Ein Railjet der ÖBB
ORF.at/Christian Öser
Durchsage in Railjet

Hitler-Rede in Zug – Verdächtige angezeigt

Verstörende Durchsagen sind am Sonntag in einem ÖBB-Railjet abgespielt worden. Statt der üblichen Ansagen schallte eine Hitler-Rede mit „Heil Hitler“- und mehreren „Sieg Heil“-Rufen durch den Zug. Laut ÖBB wurden zwei Personen angezeigt, gegen sie wird wegen des Verbotsgesetzes ermittelt.

Die beiden Männer waren via Videoauswertung ausgeforscht worden, sie waren laut Angaben beim Aussteigen in Wien gut zu erkennen. Die Einspielungen erfolgten laut Bahn direkt im Zug über die Sprechstellen. Außerdem gab es minutenlang fehlerhafte und sinnlose Informationen. Es war nicht der erste derartige Vorfall.

Die Männer seien von den ÖBB angezeigt worden, sagte Roland Scherscher vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) Niederösterreich am Montag auf APA-Anfrage. Die Verdächtigen seien noch nicht befragt worden. Es handle sich um Fahrgäste, nicht um ÖBB-Personal.

Zuerst hatte der „Standard“ über den Vorfall berichtet. Der jüngste Zwischenfall passierte in einem Railjet, der von Bregenz nach Wien unterwegs war. Insgesamt drei Fälle, in denen die Lautsprecher „gekapert“ wurden, sind bekannt. Der Vorfall am Sonntag war der erste nach dem Verbotsgesetz, der dem LVT NÖ zur Kenntnis gebracht worden sei, so Scherscher weiter.

Immer auf gleicher Strecke

Die ÖBB sprachen von „technischen Störungen“. Die ersten beiden Vorfälle habe es in der Vorwoche gegeben, immer auf der Strecke zwischen St. Pölten und Wien, sagte ein ÖBB-Sprecher. Das Duo dürfte laut ÖBB die Sprechstellen, die es in jedem Waggon gibt, mit einem eigenen Schlüssel, den jeder Bahnmitarbeiter hat, geöffnet und dann die Aufnahmen abgespielt haben.

Dadurch werden die Notsprechstellen blockiert. „Selbst Kinderlieder abzuspielen ist kein Kavaliersdelikt“, bekräftigte der Sprecher. Hacker- oder Cyberangriff habe es definitiv keinen gegeben, betonte er.

Hitler-Rede statt Durchsage in ÖBB-Zug

In einem Zug der ÖBB sind am Sonntag Hitler-Reden über den Lautsprecher abgespielt worden. Zwei Verdächtige wurden bereits angezeigt.

Europaweit einheitlicher Schlüssel

Wie sie zu dem Schlüssel gekommen seien, wisse man nicht, es sei aber auszuschließen, dass es ÖBB-Mitarbeiter gewesen seien, sagte der Sprecher. „Es handelt sich um einen europaweit eingesetzten Standardschlüssel, von dem wahrscheinlich einige zehntausend Stück existieren.“ Da die Zugbegleiterteams beim Grenzübergang jeweils wechseln, sei es wichtig, europaweit ein einheitliches System zu haben, wurde gegenüber ORF.at betont.

Am Sonntag waren Ausschnitte aus einer historischen Aufnahme einer Hitler-Rede zu hören gewesen. Danach folgten mehrere „Sieg Heil“-Rufe. Die Verbreitung nationalsozialistischer Inhalte fällt unter Wiederbetätigung und ist strafbar.

Im Zug befanden sich auch Journalistinnen und der grüne Nationalratsabgeordnete David Stögmüller, sie und andere twitterten über den Vorfall: „Gerade wurden im Railjet 661 mehrmals ‚Sieg Heil‘-Rufe durch das Lautsprechersystem ausgestrahlt! Die Zugbegleiterin komplett hilflos. Ich hoffe, es erfolgt Anzeige und schleunigst Aufklärung!“, schrieb Stögmüller.

Im Railjet 661, der um 14.41 Uhr in Bregenz startete und um 21.46 Uhr im Wiener Hauptbahnhof ankam, wurde nicht wie üblich der nächste Halt angesagt, sondern es wurden zunächst etwa zehn Minuten lang über Lautsprecher in allen Waggons lautstark Hoppalas der Schauspielerin Chris Lohner eingespielt, seit vielen Jahren die Stimme der ÖBB-Durchsagen. Dann folgten Ausschnitte von Originalaufnahmen aus Hitler-Reden und „Heil Hitler“- und „Sieg Heil“-Rufe.

Laut Stögmüller war eine Zugbegleiterin darum bemüht, die Durchsagen zu stoppen. Das gelang ihr aber nicht.

Der Wiener Rabbiner Schlomo Hofmeister, der sich ebenfalls im Zug befand, sprach auf Twitter von „Nazi ‚Lausbuben‘“. Ihn habe aber vor allem verstört, dass manche der Passagiere zu lachen begonnen hätten und von den ÖBB der Vorfall ignoriert worden sei, anstatt diesen zu erklären.