Ein Zugführer am Frankfurter Bahnhof
AP/Michael Probst
Vergleich vor Arbeitsgericht

Warnstreik bei Deutscher Bahn abgewendet

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat den geplanten 50-stündigen Warnstreik bei der Deutschen Bahn (DB) abgesagt. Nach einem Eilantrag der Bahn beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main hätten sich beide Seiten auf einen Vergleich geeinigt, hieß es am Samstag. Der Warnstreik sollte den Plänen zufolge Sonntagabend beginnen und bis in die Nacht auf Mittwoch dauern. Mit Beeinträchtigungen ist dennoch zu rechnen.

Trotz der Absage des 50-stündigen Warnstreiks bei der DB ist zwischen Sonntag und Dienstag mit Zugsausfällen und Verspätungen zu rechnen. Die DB will am Sonntag über die Fahrpläne informieren, ebenso die ÖBB, die von dem Streik stark betroffen gewesen wären. Bereits absehbar sei, dass der Nachtreiseverkehr aufgrund mangelnder Personalressourcen bei der DB erst in der Nacht auf Dienstag wiederaufgenommen werden könne, erklärten die ÖBB.

„Die kurzfristige Streikabsage bedeutet, dass die veranlassten streikbedingten Maßnahmen wieder zurückgenommen werden müssen. In enger Abstimmung mit der Deutschen Bahn arbeiten die ÖBB nun in den kommenden Stunden daran, alle organisatorischen Maßnahmen zu setzen, um den Regelfahrplan soweit wie möglich wiederherzustellen. Einschränkungen im Bahnverkehr können derzeit aber nicht ausgeschlossen werden“, hieß es in einer Stellungnahme der österreichischen Bundesbahnen.

Fahrplan der Westbahn reduziert

Bei der Westbahn, die von Wien nach Salzburg, Innsbruck und München fährt, hieß es Sonntagfrüh auf der Website, dass nach Innsbruck alle Züge fahrplanmäßig verkehren und es keinen Schienenersatzverkehr für das deutsche Eck gebe.

Zwischen Salzburg und München ist das Fahrplanangebot der Westbahn reduziert. Die Fahrplanauskunft werde gerade aktualisiert, hieß es online. Ab Sonntagmittag sollen alle stattfindenden Verbindungen buchbar sein. Der Zugsverkehr im Abschnitt Wien – Salzburg ist nicht betroffen.

Warnstreik „unverhältnismäßig“

Die DB hatte in dem Eilantrag argumentiert, der auf 50 Stunden angelegte Warnstreik sei „unverhältnismäßig und schädigt Kunden sowie unbeteiligte Dritte“. Man habe in den Verhandlungen mit der EVG „über zehn Prozent Lohnerhöhung“ angeboten. Außerdem habe sie „die zentrale Vorbedingung der EVG erfüllt und sich mehrmals auf die EVG zubewegt“.

Medienberichten zufolge haben dann sowohl EVG als auch DB einem verpflichtenden Vergleich zugestimmt, den das Arbeitsgericht in Frankfurt vorgelegt hatte. Die EVG erklärte, sie verzichte vorerst auf den geplanten Ausstand.

Auch Mindestlohn Teil des Vergleichs

„Der Gang der Deutschen Bahn vors Arbeitsgericht hat sich für alle gelohnt“, zitiert die Bahn DB-Personalvorstand Martin Seiler. Im Interesse der Eisenbahnverkehrsunternehmen, deren Kundinnen und Kunden sowie der Industrie sei alles getan worden, um diesen Streik noch abzuwenden.

Mit dem Vergleich verständigten sich beide Seiten der DB zufolge auch darauf, „nun zügig und konstruktiv zu verhandeln, mit dem Ziel eines baldigen Abschlusses“. Auch das Thema Mindestlohn sei Teil des Vergleichs. Die EVG betonte, dass die Mindestlohnthematik die Voraussetzung für alle weiteren Verhandlungsthemen darstelle.

Geparkte ICE-Züge während des Streiks im April
APA/AFP/Christof Stache
Stillstand auf deutschen Gleisen – zuletzt im April

Unterschiedliche Forderungen

Die Gewerkschaft hatte in den Gesprächen mit der Branche unter anderem zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro mehr im Monat gefordert – und zwar bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Der Gewerkschaft war es nach eigenen Angaben vor allem um die Bedingung gegangen, einen gesetzlichen Mindestlohn als Grundlage für dann darauf aufbauende Lohnerhöhungen zu erzielen.

Die bisher von der Bahn vorgelegten Angebote wies die EVG als unzureichend zurück. Die hatte insgesamt rund zehn Prozent mehr Lohn für untere und mittlere Einkommen, acht Prozent mehr Geld für höhere Einkommen sowie zusätzlich 2.850 Euro Inflationsausgleichsprämie für alle gefordert. Bei der Laufzeit hat der Konzern völlig andere Vorstellungen als die EVG: Die DB peilt eine mehr als doppelt so lange Laufzeit von 27 Monaten an.

Wiederholt Streiks

Bereits Ende März hatte die EVG gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di den Verkehr in Deutschland weitgehend lahmgelegt. Ende April legte die EVG mit einem achtstündigen Warnstreik nach. Die EVG und 50 Bahnunternehmen streiten seit Ende Februar über neue Kollektivverträge. Die Tarifrunde betrifft 230.000 Beschäftigte, 180.000 davon arbeiten bei der DB.

Die ÖBB hatten vor der Einigung in Deutschland vor gravierenden Folgen auch für Österreich gewarnt, insbesondere beim Bahnverkehr zwischen Salzburg und Tirol über das Deutsche Eck. Ein Schienenersatzverkehr mit Bussen war geplant, die Liste der Verbindungen , die laut ÖBB ausfallen oder kurzgeführt werden, lang.