Die schwedische Musikerin Loreen zusammen mit Kalush Orchestra und den ESC Moderatoren
APA/AFP/Oli Scarff
Österreich auf Platz 15

Loreen gewinnt Song Contest für Schweden

Es kam, wie es offenbar kommen musste: Die schwedische Sängerin Loreen hat Samstagnacht den Eurovision Song Contest in Liverpool mit dem Song „Tattoo“ gewonnen. Basis ihres Sieges waren vor allem die Punkte der internationalen Expertenjurys. Auf Platz zwei landete der finnische Rapper Käärijä, der wiederum beim Publikum punktete. Für Teya & Salena wurde es nach viel Lob im Vorfeld dann doch nur Platz 15.

Loreen galt schon vor Monaten als Favoritin für den Bewerb, hatte sie doch 2012 mit „Euphoria“ schon einmal gewonnen. Die düstere Inszenierung und ein dystopischer Look in Dunkelbeige mit extrem langen Fingernägeln taten dem Erfolg keinen Abbruch. Loreen ist nun die erste Frau, die den Song Contest zweimal gewonnen hat – und ihn nach 2016 wieder nach Schweden zurückbringt.

583 Punkte hatte sie schließlich am Konto, 340 stammen von den aus Expertinnen und Experten bestehenden nationalen Jurys. Nach deren Abstimmung hatte sie bereits doppelt so viele Punkte wie Israel, das schließlich auf Platz drei landete. Loreen nahm die Trophäe unter Tränen, aber recht verhalten entgegen. „Das ist überwältigend. Ich bin so froh und so dankbar“, sagte die 39-Jährige.

Schweden: Loreen – „Tattoo“

Finnland geschlagen

Als erster Verlierer musste sich der Finne Käärijä geschlagen geben, mit 526 Punkten fehlten ihm schließlich 57 auf den Sieg. Von den Jurys bekam er lediglich 150. In der Halle in Liverpool und in den sozialen Netzwerken war aber klar, dass er mit der brachialen Nummer „Cha Cha Cha“ das Publikum im Sturm erobert hat. Käärijä überzeugte mit wildem Rap zu harten Beats – und einer exaltierten Bühnenshow. Seine knallgrünen Puffärmel wurden schnell zum Markenzeichen.

Finnland: Käärijä – „Cha Cha Cha“

Israel mit Tanzeinlage auf Platz drei

Mit gehörigem Abstand und 326 Punkten eroberte Noa Kirel für Israel den dritten Platz. Sie lieferte damit eine kleine Überraschung, obwohl sie zum erweiterten Favoritenkreis gezählt wurde. Ihr „Unicorn“ galoppierte auf der Bühne auch ganz schön flott dahin. Allerdings beschloss sie beim letzten Drittel des Songs aufs Singen zu verzichten und stattdessen eine Einlage im Bodenturnen abzuliefern. Beeindruckend, aber ein bisschen neben der Kernaufgabe in einem Gesangswettbewerb – und erstaunlich, dass sie dafür auf den zweiten Platz bei den Jurys kam.

Israel: Noa Kirel – „Unicorn“

Österreich höher gehandelt als Platz 15

Unter den im Vorfeld recht hochgesteckten Erwartungen lief es für die Österreicherinnen Teya & Salena, die mit ihrem selbstgeschriebenen Song „Who the Hell Is Edgar?“ den Bewerb mit Startnummer eins eröffnet hatten. Wettbüros hatten sie unter den Top Ten gesehen, in Medien und den sozialen Netzwerken wurden sie hoch gehandelt.

Teya & Salena – „Who the Hell Is Edgar?“

Mit 104 Punkten nach der Jurywertung auf Platz acht, ging es mit nur 16 Publikumspunkten dann hinunter auf Platz 15. Die beiden zeigten sich nach der Show allerdings keineswegs enttäuscht: Es sei ihr Traum in Erfüllung gegangen, ins Finale zu kommen. „Wir waren im Finale! Es war voll die Gaudi und hat Megaspaß gemacht“, so die beiden. Die ganze Show sei großartig gewesen: „Auch nur ein kleiner Teil davon zu sein, ist eine große Ehre.“

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Die schwedische Musikerin Loreen performt beim Song Contest 2023
EBU/Corinne Cumming
Loreen aus Schweden streckte sich mit „Tattoo“ nach der Decke – und holte sich ein zweites Mal den Sieg
Der norwegische Musiker Käärijä performt beim Song Contest 2023
EBU/Corinne Cumming
Finnlands Käärijä hätte mit „Cha Cha Cha“ klar gewonnen, wäre es nur nach dem Publikum gegangen
Die israelische Musikerin Noa Kirel performt beim Song Cotest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Noa Kirel aus Israel hat sich in den vergangenen Tagen mit „Unicorn“ in den Wettquoten nach vorne gearbeitet – und landete auf dem dritten Platz
Der italienische Musiker Marco Mengoni performt beim Song Contest 2023
EBU/Corinne Cumming
Marco Mengoni war auch zum zweiten Mal beim Song Contest: Nach dem siebten Platz 2013 wurde es mit „Due vite“ nun der vierte
Die norwegische Musikerin Alessandra performt beim Song Contest 2023
EBU/Corinne Cumming
Norwegens Alessandra landete mit „Queen of Kings“ auf dem fünften Platz
Der ukrainische Musiker Tvorchi performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Vorjahressieger Ukraine holte mit Tvorchi und „Heart of Steel“ heuer einen ausgezeichneten sechsten Platz
Der belgische Musiker Gustaph performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Platz sieben für Gustaph und „Because of You“ aus Belgien
Die estische Sängerin Alika performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Estland kam mit der Powerballade „Bridges“, gesungen von Alika, auf Platz acht
Die australische Band Voyager performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Mit dem Auto kamen Voyager aus Australien angereist – ihr „Promise“ erreichte Platz neun
Die tschechische Band Vesna performt beim Song Contest 2023
EBU/Corinne Cumming
Gerade noch unter die Top Ten kamen die sechs Frauen aus Tschechien: Vesna mit „My Sister’s Crown“
Der zyprische Sänger Andrew Lambrou performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Ärmellos performte Andrew Lambrou aus Zypern seinen Song „Break a Broken Heart“: Platz zwölf
Die litauische Musikerin Monika Linkytė performt beim Song Contest 2023
EBU/Corinne Cumming
Monika Linkyte aus Litauen sang sich mit „Stay“ auf Platz elf
Die kroatische Band Let 3 performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Let 3 aus Kroatien mischten das Finale auf und lagen am Ende mit „Mama SC“ genau in der Mitte auf Platz 13
Die armenische Musikerin Brunette performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Platz 14 sicherte sich Brunette aus Armenien mit ihrem Song an den „Future Lover“
Die österreichischen Musiker Teya & Salena performen ihren Song „Who the hell is Edgar?“
EBU/Sarah Louise Bennett
Teya & Salena aus Österreich sangen „Who the Hell Is Edgar?“ und kamen auf Platz 15
Die französische Sängerin La Zarra performt beim Song Contest 2023
EBU/Corinne Cumming
La Zarra aus Frankreich wollte hoch hinaus – „Evidemment“ schaffte es trotzdem nur auf Rang 16
Die spanische Musikerin Blanca Paloma performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Blanca Paloma aus Spanien sang kraftvoll „Eaea“ – 17.
Der moldawische Musiker Pasha Parfeni performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Pasha Parfenis „Soarele si luna“ – für Moldawien im Rennen – kam knapp auf den 18. Platz
Die polnische Musikerin Blanka performt beim Song Contest 2023
EBU/Corinne Cumming
Nur drei Punkte weniger bekam Polen – Blankas „Solo“ kam auf den 19. Platz
Der schweizer Musiker Remo Forrer performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Remo Ferrer aus der Schweiz wurde mit „Watergun“ 20.
Die slowenische Band Joker Out performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Die slowenischen Joker Out, als einzige Indie-Band im Finale, nutzten den Tag – kamen mit „Carpe Diem“ aber trotzdem nur abgeschlagen auf Platz 21
Die albanischen Musiker Albina & Familja Kelmendi performen beim Song Contest 2023
EBU/Corinne Cumming
Albina & Familja Kelmendi aus Albanien wurden mit „Duje“ 22.
Die portugiesische Musikerin Mimcat performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Mimicat schwang ihren Rock für Portugal – „Ai coracao“ kam nur auf Platz 23
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EBU/Sarah Louise Bennett
Serbien schickte Luke Black mit einer extrem düsteren Performance zu „Samo mi se spava“
Die britische Sängerin Mae Müller performt beim Song Contest 2023
EBU/Sarah Louise Bennett
Vorletzter wurde das Gastgeberland: Mae Muller mit „I Wrote a Song“
Die deutsche Band Lord of the Lost performt beim Song Contest 2023
EBU/Corinne Cumming
Und wieder einmal ganz hinten – wenn auch nicht mit null Punkten: Deutschland, dieses Mal mit Dark-Rock-Band Lord Of The Lost und „Blood & Glitter“

Italien setzt Erfolgslauf fort

Italien setzte seinen Erfolgslauf beim Song Contest fort: Ab 2017 war man immer unter den ersten sechs Ländern, diesmal wurde es für Marco Mengoni mit „Due Vite“ Rang vier. Der Song steht zwar in der großen Tradition italienischer Liedermacherei, war aber wahrscheinlich der am wenigsten eingängige italienische Beitrag der vergangenen Jahre.

Die norwegische Kandidatin Alessandra bewies, dass auch recht trashige Song-Contest-Nummern noch ziehen können. Ihre Wikingerhymne „Queen of Kings“ mit Kinderliedmelodie, aber kräftigem Gestampfe kam auf Platz fünf, mehr als 200 der insgesamt 265 Punkte steuerte das Publikum bei.

Norwegen: Alessandra – „Queen of Kings“

Ganz ähnlich verlief der Abend für den Vorjahressieger, die Ukraine. Auch hier hatten die Jurys nur rund 50 Punkte übrig, dennoch landete das Duo Tvorchi mit dem leicht sakral angehauchten Elektropopsong „Heart of Steel“ schließlich dank Publikum auf Platz sechs. Im Vorfeld waren sie sogar noch weiter vorne vermutet worden.

Belgien punktete mit Feelgood-Song

Gustaphe aus Belgien, der mit Boy George nicht nur die Hutliebe, sondern auch eine ähnliche Stimmfarbe teilt, wurde dafür belohnt, dass er einen der eher rarer gesäten Feelgood-Songs mit House- und Soul-Elementen auf die Bühne brachte: Es wurde Platz sieben. Dahinter landete Alika aus Estland mit „Bridges“ als bestplatzierte Ballade des Abends. Gesanglich beeindruckt waren hier vor allem die Jurys.

Allen Hair-Crimes und Klimabedenken (ein Auto auf der Bühne!) zum Trotz beeindruckten die australischen 80er-Rocker Voyager doch viele Fans und kamen damit auf Platz neun. Die Top Ten komplettierte die tschechische Sechs-Frauen-Band Vesna mit „My Sister’s Crown“. Sie bewiesen, dass auch eine recht komplexe Nummer mit politischem und feministischem Anspruch ziemlich erfolgreich sein kann. Einen Rang dahinter belegte Monika Linkyte für Litauen. Eigentlich hatte man den sehr dahinschunkelnden Song „Stay“ weiter hinten erwartet.

Trauerspiel für Deutschland und Großbritannien

Das fast erwartbare Trauerspiel wurde der Abend für Deutschland und Großbritannien. Für das Nachbarland wurde es wieder der letzte Platz, wenigstens blieb der Dark-Rock-Band Lord of the Lost die Höchststrafe von null Punkten erspart. 18 Pünktchen sollten es werden, davon sechs vom österreichischen Publikum. Der ironiefreie Auftritt mit wild aussehenden Latexverkleidungen wollte nicht recht mit der musikalisch solide-braven Rocknummer „Blood & Glitter“ zusammenpassen, die allerdings textlich genrebedingt „arg“ wirken musste.

Nichts geworden ist es auch mit einer dauerhaften Versöhnung von Großbritannien als Teilnehmerland: So sehr die Britinnen und Briten als Gastgeber beeindruckten, so wenig konnte Mae Muller mit „I Wrote a Song“ überzeugen. Stimmlich teilweise arg neben der Spur wirkte der Song dann doch ein bisschen billig und reichte nur für den 25. und damit vorletzten Platz.

Kroatisches Spektakel

Für den durchgeknalltesten Act des Jahrgangs musste man bis zur Startnummer 25 warten. Die kroatische Rockkabarettband Let 3 lieferte gefühlt drei Songs in einem und beinharte wie nach einem Strip im Feinripp auch beinbehaarte Politsatire. Die Jurys goutieren so etwas traditionell überhaupt nicht, dank Publikum wurde es noch Platz 13.

Kroatien: Let 3 – „Mama SC!“

Etwas netter im Auftreten komplettierte Nachbarland Slowenien die Riege der Bands im Finale: Joker Out loteten mit „Carpe Diem“ aus, wie weit man mit einer Indie-Nummer im Song Contest kommen kann: Nicht besonders weit, wie Platz 21 zeigt.

Unterkühltes Frankreich, irritierendes Spanien

Frankreich muss jetzt schon fast 50 Jahre auf einen Sieg beim Bewerb warten. Auch Sängerin La Zarra konnte daran nichts ändern. Von einer Art Säule ein leicht unterkühltes Elektrochanson herabsingend blieb sie, Überraschung, recht unnahbar. Zumindest gelang ihr das Kunststück, genau den Platz – den 16. – nach der Jurywertung auch am Ende zu halten.

Zu sehr spanisches Dorf blieb für die internationalen Zuseherinnen und Zuseher Blanca Paloma und ihr sehr atmosphärisch gehaltenes „Eaea“. Dabei waren dem spanischen Beitrag im Vorfeld viel bessere Chancen eingeräumt worden, bei den Jurys noch Neunte, wurde sie insgesamt 17.

Kein gutes Jahr für Ethnopop

Ethnopop, diesmal nur von Albanien und Moldawien im Repertoire, hat auch schon bessere Zeiten gesehen. Der Familienauftritt der Sängerin Albina brachte Albanien auf Platz 22. Moldawien setzte die zuletzt so beliebte Flöte in Kombination mit Dance-Beats, die Darbietung von Pasha Parfeni versank dann aber leider knietief in Esomystik, sodass es nur Rang 18 wurde.

Wirklich düster und apokalyptisch wurde es beim Serben Luke Black. Mit seiner Imitation von Trent Reznor von der US-Band Nine Inch Nails schaffte er es nur auf Platz 24.

Traurige Männer bleiben traurig

Die Erfolgsära von traurigen oder nachdenklichen Männerballaden scheint vorbei. Gewann 2019 der Niederländer Duncan Laurence noch mit „Arcade“ den Bewerb, bewahrheitete sich auch heuer wieder die Regel, dass Imitation von ehemals funktionierenden Rezepten keine ganz zündende Idee ist. So landete der für Zypern singende Australier Andrew Lambrou mit „Break a Broken Heart“ immerhin auf dem zwölften Rang, Remo Forrer aus der Schweiz wurde mit „Watergun“ nur 20.

Zypern: Andrew Lambrou – „Break a Broken Heart“

Großes Lob an das Gastland

Großes Lob von allen Seiten gab es für den Veranstalter Großbritannien: Die Show ging ziemlich reibungsfrei über die Bühne, die ihrerseits technisch und optisch alle Stücke spielte. Aus dem Moderationsteam stach vor allem die Schauspielerin Hannah Waddingham heraus, die für die größten Lacher des Abends sorgte. Und Lob und Anerkennung gab es auch dafür, wie stark das Siegerland 2022, die Ukraine, in die Austragung eingebunden wurde. 2024 wird der Song Contest dann in Schweden starten, bei den perfektionistischen Skandinavierinnen und Skandinaviern darf man sich schon jetzt Großes erwarten.