Der slowakische Premierminister Eduard Heger
Reuters/Ints Kalnins
Regierungskrise

Slowakischer Premier Heger zurückgetreten

Der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger hat am Sonntag seinen Rücktritt erklärt. Offenbar kam er damit einer Entlassung durch Staatspräsidentin Zuzana Caputova zuvor. Diese dürfte seine „alternativen Lösungen“ für die nach Ministerrücktritten entstandene Krise offenbar nicht akzeptiert haben. Caputova kündigte nach Hegers Rücktrittserklärung die Bildung einer Regierung aus Experten und Beamten an. Das Expertenkabinett soll das Land bis zur anstehenden Neuwahl im September führen.

Als Übgergangspremier ist der Finanzexperte Ludovit Odor vorgesehen. Der 46-Jährige ist derzeit Vizegouverneur der Slowakischen Nationalbank (NBS). Auch die Minister des Übergangskabinetts seien bereits ausgewählt – ihre Ernennung erfolge aber erst in der Woche ab 15. Mai, weil sie davor noch die Parlamentsparteien informieren wolle, sagte die Präsidentin in Bratislava. Bis dahin habe Heger die Pflicht, seine Arbeit fortzusetzen.

Die konservativ-populistische Regierung unter Hegers Führung gehört zu den entschlossensten militärischen Unterstützern des von Russland angegriffenen Nachbarlands Ukraine. Sie verlor aber schon im Sommer 2022 ihre Parlamentsmehrheit und im Dezember auch noch ein Misstrauensvotum. Dennoch gelang es ihr, die eigentlich nach einem Sturz der Regierung vorgesehene Neuwahl bis Ende September hinauszuzögern.

Heger nur kommissarisch im Amt

Zuletzt ging es aber Schlag auf Schlag: Erst am Freitag war Landwirtschaftsminister Samuel Vlcan wegen einer Korruptionsaffäre zurückgetreten. Überraschend warf dann auch Außenminister Rastislav Kacer das Handtuch. Kacer galt als enger Vertrauter Hegers.

Dieser hatte sich erst im März von der führenden Parlamentspartei OLaNO losgesagt und eine eigene Partei gegründet. Bei der vorgezogenen Neuwahl wird nun eine erhebliche Stärkung des prorussischen Lagers in der Slowakei erwartet, angeführt von der sozialdemokratischen Partei Smer-SD (deutsch: Richtung Sozialdemokratie) des Ex-Premiers Robert Fico.

Seit dem Vorjahr amtiert in der Slowakei nur noch eine Übergangsregierung, nachdem die europaskeptische liberale Partei SaS (deutsch: Freiheit und Solidarität) die Mitte-rechts-Regierung verlassen und um ihre Parlamentsmehrheit gebracht hat. Hintergrund war der Dauerkonflikt mit OLaNO-Chef Igor Matovic, dessen Demission als Regierungschef die SaS erzwungen hatte. Seit einem verlorenen Vertrauensvotum im Dezember war das Kabinett Heger nur noch kommissarisch im Amt.

Außenansicht des slowakischen Parlaments in Bratislava
IMAGO/Gunter Kirsch
Das Parlament in Bratislava entzog im Dezember 2022 der Regierung das Vertrauen, im Herbst 2023 wird neu gewählt

Mit neuer Partei Richtung Wahl im Herbst

Für das Ende des erst seit April vergangenen Jahres amtierenden Kabinetts hatten im Parlament neben der kompletten Opposition auch Mandatare der Koalition gestimmt. Die Regierung habe das Land in Chaos gestürzt, sie verschwendet staatliche Gelder für irrsinnige Vorhaben und habe Bürger sowie Firmen in der Energiekrise im Stich gelassen, so die Begründung.

Im März verließ Heger dann seine Partei OLaNO. Er übernahm stattdessen den Vorsitz der neuen mitterechtsorientierten Demokratischen Partei. „Meine Geschichte in der OLaNO endet mit diesem Tag“, schrieb Heger damals. Er wolle eine „eigene Vision der Politik“ realisieren. Zusammen mit ihm hat sich auch Verteidigungsminister Jaroslav Nad von der OLaNO verabschiedet. Ebenso wie Heger war auch er Teil der OLaNO-Parteiführung.

Die Demokratische Partei will eine „gemäßigte Mitte-rechts-Politik anbieten, die die Menschen nicht ermüden oder spalten wird“, sondern eine Alternative biete. Die Partei wolle auch Reformen fortsetzen sowie weiterhin die Ukraine unterstützen, sagte er. Neben Heger und Nad sind auch Außenminister Kacer und Wirtschaftsminister Karel Hirman zu den Demokraten gewechselt, angeschlossen hat sich auch die bürgerliche Plattform rund um Umweltminister Jan Budaj, die schon zuvor aus der OLaNO ausgetreten war.

Heger gegen Fico

Vor wenigen Tagen hatte Heger von einem „Schlachtfeld“ in seinem Land gesprochen: „Wir haben eine russische Propaganda, die sehr präsent ist in der Slowakei“, sagte Heger, als er in Wien zu Gast war. Die russische Botschaft „flute“ das Land mit Desinformation, aber nicht nur sie. Auch Politiker und Politikerinnen würden die Botschaften übernehmen. Das sei fünf Monate vor der Parlamentswahl eine sehr gefährliche Situation.

Schwere Vorwürfe erhob Heger in diesem Zusammenhang gegen den früheren slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico. „Der dreimalige Premier Fico ist der lauteste Fürsprecher der russischen Propaganda.“ Für proeuropäische Parteien sei das „eine große Herausforderung“. Seine Regierung habe in den vergangenen zwei Jahren 38 russische Diplomaten ausgewiesen, erklärte Heger. Das habe allerdings „nicht viel geändert“. Investitionen in Infrastruktur zur Bekämpfung von „Fake News“ seien notwendig und nur langfristig umsetzbar.

Slowakischer Ex-Premier Robert Fico
Reuters/David W Cerny
Fico will wieder an die Macht

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat scharfe Debatten auch in der slowakischen Innenpolitik ausgelöst. Die Regierung von Heger hatte am 17. März beschlossen, der Ukraine 13 Flugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29 zu übergeben. Am 23. März wurden die ersten vier dieser Flugzeuge von ukrainischen Piloten in die von Russland angegriffene Ukraine gebracht.

Daraufhin hatte die größte Oppositionspartei Smer-SD Strafanzeige erstattet, weil sie die Übergabe von Kampfflugzeugen an die Ukraine für verfassungswidrig hält. Hegers Minderheitsregierung wurde das Vertrauen entzogen, deshalb habe sie gemäß Verfassung nicht die Kompetenz, solch grundlegende außenpolitische und militärische Entscheidungen zu treffen, erklärte Fico als Chef von Smer-SD.