Wind-Räder in Australien
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Ehrgeiziges Ziel

Australien will grüner werden

Australien will in Sachen Energie grüner werden. Das Land setzt sich ehrgeizige Ziele bei Klimaschutz und erneuerbarer Energie. Bis 2050 soll das fossile Zeitalter weitgehend Geschichte sein, so der Plan. Doch es gibt noch zahlreiche Hindernisse, etwa die riesige und politisch gewichtige Bergbauindustrie. Auch Energiesparen ist kein Thema.

Der Kontinent hat reichhaltige Kohle-, Öl- und Gasvorkommen, will aber zum Vorreiter bei erneuerbaren Energien werden. Innerhalb der nächsten 25 Jahre sollen Sonnen-, Wind- und Wasserkraft weitgehend die Energieversorgung im Land gewährleisten. Gleichzeitig will Australien zu einem der großen Wasserstoffproduzenten und -exporteure der Welt aufsteigen.

Australien mit seinen knapp 26 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen zählt zu den größten CO2-Verursachern weltweit. Pro Kopf und Jahr sind es an die 15,5 Tonnen, wie die Website „Our World in Data“ für das Jahr 2020 zeigt. Der Pro-Kopf-Ausstoß ist somit dreimal so hoch wie der weltweite Durchschnitt.

Große Solarenergie-Anlage
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Australien hat mit der Nyngan Solar Plant bereits jetzt eine der größten Solarenergieanlagen der Welt

Konservative Regierungen bisher Hemmschuh

Zwar hatte das Land schon früh auf Solarenergie gesetzt – mit der Forschung etwa begann man laut dem Unternehmen Integra Energy Group bereits in den 1950er Jahren, ab Ende der 1980er Jahre wurden Solarpanels vermehrt eingesetzt –, doch die Rohstoff- und Bergbauwirtschaft übte Widerstand aus und fand offenbar bei den konservativen Regierungen der letzten zehn Jahre Gehör.

Kohle, Öl, Gas und Erze zählen zu den wichtigsten Exportgütern Australiens, die Hafenanlagen zu den weltweit wichtigsten Umschlagplätzen. Nach dem Regierungswechsel vor einem Jahr von den Konservativen zu einer Mitte-links-Koalition unter dem Sozialdemokraten Anthony Albanese arbeitet man daran, den Ruf des Landes als CO2-Großemittent und Klimawandeltreiber loszuwerden. Nach langen Debatten tritt am 1. Juli ein neues Klimaschutzgesetz in Kraft.

Kohle-Mine in Australien
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Eine Kohlemine im Tagbau in Australien

Größte CO2-Verursacher im Visier

Es zielt primär auf die 215 Industrieanlagen mit dem größten CO2-Ausstoß ab. Diese Anlagen sind für ein Drittel aller Emissionen in Australien verantwortlich. Sie müssen in Zukunft die CO2-Menge pro Jahr um 4,9 Prozent verringern – durch Einsparungen und/oder den Kauf von Zertifikaten, so das neue Gesetz.

Im Vergleich zu 2005 sollen die Emissionen bis 2030 um mehr als 40 Prozent sinken. 2050 soll CO2-Neutralität erreicht sein, so das Ziel. Um die Erfolgswahrscheinlichkeit zu vergrößern, darf nur etwa die Hälfte der 116 geplanten neuen Gas- und Kohleprojekte in Australien verwirklicht werden. Gas und Kohle sind wichtige Einnahmequellen, so nimmt denn Australien auch beim Kohle- und Flüssiggasexport weltweit eine Spitzenposition ein.

Riesige Anlage für grünen Wasserstoff entsteht

Der geplante Abschied von fossilen Energien wird den Kontinent stark verändern. Zum einen zahlt der Bergbau vergleichsweise hohe Gehälter und trägt somit zum Wohlstand im Land bei. Zum anderen muss die Energieversorgung gewährleistet bleiben und gleichzeitig der Exportausfall kompensiert werden. Statt Gas, Öl und Kohle will Australien groß in die Wasserstoffproduktion einsteigen.

Luftaufnahme von Gladstone in Australien
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Eine Luftaufnahme von Gladstone – hier entsteht eine der weltgrößten Wasserstoffproduktionsanlagen

Gleichsam als Musterschüler will sich der australische Bundesstaat Queensland im Nordosten des Kontinents präsentieren. Nahe der Küste herrscht tagsüber meist Sonnenschein, und die Nacht ist an den Küsten von einem gleichmäßigen Wind vom Meer her geprägt. Neben Wind und Sonne will die traditionell in dem Bundesstaat sozialdemokratische Regierung auch Wasserkraft forcieren. Auf grünen Wasserstoff setzt man ebenfalls: Nahe der Hafenstadt Gladstone entsteht derzeit eine der weltgrößten Produktionsanlagen.

Elektrolyse-Gerät in einer Wasserstoff-Anlage
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Ein Elektrolysegerät in einer Wasserstoffanlage

Energiesparen kein Thema

In Summe will die Region bis 2035 umgerechnet mehr als 35 Milliarden Euro in den Ausbau erneuerbarer Energie stecken. Das umfasst auch die Infrastruktur und die Maßnahmen, um 2032 in Brisbane zumindest CO2-neutrale Olympische Sommerspiele veranstalten zu können. In Queensland etwa kommen derzeit an die 25 Prozent des Stroms aus Sonne, Wasser, Wind und Biomasse. In zehn Jahren soll der Anteil bei mindestens 70 Prozent liegen.

Kaum eine Rolle spielt allerdings ein geringerer Energieverbrauch. Wohnungen und Einfamilienhäuser sind zumeist schlecht oder gar nicht gedämmt. Im Individualverkehr steigt zwar die Zahl der Elektroautos. Der Anteil ist mit gut fünf Prozent allerdings noch gering – auch, weil es kaum Förderungen gibt.

Wind-Farm aus vielen Wind-Rädern in Australien
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Eine Windkraftfarm in Australien

Hinzu kommen in Australien die großen Distanzen. Es fehlt etwa an ausreichend Stromtankstellen. In den Ballungsräumen gewinnt allerdings der öffentliche Verkehr an Bedeutung. Überregional dient das Schienennetz hauptsächlich dem Gütertransport.

Europäisches Know-how gefragt

Damit die ehrgeizigen australischen Ziele bei der Energiewende einigermaßen im Zeitplan bleiben, braucht Australien das Wissen aus Europa bei Wind- und vor allem Wasserkraft. Bei Wasserstoff will man rasch agieren, denn ohne baldige Energiewende verliert das Land wertvolle Zeit, um beim Export von Wasserstoff genug Abnehmer zu finden – primär in der Region Südostasien.

Ein Kohle-Kran ins Australien
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Kohleabbau ist in Australien nach wie vor ein bedeutender Wirtschaftszweig

Australien ist für Österreich einer der wichtigsten Überseemärkte. Der Handelsbilanzüberschuss beträgt rund eine Milliarde Euro. Gefragt sind vor allem Maschinen, Fahrzeuge, Schienen und Getränke. Rund 140 heimische Firmen betreiben in Australien Niederlassungen. Oft betreuen sie den Markt Neuseeland mit.

Zusammenarbeit mit Österreich vereinbart

Bei der Energiewende in Queensland, dem zweitgrößten Bundesstaat, erwarten sich österreichische Firmen einige Aufträge, wie es auf einer Reise in die Region mit ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher hieß. So sind nahe Brisbane zwei große Pumpspeicherkraftwerke geplant.

Heimische Firmen hoffen, etwa auch bei Generatoren, Turbinen, Elektronik sowie Serviceleistungen zum Zug zu kommen. Bei einem Treffen von Kocher mit dem Energieminister von Queensland, Mick de Brenni, bekräftigten beide, bei Wasserkraft, grüner Technologie und Forschung intensiv zusammenarbeiten zu wollen.

Das EU-Freihandelsabkommen mit Australien steht vor dem Verhandlungsende. Schon wegen der geopolitischen Spannungen in der Region und vor allem mit China drängt die Regierung in Canberra auf mehr wirtschaftliche Möglichkeiten mit der EU, weniger Bürokratie und einheitliche Standards. Mit dem Nachbarn Neuseeland tritt wahrscheinlich bereits mit Jänner das EU-Freihandelsabkommen in Kraft.