Bundeskanzler Karl Nehammer und Vize Werner Kogler
Reuters/Leonhard Foeger
Paket gegen Teuerung

Gebührenstopp, Druck auf Energiefirmen

Drei Maßnahmen hat die Regierung am Mittwoch angekündigt, mit denen die Teuerung und die Folgen für die Bevölkerung eingebremst werden sollen. Der Druck auf Energiekonzerne wird erhöht, das Wettbewerbsrecht soll verschärft, die Gebühren eingefroren oder gesenkt werden. Nicht kommen wird eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Als unwirksam kritisierte die Opposition das Paket.

Konkret würden Energiekonzerne via Gewinnabschöpfung stärker besteuert, wenn sie die Preise nicht „entsprechend senken“, so ÖVP-Kanzler Karl Nehammer. Nehammer bezeichnete die Energiepreise als „Wurzel“ der „Seuche Inflation“. Es sei klar, dass „diese Energiepreise jetzt heruntermüssen“.

Wenn Versorger es nicht täten, werde die Republik diese zur Kasse bitten, Nehammer verwies auf „Milliardengewinne“ von Konzernen. „Die Konzerne müssen auch einen Beitrag leisten“, stellte der grüne Vizekanzler Werner Kogler fest. Die Maßnahmen sollten vor allem den sozial Bedürftigen zugutekommen, so Kogler.

Teuerung: Regierung stellt Maßnahmenpaket vor

Die Regierung hat ein Maßnahmenpaket beschlossen, das die Teuerung dämpfen soll. Im Energiebereich kommt eine Gewinnabschöpfung. Bei den Energie- und Lebensmittelpreisen wurde mehr Transparenz angekündigt.

Vorauszahlung kann öfter angepasst werden

Die Verschärfung der Übergewinnsteuer soll durch eine Änderung des entsprechenden Schwellenwerts im Energiekrisenbeitragsgesetz bereits im Juni in Kraft treten. Beim derzeit teuersten Energieversorger führe das, so Nehammer, zu einer Reduktion des Endkundenpreises um ein Drittel.

Bei Haushalten, die bereits einen „Smart Meter“ haben, werde es künftig das Recht auf eine monatliche Abrechnung geben, das soll zu mehr Transparenz und Überblick über die Kosten führen. Vorauszahlungen sollen künftig halbjährlich, nicht wie bisher meist einmal jährlich adaptiert werden können.

Mehr Rechte für Wettbewerbsbehörde

Die Lebensmittelketten sollen durch eine erhöhte Preistransparenz stärker unter Druck gesetzt werden. Die Maßnahmen sind freilich sehr indirekter Natur: Künftig will die Regierung regelmäßig in einem Lebensmittel-Transparenzbericht die Einkaufspreise des Lebensmittelhandels anhand definierter Lebensmittel veröffentlichen.

Ferner muss der Lebensmittelhandel kundtun, welche Mengen an Lebensmitteln als Sachspenden er gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung stellt. Ebenfalls offengelegt werden muss, wie viele Lebensmittel vernichtet wurden.

Und die Wettbewerbsbehörde soll mehr Befugnisse bekommen – konkrete Maßnahmen wurden nicht genannt. Das dürfte umso schwieriger werden, als ÖVP und Grüne sich seit Jahren bei der Besetzung der Spitze der Behörde nicht einigen können.

Eine Grafik zeigt eine Auswahl an geplanten Regierungsmaßnahmen gegen die hohe Inflation
Grafik: APA/ORF; Quelle: Öst. Bundesregierung

Bund friert Gebühren ein

Alle Bundesgebühren bleiben auch im kommenden Jahr eingefroren und werden nicht an die Inflation angepasst. Um ein halbes Jahr verlängert wird außerdem die derzeit ausgesetzte Elektrizitäts- und Erdgasabgabe. Dazu gibt es die Empfehlung an die Gemeinden, dass diese ihre Gebühren – etwa Kanal- und Müllgebühr – senken.

Als Anreiz sollen Gemeinden, die das tun, vom Bund entschädigt werden. Finanziert werden soll das aus den Mehreinnahmen der stärkeren Besteuerung der Übergewinne von Energiekonzernen. ÖVP und Grüne rechnen nach eigenen Aussagen diesbezüglich mit Mehreinnahmen von rund 400 Millionen Euro.

Nehammer und Kogler verwahrten sich gegen Kritik, die Regierung sei untätig gewesen. Aufgrund von Maßnahmen – vor allem der Abschaffung der kalten Progression und der Valorisierung zahlreicher Sozial- und Familienbeihilfen – sei die Kaufkraft im internationalen Vergleich trotz der Inflation sehr hoch geblieben. Auch in anderen wirtschaftlichen Kernziffern, etwa der Arbeitslosigkeit, stehe Österreich sehr gut da.

Gegen Senkung der Mehrwertsteuer

Nehammer kritisierte zahlreiche zuletzt von der Opposition und Fachleuten formulierte Vorschläge, etwa die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Die Vorschläge seien sehr unterschiedlich, und oft sei nicht garantiert, ob die Preise dadurch tatsächlich sinken würden. Nehammer wie Kogler betonten, auf komplizierte Probleme könne es keine einfachen Antworten geben.

Wichtig sei es, mit den Maßnahmen die Teuerung nicht noch anzuheizen. Und Nehammer sagte: Man sei „gegen die Verstaatlichung von Verlusten und die Privatisierung von Gewinnen“. Mehrere der nun angekündigten Maßnahmen waren in den Tagen zuvor von Wirtschaftsfachleuten vorgeschlagen worden, die die Regierung öffentlich zum raschen Handeln aufgerufen, aber auch vor weiteren großen Ausgaben gewarnt hatten.

Lob und Kritik

Am Vortag hatte WIFO-Chef Gabriel Felbermayr die heimische Politik bereits davor gewarnt, die Folgen der hohen Inflation zu unterschätzen, und rasches Handeln gefordert. Nach der Präsentation des Pakets reagierte Felbermayr mit Lob. Alle Maßnahmen für sich genommen seien richtig. Aber das Paket sei zu klein. Es werde weitere Maßnahmen brauchen, die Regierung müsse „weiter nachbessern“.

IHS-Direktor Klaus Neusser erwartet durch das Paket „keinen großen, aber einen nachhaltigen Beitrag“ zur Inflationsdämpfung. Mehr Druck auf die Energiekonzerne und die Spenden für Sozialmärkte werden laut Neusser wirken. Kaum einen Effekt erwartet er sich vom Gebührenstopp.

SPÖ: Kein einziger Preis wird sinken

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried warf der Regierung dagegen davor, dass mit den Maßnahmen kein einziger Preis im Supermarkt gesenkt werde. Am Freitag gibt es eine von der SPÖ beantragte Sondersitzung zur Teuerung.

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl sprach von einem „Herumgerede um den heißen Brei“. Es hätte direkte Preiseingriffe bei Energie und eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel gebraucht, so Kickl. Das Paket der Regierung sei eine „Blendgranate ohne jegliche Wirkung“.

Die Regierung schicke das Geld im Kreis, nachdem sie zuvor mit ihrer Gießkannenpolitik selbst die Teuerung angeheizt habe, so NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker. Bund und Länder hätten längst die Preise der Energieversorger, die Gebühren und Mieten bei Gemeindewohnungen senken können. Mit dem Paket sei „absolut nicht garantiert“, dass die Menschen eine Entlastung spüren würden.

Nur Handelsverband zufrieden

Kritik kam auch vom ÖGB, der von „kosmetischen Maßnahmen“ sprach und erneut eine Reduktion der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel forderte. Für die Arbeiterkammer ist es „zu wenig, zu spät“. Der Handelsverband zeigte sich dagegen zufrieden. Die Industriellenvereinigung warnte vor einer Verschärfung des Wettbewerbsrechts.

Kocher: Gespräche zu Preistransparenz am Freitag

ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher betonte, das Ziel, den Wettbewerb zu stärken und somit kurz- und mittelfristig die Energiepreise und andere Preise senken. Für Freitag kündigte Kocher Gespräche mit Fachleuten und der Bundeswettbewerbsbehörde über Maßnahmen für mehr Preistransparenz an.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) verwies auf den budgetären Kontext: Das Defizit soll halbiert werden, um nach der Krise wieder auf einen nachhaltigen Budgetpfad zu gelangen. Daher seien „expansive“ Maßnahmen, also zusätzliche Hilfszahlungen, „nicht mehr zielführend“.