Debatte um Erwähnung von Kurz in EU-Bericht

Ein Bericht des EU-Parlaments über den Einsatz der Spionagesoftware Pegasus in europäischen Ländern sorgt für Kontroversen. Laut einem Bericht des „Standard“ (Onlineausgabe) heute bemühte sich die Europäische Volkspartei (EVP) um die Streichung einiger Passagen mit Hinweisen auf die Geschäftsverbindungen von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in das Umfeld des israelischen Pegasus-Herstellers NSO. Trotz Kritik der ÖVP wurde der Bericht gestern Abend angenommen.

Die Warnungen zu Kurz’ Verbindungen mit dem israelischen Unternehmer und NSO-Mitbegründer Schalev Hulio seien „völlig sachfremd und nicht Teil des Untersuchungsgegenstands“, so der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl gegenüber dem „Standard“. Hulio habe NSO mittlerweile verlassen, hatte Kurz bereits zuvor betont.

Der Ex-Kanzler wies am Abend über einen Sprecher außerdem in dem Bericht erwähnte Verbindungen zur umstrittenen österreichischen Softwarefirma DSIRF zurück. Kurz habe von dem Unternehmen noch nie gehört, so der Sprecher.

Mehrere Stellen umkämpft

Insgesamt wird der Name des früheren Kanzlers laut „Standard“ in dem Berichtsentwurf elfmal genannt. Unter anderen bezeichnet der Text den Unternehmer Siegfried Wolf als Wirtschaftsberater von Kurz.

Auch zahlreiche andere Stellen des 163-seitigen Berichts, die Österreich nicht betreffen, sind laut „Standard“ umkämpft. Das zeigten zahlreiche Abänderungsanträge, die bereits im Voraus eingebracht worden seien.

Kritik von Grünen und Sozialdemokraten

Berichterstatterin Hannah Neumann zeigte sich gegenüber dem „Standard“ über die Löschungsforderungen der EVP nicht erfreut. „Der fragliche Satz im Bericht zu Österreich stand während der Verhandlungen nie zur Debatte“, sagte die deutsche EU-Abgeordnete der Grünen. „Dass die EVP dieses Fass nun aufmachen will, zeigt erneut, wie abgewirtschaftet die ÖVP ist: Ihr geht es weder um die Wahrheit noch um den Schutz von Grundfreiheiten, sondern allein darum, ihr ramponiertes Image irgendwie zu retten.“

Auch der SPÖ-EU-Abgeordneter Hannes Heide, Fraktionsführer der S&D im Ausschuss kritisierte gegenüber ORF.at die bekanntgewordene Absicht der EVP und mit ihr der ÖVP, kritische Passagen über den ehemaligen Kanzler Kurz streichen zu wollen: „Der im Bericht enthaltene Bezug zum ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, seinen Geschäftsbeziehungen zu NSO-Gründer Schalev Hulio und US-Milliardär Peter Thiel, standen in den Monate andauernden 15 Verhandlungsrunden zum Abschlussbericht nie zur Debatte.“

Der Bericht zeichne ein klares Bild des Status quo in Europa und mache konkrete Vorschläge für gesetzliche Grundlagen für die legale Verwendung und den Vertrieb von Spähsoftware.

Rückzug von Softwarefirma DSIRF

Gestern wurde auch bekannt, dass die umstrittene Softwarefirma DSIRF, die in dem Bericht ebenfalls erwähnt und als „in Österreich ansässig“ bezeichnet wird, sich aus dem deutschsprachigen Raum zurückzieht. Das Unternehmen war im Vorjahr auf einer Warnliste von Microsoft gelandet, da mit seinem Staatstrojaner namens „Subzero“ unter anderem mehrere Anwaltskanzleien infiltriert worden sein sollen. Die Direktion für Staatssicherheit und Nachrichtendienst (DSN) begann daraufhin zu ermitteln.

Nun werden die Tätigkeiten eingestellt. Die Unternehmensführung fühlt sich ungerecht behandelt – zumal „Subzero“ ausschließlich zur Nutzung durch Behörden zur Bekämpfung von Cybercrime entwickelt worden sei. „Man kauft lieber eine nicht kontrollierbare Software von Drittländern wie den USA oder Israel – das scheint gewünscht zu sein. Darum verabschieden wir uns mit einem enormen finanziellen Verlust aus dem deutschsprachigen Raum“, so der Eigentümer, der nur mit dem Buchstaben D. bezeichnet wurde, gegenüber dem „profil“ (Onlineausgabe).

Untersuchung im EU-Parlament

Der 2020 aufgedeckte Einsatz der umstrittenen Spionagesoftware Pegasus in manchen Ländern der Europäischen Union hatte zur Einleitung der Untersuchung im Europaparlament geführt. „Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten haben Spyware gegen ihre Bürger zu politischen Zwecken eingesetzt“, hieß es in dem im November des Vorjahres bekanntgewordenen Berichtsentwurf des Untersuchungsausschusses (PEGA). Entsprechende Hinweise gebe es für Polen, Ungarn, Griechenland, Zypern und Spanien.