan.

Das iranische Staatsfernsehen hatte ein Video veröffentlicht, in dem sich Chaab zu einem Anschlag im Jahr 2018 auf eine Militärparade in Ahwas bekannte. Dabei waren nach Behördenangaben 25 Menschen getötet und fast 250 weitere verletzt worden. Chaab sagte, dass er mit saudi-arabischen Geheimdiensten zusammenarbeite. Menschenrechtsgruppen außerhalb des Iran sehen solche Geständnisse häufig als „erzwungen“ an und argumentieren, sie würden nicht aus freiem Willen abgelegt.

Todesstrafe für Deutsch-Iraner

Derzeit sind im Iran mindestens 16 Menschen mit westlicher Staatsbürgerschaft inhaftiert. Die meisten von ihnen haben auch die iranische Staatsbürgerschaft. Im Jänner sorgte der Iran mit der Hinrichtung des früheren britisch-iranischen Politikers Aliresa Akbari international für Empörung, der wegen angeblicher Spionage verurteilt worden war.

Ende April bestätigte das Oberste Gericht im Iran die Todesstrafe gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd. Im Ausland ansässige Aktivisten haben dem Iran eine Politik der „Geiselnahme“ vorgeworfen. Diese ziele darauf ab, Zugeständnisse zu erlangen oder die Freilassung von im Ausland inhaftierten Iranern zu erreichen.