Türkei-Wahl: Opposition sieht Wahlfälschung

Nach der Parlaments- und Präsidentenwahl am Sonntag hat die Opposition Beschwerde zur Auszählung der Stimmen eingereicht. Stimmen seien bei beiden Wahlen falsch oder gar nicht ins System eingetragen worden.

Die Einsprüche kamen aber nicht nur vonseiten der Partei CHP von Kilicdaroglu, auch die prokurdische Grüne Linke Partei (YSP) sowie die türkische Arbeiterpartei TIP erhoben Einsprüche gegen Fehler bei der Stimmenzählung. Der Präsident der Wahlbehörde, Ahmet Yener, versprach gestern, die gemeldeten Beschwerden zu überprüfen und zu kooperieren.

Der Vizevorsitzende der größten Oppositionspartei CHP, Muharrem Erkek, sagte: „Wir werden jeder Stimme nachgehen, auch wenn sie das Gesamtergebnis nicht viel ändert.“ In mehr als 7.000 Fällen stimmten die Protokolle der CHP nicht mit den bei der Wahlbehörde eingegebenen Daten überein, so Erkek. Das System hätte ein Programm, das die Zahlen überprüft und meldet, wenn sie nicht mit der Stimmregistrierung der türkischen Wahlbehörde übereinstimmt.

Laut Erkek seien 4.825 Urnen zum Nachteil der CHP und ihrem Bündnispartner, der Iyi-Partei, eingetragen worden. Auch bei der Präsidentschaftswahl gebe es Unregelmäßigkeiten, 2.269 Wahlurnen seien fehlerhaft eingetragen worden. Bei der Zählung der Auslandsstimmen seien ebenfalls einige Urnen noch nicht im System, sagte Erkek.

Opposition: „Handschriftliche Belege“

Die prokurdische Oppositionspartei HDP, die bei den Wahlen als die Grüne Linke Partei YSP antrat, spricht von mehr als 2.000 Stimmen, die in ihren Hochburgen fälschlicherweise dem Regierungsbündnis zugeschrieben worden.

Es gebe handschriftliche Belege, die das beweisen, so die Partei. Nach dem Einspruch seien die Fehler von der türkischen Wahlkommission YSK sofort behoben worden, sagte Mehmet Rüstü Tiryaki, Sprecher und Vertreter der YSP in der Wahlkommission. Die Frage sei aber, ob hier ein Fehler oder Wahlbetrug vorliegt, so Tiryaki.

Bei der Präsidentenwahl hatte Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan zwar die meisten Stimmen erhalten, verpasste aber die absolute Mehrheit knapp. Er muss nun am 28. Mai gegen den Zweitplatzierten, Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu, in einer Stichwahl antreten. Im Parlament konnte das Regierungsbündnis Erdogans vorläufigen Daten zufolge die Mehrheit halten.

Viele Belege kursierten daraufhin in den sozialen Netzwerken, und es kam zu Protesten vor der türkischen Wahlkommission. Es kam dabei zu Festnahmen. Wahlbeobachter bemängelten international einen unfairen Wahlkampf und mangelnde Transparenz bei der Abstimmung. Die Wahlbeteiligung betrug laut türkischen Medien zwischen 90 und 97 Prozent.

Türkei bestellt deutschen Botschafter ein

Die Türkei bestellte den deutschen Botschafter wegen des Vorgehens der deutschen Behörden gegen zwei türkische Journalisten in Hessen ein. Die Journalisten der Zeitung „Sabah“ seien festgenommen worden, was die türkische Presse „einschüchtern und bedrängen“ sollte, erklärte das türkische Außenministerium heute.

Eine Festnahme der beiden Journalisten wurde von den deutschen Behörden nicht bestätigt, doch gab es Durchsuchungen in deren Privatwohnungen.