Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zusammen mit der Bürgermeisterin von Aachen
APA/AFP/Federico Gambarini
Deutschland-Besuch

Selenskyj nahm Karlspreis entgegen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Sonntag im deutschen Aachen den Karlspreis entgegengenommen. Der Politiker und das ukrainische Volk erhielten die Auszeichnung für ihre Verdienste um Europa. Bei der Zeremonie erneuerte Selenskyj seine Forderung nach einem raschen Beitritt seines Landes zu EU und NATO. In Berlin war der Präsident zuvor mit der deutschen Staatsspitze zusammengetroffen. Am Abend reiste er nach Paris weiter.

„Die EU wird nicht vollständig sein ohne die Ukraine“, sagte Selenskyj Sonntagabend in Aachen. Es gebe auch keine rationalen Gründe, der Ukraine die Mitgliedschaft in der NATO zu verweigern. Er stehe hier für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die für ihre Freiheit und für die Werte Europas kämpfen.

„Jeder von ihnen würde es verdienen, hier zu stehen.“ Selenskyj betonte, dass die Ukraine nichts lieber wolle als den Frieden – dieser könne in dem derzeitigen Konflikt aber nur mit einem Sieg gewonnen werden. Der Krieg in der Ukraine entscheide auch über das Schicksal Europas, weil es Russland darum gehe, die Geschichte der europäischen Einigung ungeschehen zu machen. Russland sei „zu jeder Grausamkeit und Gemeinheit fähig“.

Scholz sieht weiteres Zusammenwachsen in Europa

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz bezeichnete die Verleihung des Karlspreises an Selenskyj und sein Volk als Auftakt für das weitere Zusammenwachsen in Europa. In seiner Laudatio nannte Scholz dabei neben der Ukraine auch die Staaten des westlichen Balkans, Moldawien „und perspektivisch auch Georgien“.

Selenskyj in Berlin: Deutschland verspricht weitere Militärhilfen

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat nach seinem Besuch in Rom am Sonntag Berlin besucht. Neben Unterstützungserklärungen bekam er in Deutschland auch Zusagen für weitere Militärhilfe.

„Falls Wladimir Putin geglaubt hat, er könnte die ukrainische Nation mit Gewalt von ihrem Weg nach Europa abbringen, dann hat er – mit all seinen Panzern, seinen Drohnen und Raketenwerfern – nichts als das Gegenteil bewirkt“, sagte Scholz. „Ihr Freiheitswille und Ihre Widerstandskraft in dunkler Zeit spenden Hoffnung und Ihr Freiheitswille und Ihre Widerstandskraft in dunkler Zeit spenden Hoffnung und Inspiration weit über die Ukraine hinaus. An der Spitze des gesamten ukrainischen Volks verteidigen Sie die Werte, für die Europa steht.“

Von der Leyen würdigt ukrainisches Volk

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen würdigte das ukrainische Volk. „Sie kämpfen buchstäblich für Freiheit, Menschlichkeit und Frieden“, sagte sie. Sie sicherten mit ihrem Blut und ihrem Leben die Zukunft ihrer und auch unserer Kinder. Selenskyj habe den unbedingten Glauben, dass diejenigen, die für etwas kämpfen, immer stärker seien als diejenigen, die anderen ihr Joch aufzwingen wollen.

EU will schnellere Waffenhilfen für Ukraine

EU-Außenbeauftragter Josep Borrell hat bei einem Treffen der Außenministerinnen und -minister erneut dazu aufgerufen, Munitionslieferungen an die Ukraine zu beschleunigen.

Sie erinnerte auch an ihre erste Reise in der Ukraine nach Kriegsausbruch. „Ich habe die Massengräber neben der Kirche gesehen, die dicht an dicht liegenden Leichensäcke“, sagte sie mit Blick auf ihren Besuch des Kiewer Vororts Butscha, der im Frühjahr 2022 von russischen Truppen besetzt war und wo später die Leichen Hunderter Zivilpersonen gefunden wurden. „Ich werde niemals das Bild der unzähligen Kerzen vergessen“, betonte sie. Jede einzelne habe für das Leben eines Vaters, einer Mutter, eines Sohnes, einer Tochter, eines Bruders oder einer Schwester gestanden, das sinnlos ausgelöscht worden sei.

Die österreichischen Grünen gratulierten der Ukraine zum Erhalt des Karlspreises. „Der Mut und die Entschlossenheit, mit der die Ukrainerinnen und Ukrainer Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung gegenüber einem autoritären Aggressor verteidigen, verlangen nicht nur tiefen Respekt ab, sondern haben auch das übrige Europa näher zusammenrücken lassen“, sagte die Sprecherin der Grünen für Außenpolitik, Ewa Ernst-Dziedzic.

Selenskyj bittet Berlin um „Kampfjetkoalition“

Zuvor hatte Scholz der Ukraine die weitere Unterstützung Deutschlands zugesichert. „Wir unterstützen euch so lange, wie es nötig sein wird“, sagte der SPD-Politiker bei einem Treffen mit Selenskyj im Kanzleramt in Berlin. Bisher sei Hilfe im Wert von 17 Mrd. Euro geleistet worden.

Olaf Scholz und Wolodymyr Selenskyj
Reuters/Fabrizio Bensch
Selenskyj bekam Unterstützung aus Deutschland zugesichert

Der ukrainische Präsident bat Deutschland, sein Land in einer Koalition mit anderen Partnern durch die Lieferung moderner Kampfjets zu unterstützen. Die Ukraine arbeite während seines Besuchs in europäischen Hauptstädten daran, „eine Kampfjetkoalition zu schaffen“, sagte Selenskyj. Er werde sich auch an die deutsche Seite wenden mit der Bitte, die Ukraine in dieser Koalition zu unterstützen.

Scholz äußerte sich dazu zurückhaltend. Deutschland habe der Ukraine sehr viel geliefert. „Gerade was die Luftverteidigung betrifft, sind das sehr moderne Waffen mit dem PATRIOT-System, mit IRIS-T, was wir zur Verfügung stellen, was auch sehr wirksam ist.“

Selenskyj in Paris

Sonntagabend reiste Selenskyj nach Paris weiter. Regierungschefin Elisabeth Borne und Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna empfingen ihn auf dem Flughafen Velizy-Villacoublay. Selenskyj wird auch Staatspräsident Emmanuel Macron treffen. Macron hat bereits bekräftigt, dass sein Land die Ukraine weiter militärisch und humanitär unterstützen werde.

Selenskyj auch in Rom

Vor seinem Besuch in Deutschland warb Selenskyj in Rom bei Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella und Premierministerin Giorgia Meloni um Unterstützung und für eine Aufnahme seines Landes in die EU. „Die Zukunft der Ukraine ist eine Zukunft des Friedens und der Freiheit in Europa“, sagte Meloni, die der Ukraine volle Unterstützung mit Waffenlieferungen und humanitärer Hilfe garantierte.

Selenskyj in Rom

Unter höchster Geheimhaltung hat der Präsident der Ukraine, Selenskyj, am Samstag in Italien seine EU-Visite mit einem Besuch bei der italienischen Staatsführung und einer Audienz beim Papst begonnen.

Samstagnachmittag hatte Selenskyj zudem eine Audienz bei Papst Franziskus. Das Treffen war mit Spannung erwartet worden, denn der Papst betont immer wieder, jede Gelegenheit ergreifen zu wollen, um für Frieden in der Ukraine zu werben. Den Angreifer Russland nennt er bei solchen Gelegenheiten zumeist allerdings nicht.

In einem Fernsehinterview nach der Audienz beim Papst machte Selenskyj deutlich, dass die Ukraine keine Vermittler brauche. Mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin könne man nicht verhandeln: „Der Krieg ist in der Ukraine, und der Friedensplan muss ukrainisch sein.“