Kind mit erwachsener Person
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60 Euro monatlich

Kritik und Lob für neues Familienpaket

Das am Mittwoch vorgestellte neue Entlastungspaket speziell für finanziell Schwächere und Familien hat Lob, aber auch viel Kritik hervorgerufen. Positiv wird gesehen, dass die Hilfe zielgerichtet ist, negativ, dass es sich um eine einmalige Aktion handelt. Es seien nun weitere, strukturelle Reformen notwendig, hieß es unter anderem von Caritas, Diakonie und Volkshilfe und auch vom WIFO.

Das Paket sei ein „erster wichtiger Schritt“, so die NGOs, nun sollten weitere für finanziell schwächere Familien und Sozialhilfeempfänger folgen. Caritas-Präsident Michael Landau zeigte sich erfreut, dass bei dem Paket „endlich Kinder im Fokus stehen“ und Menschen mit besonders wenig Einkommen. Klar sei aber auch, dass viele Menschen und Kinder weiter unter der Armutsgefährdungsschwelle bleiben werden. „Diese heute präsentierten Maßnahmen können nicht alles sein“, so die Caritas in einer Aussendung.

Das Nachschärfen zeige vielmehr, „dass das Sozialnetz in Österreich Menschen, speziell Kinder und Familien, nicht mehr ausreichend vor Armut schützt“, so Landau. Es sei unerlässlich, „an den grundsätzlich notwendigen Reformen der Sozial- und Versicherungsleistungen zu arbeiten“. Konkret forderte die Caritas eine Reform der Sozialhilfe, die Anhebung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sowie eine Erhöhung der Ausgleichszulage.

Ähnlich die Diakonie: Die neuen Unterstützungen seien hilfreich, „auch wenn sie eine grundlegende Reform der schlechten Sozialhilfe und eine Verbesserung der Arbeitslosenversicherung nicht ersetzen“. Das Paket solle der „erste Schritt zu einem Gesamtpaket gegen Kinderarmut in Österreich sein“, forderte Diakonie-Sozialexperte Martin Schenk.

Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger sagte ebenfalls, dass die Maßnahmen nicht strukturelle Reformen etwa beim Arbeitslosengeld ersetzen. Auch sei eine „Totalreform“ der Sozialhilfe notwendig.

AK: „Kleines Pflaster auf große Wunde“

Es sei „gut, dass die Regierung jetzt in die Gänge kommt“, so die Präsidentin der Arbeiterkammer (AK), Renate Anderl. Das Paket sei aber nur „ein kleines Pflaster auf eine große Wunde“. Längst fällig seien ein nationaler Aktionsplan gegen Kinderarmut und ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das sicherstelle, dass in Österreich niemand hungern oder frieren müsse. Für nachhaltige Armutsbekämpfung brauche es mehr als Geld: Sachleistungen wie Kinderbildung und -betreuung müssten ausgebaut werden. Die AK forderte auch eine direkte Bekämpfung der Teuerung.

Als „unzureichend“ bezeichnete das Paket der Gewerkschaftsbund, es fehle „Wesentliches“, so ÖGB-Vizepräsidentin und -Frauenvorsitzende Korinna Schumann in einer Aussendung. Der Familienzuschlag für Arbeitslose sei „seit Ewigkeiten“ nicht valorisiert worden, zudem müsse „das Arbeitslosengeld dringend auf 70 Prozent der Nettoersatzrate erhöht werden“. Der ÖGB vermisste mehr Absicherung gegen Armut. Schumann verlangte erneut preissenkende Maßnahmen und verwies u. a. auf die Forderung nach einem Aussetzen der Mehrwertsteuer auf wichtige Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs.

Lob für Abkehr von „Gießkanne“

Lob kam von Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker, die nun Hilfen für jene sieht, „die sie wirklich brauchen“. Sie habe „das Prinzip Gießkanne immer kritisiert. Der Staat kann nicht unendlich viel Geld verteilen.“ Der Rechnungshof trete immer dafür ein, „Hilfsmaßnahmen gezielt einzusetzen“.

Erfreut zeigte sich auch WIFO-Chef Gabriel Felbermayr: „Sehr positiv & hilft. Fokus auf Kinder ist genau richtig, weil zielgerichtet“, schrieb er via Twitter. „Der nächste Schritt könnte sein, dauerhafte Lösungen zu finden, damit Kinderarmut erst gar nicht entsteht“, sprach auch er strukturelle Reformen an.

Teuerungsausgleich für finanziell Benachteiligte

Die Regierung hat am Mittwoch ein Maßnahmenpaket präsentiert, von dem insbesondere Familien mit Kindern profitieren sollen. Um die Teuerung abzufedern, sollen sie pro Kind 60 Euro monatlich mehr erhalten.

Das Rote Kreuz verwies darauf, dass die Inflation noch länger hoch bleiben dürfte, daher seien die Befristungen bei den Unterstützungsleistungen nicht sinnvoll, so Gerald Schöpfer, Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes. Es brauche eine langfristige Absicherung von Menschen in akuten Notsituationen, wurde Rotkreuz-Generalsekretär Michael Opriesnig in der Aussendung zitiert, der auf die derzeit hohen Energiekosten und die Hilfsangebote der eigenen Organisation verwies.

Opposition fordert weitere Schritte

Die Opposition sieht ebenfalls Bedarf für weitere Schritte. Die SPÖ kritisierte, dass die Regierung nicht die Ursache bekämpfe und keine Maßnahmen ergreife, die Preise zu senken. Stattdessen werde versucht, Symptome zu lindern. „Menschen durch verfehlte Politik in die Armut zu treiben und ihnen dann Almosen zu geben ist weder gerecht noch ökonomisch sinnvoll. Und es ist unmoralisch“, so SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner auf Twitter.

„Ein weiterer Tag vergeht, ohne dass die Inflation bekämpft wird“, so auch Sozialsprecher Josef Muchitsch. Die Regierung rücke aktuell jeden zweiten Tag aus, „um den selbst verursachten Totalschaden mit Pflastern behelfsmäßig zu kaschieren“, so Muchitsch via Aussendung. Strukturelle Maßnahmen forderten auch SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner und SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer.

„Kein Grund zum Jubeln“

Die FPÖ sah „keinen Grund zum Jubeln“ und kritisierte die Regierung dafür, dass die Inflation in Österreich im Gegensatz zu den meisten EU-Ländern weiter im Steigen begriffen sei. „Die Ursachen für diesen permanent hohen Inflationswert liegen eindeutig in der schwarz-grünen Handlungsunfähigkeit“, meinte FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch in zwei Aussendungen. Sie forderte eine Anhebung der Verdienstgrenze und regte Sachleistungen an – insgesamt sei das Paket jedenfalls zu wenig und „viel zu spät“.

Erfreut darüber, dass die Regierung „diesmal die Gießkanne nicht ausgepackt hat“, zeigte sich dagegen NEOS. „Treffsichere Hilfen, die wirklich dort ansetzen, wo sie dringend gebraucht werden, haben wir NEOS immer gefordert“, so Familiensprecher Michael Bernhard. Auch er vermisste allerdings strukturelle Reformen und forderte einmal mehr eine Senkung der Lohn- und Einkommensteuer, insbesondere für Alleinerziehende.

„Positiv“ bewertete die Bundesjugendvertretung (BJV) das Paket. Allerdings verlangte auch die BJV eine „langfristige Strategie“. „Wir plädieren für die Einführung einer Kindergrundsicherung, um Kinderarmut präventiv und nachhaltig zu bekämpfen“, sagte BJV-Vorsitzende Rihab Toumi.