Umspannwerk
ORF.at/Christian Öser
„Nicht schlüssig“

Energielobby gegen Regierungspläne

Am Mittwoch hat die Regierung ihre Pläne für den Kampf gegen die hohe Inflation präsentiert, am Freitag soll ein Gesetzesentwurf im Zuge der Sondersitzung des Nationalrats eingebracht werden. Viele Fragen scheinen aber noch offen zu sein, etwa, was den Gebührenstopp betrifft. Für die Energielobby ist die angedachte Verschärfung der Erlösabschöpfung „nicht schlüssig“.

„Die Abschöpfung betrifft Unternehmen, die Strom erzeugen. Und auf der anderen Seite sind die Lieferanten, die den Strom an die Endkunden verkaufen. Und nur die können die Preise der Endkunden reduzieren“, umriss die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt, die aus ihrer Sicht bestehende Problematik im Ö1-Mittagsjournal.

Auf der einen Seite würden also Erzeuger wie Windparkbetreiber stehen, die ihren Strom nicht direkt an Endkundinnen und Endkunden abgeben. Auf der anderen Seite gebe es Lieferanten ohne eigene Kraftwerke, die Strom auf dem Markt zukaufen und von denen man keine Erlöse abschöpfen könne, so Schmidt. Ein gutes Beispiel sei der Verbund, der eine eigene Erzeugungsgesellschaft und eine eigene Vertriebsgesellschaft habe.

Geld soll „nicht irgendwo im Budget verschwinden“

Nach Expertenmeinung wäre es für die Stromvertriebsgesellschaften möglicherweise sogar rechtlich unzulässig, ihre Endkundenpreise zu senken, um dadurch höhere Abschöpfungen für die Stromerzeugungsgesellschaften zu vermeiden. Die Frage, ob die gesunkenen Großhandelspreise bei den Konsumenten ankommen werden, bejahte Schmidt. So hätten einige Lieferanten die Preise bereits gesenkt.

Grafik zeigt Dten zum Großhandels- und Kundenpreisen beim Strom
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: E-Control

Auch die Erlösabschöpfung könne, wenn zielgerichtet eingesetzt, die Preise dämpfen. Voraussetzung sei aber, dass das abgeschöpfte Geld „nicht irgendwo im Budget verschwindet“. Die Kritik von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), wonach die Branche die Stromkostenbremse nütze, um weiter hohe Preise zu verrechnen, wies Schmidt zurück. Die stärkeren Transparenzbestimmungen als Teil des Maßnahmenbündels befürworte sie. Man könne problemlos weitere Daten an die E-Control liefern.

Wöginger: „Preise runter oder Abschöpfung“

Die Regierung hatte am Mittwoch nach dem Ministerrat ein Antiteuerungspaket präsentiert, das unter anderem Maßnahmen für den Energiesektor beinhaltet. Teil davon ist eine Verschärfung der Gewinnabschöpfung bei Energieunternehmen, wenn diese ihre Preise für Endkunden und Endkundinnen nicht bald senken. De facto werden aber Erlöse ab einem gewissen Schwellenwert abgeschöpft.

Besteuerung der Energieerzeuger wirksam?

Am Freitag wird ein Gesetzesantrag im Nationalrat eingebracht, der beinhaltet, dass Gewinne von Energieerzeugern mehr denn je abgeschöpft werden sollen. Allerdings sollen nicht die Lieferanten des Stroms besteuert werden, weshalb nicht garantiert ist, dass der Endkunde eine Änderung der Preise bemerkt.

Bereits am Freitag in der – von der SPÖ einberufenen – Sondersitzung des Nationalrats soll ein entsprechender Gesetzesantrag eingebracht werden. Damit könnte der neue Modus noch im Mai beschlossen und mit Juli wirksam werden. ÖVP-Klubchef August Wöginger gab die Linie vor: „Preise runter oder Abschöpfung“. Die Konzerne sollten sich nicht länger eine goldene Nase verdienen, begründete Wöginger die Abschöpfungspläne.

Städtebund und Gemeindebund überrascht

Nach der Ankündigung der Pläne hatte es vonseiten der Opposition Kritik gegeben. Die Verschärfung der Übergewinnsteuer für Energiekonzerne sei nichts anderes als ein Eingeständnis, dass die bisherige bloß ein „Übergewinnsteuerl“ sei, sagte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl sprach von einem „Herumgerede um den heißen Brei“. Die Regierung schicke das Geld im Kreis, nachdem sie zuvor mit ihrer Gießkannenpolitik selbst die Teuerung angeheizt habe, so auch NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker.

Volle Restmülltonnen
ORF.at/Carina Kainz
Nach Regierungsplänen sollen bestimmte Gebühren aktuell nicht erhöht werden

WIFO-Chef Gabriel Felbermayr reagierte grundsätzlich mit Lob. Alle Maßnahmen für sich genommen seien richtig. Er betonte aber auch, dass das Paket nicht reiche. Es werde weitere Maßnahmen benötigen, die Regierung müsse „weiter nachbessern“. IHS-Direktor Klaus Neusser erwartet durch das Paket „keinen großen, aber einen nachhaltigen Beitrag“ zur Inflationsdämpfung. Mehr Druck auf die Energiekonzerne und die Spenden für Sozialmärkte werden laut Neusser wirken. Kaum einen Effekt erwartet er sich vom Gebührenstopp.

Städtebund und Gemeindebund zeigten sich am Donnerstag darüber verwundert, dass mit ihnen über die Maßnahmen nicht gesprochen wurde. Nehammer hatte in der Pressekonferenz gesagt, dass man die Pläne schon länger im Kopf habe. Gegenüber Ö1 hielt Walter Leiss, Generalsekretär des Gemeindebunds, fest, dass man nur interpretieren könne, welche Gebühren nicht erhöht werden sollen. Er geht davon aus, dass es die Daseinsvorsorge betreffen werde: Kanal, Wasser und Müll. Eintrittsgebühren seien wohl nicht betroffen.

Für die Aussetzung der Gebührenerhöhung könne ein dreistelliger Millionenbetrag anfallen. Das Geld wolle man sich über die Finanzausgleichsverhandlungen zurückholen, sagte Leiss. Auch Städtebund und Gemeindebund seien von den hohen Kosten betroffen. Aus dem Städtebund heißt es, dass der Gebührenstopp zudem alle Menschen betreffe und somit nicht treffsicher sei.