GB behält EU-Gesetze länger als angekündigt

Die Regierung in Großbritannien hat eine Frist gestrichen, bis zu der sie die letzten Gesetze aus der EU-Ära kassieren wollte, und damit Brexit-Konservative verärgert. Statt 4.000 EU-Rechtsvorschriften bis Ende des Jahres zu streichen, werde die Regierung nur etwa 600 Gesetze aufheben, sagte Wirtschaftsministerin Kemi Badenoch gestern und begründete das mit „Rechtsunsicherheiten“.

Die konservative Regierung in London hatte nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union 2016 versichert, sie werde einen „Scheiterhaufen“ aus Brüsseler Gesetzen machen. Verfechter des Brexits traten in dem Referendum über den Austritt damals mit dem expliziten Wahlversprechen an, die „Kontrolle über die britische Souveränität zurückzuerobern“.

„Bedauerlicherweise hat der Premierminister (Rishi Sunak, Anm.) sein eigenes Versprechen und nicht die EU-Gesetze zerfetzt“, twitterte der ranghohe Tory-Abgeordnete Jacob Rees-Mogg, ein führender Verbündeter von Sunaks Vorgänger Boris Johnson. Wirtschaftsministerin Badenoch sagte, die Regierung habe bereits mehr als 1.000 EU-Gesetze „aufgehoben oder reformiert“, seit der EU-Austritt des Vereinigten Königreichs im Jahr 2020 vollständig in Kraft trat.

Sie werde aber kein Gesetz „um seiner selbst willen“ abschaffen. Badenoch kündigte allerdings an, die von der EU übernommene „Arbeitszeitrichtlinie“, die die Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden begrenzt, zu überarbeiten. Für Unternehmen soll es weniger Bürokratie bei der Erfassung der Arbeitszeit geben, für Arbeitnehmer sollen Wettbewerbsverbotsklauseln in Verträgen eingeschränkt werden.

Mehrere Wirtschaftsgruppen, Gewerkschaften und die Grünen hatten sich vor dem Hintergrund einer Krise der Lebenserhaltungskosten in Großbritannien zuvor besorgt über die Deregulierung nach dem Brexit geäußert.