TikTok auf einem Smartphone
AP/Tommy Martino
Montana

Erster US-Bundesstaat verbietet TikTok

Montana ist der erste US-Bundesstaat mit einem TikTok-Verbot. Gouverneur Greg Gianforte unterzeichnete am Mittwoch ein entsprechendes Gesetz, das 2024 in Kraft treten soll. Damit wolle er die „persönlichen und privaten Daten der Menschen in Montana vor der Kommunistischen Partei Chinas schützen“, erklärte Gianforte im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der Bundesstaat zählt etwas mehr als eine Million Einwohnerinnen und Einwohner.

TikTok darf dem Gesetz zufolge nicht in Montana genutzt werden. Jedes Mal, wenn ein Nutzer auf TikTok zugreift, ihm der Zugriff auf TikTok oder die Möglichkeit zum Herunterladen angeboten wird, handelt es sich um einen Verstoß gegen das Gesetz. Für jeden Verstoß droht eine Geldstrafe von 10.000 Dollar pro Tag. Apple und Google müssen demzufolge TikTok aus ihren App-Stores entfernen.

Das Gesetz, das Mitte April vom Parlament in Montana verabschiedet worden war, wird mit großer Sicherheit vor Gericht angefochten werden. Die politische Führung des Bundesstaates „trampelt im Namen einer chinafeindlichen Stimmung“ auf dem Recht auf freie Meinungsäußerung von Hunderttausenden Menschen in Montana herum, „die die App nutzen, um sich zu äußern, Informationen zu sammeln und kleine Geschäfte betreiben“, kritisierte Keegan Medrano von der Bürgerrechtsorganisation ACLU in Montana.

„Unrechtmäßiges Verbot“

Eine Unternehmenssprecherin von TikTok erklärte, das vom Gouverneur unterzeichnete Gesetz verletze die Rechte der Menschen in Montana durch ein „unrechtmäßiges Verbot“. Die vom chinesischen Konzern ByteDance betriebene App steht im Verdacht, der Kommunistischen Partei Chinas den Zugriff auf Nutzerdaten zu ermöglichen. Zuletzt hatten mehrere westliche Staaten Angestellten im öffentlichen Dienst die Nutzung von TikTok auf Diensthandys untersagt.

TikTok ist mit mehr als einer Milliarde Nutzerinnen und Nutzern weltweit besonders in der jüngeren Generation beliebt. Der Kurzvideodienst hat bereits andere Netzwerke wie YouTube, Twitter, Instagram und Facebook hinsichtlich der auf ihnen verbrachten Zeit überholt.

Fachleute warnen jedoch davor, dass die App von der Kommunistischen Partei Chinas für Spionage- oder Propagandazwecke benutzt werden könnte. Die chinesische Regierung hatte bestritten, chinesische Unternehmen zur Herausgabe von im Ausland gesammelten persönlichen Nutzerdaten zu drängen.

Chinesisches Unternehmen nach amerikanischem Vorbild

TikTok ist zwar die einzige Onlineplattform mit globaler Reichweite, die nicht aus den USA stammt, ihre Entwicklung ist aber eng mit der anderer westlicher Tech-Unternehmen verflochten. ByteDance-Gründer Zhang Yiming zeigte sowohl in politischer als auch in kultureller Hinsicht eine Vorliebe für den Westen und setzte sich unter anderem gegen chinesische Zensur im Internet ein, besuchte das Silicon Valley und beriet sich mit amerikanischen Investoren. 2017 erwarb er die chinesische Lipsync-Plattform Musical.ly, die in den USA bereits populär war und aus der schließlich TikTok hervorging.

Als Zhang ByteDance 2012 gründete, war Xi Jinping noch nicht an der Macht, und man konnte sich noch vorstellen, dass sich das Land auf einem Weg zu mehr Reformen und Offenheit bewegen würde, so die „New York Times“ („NYT“). Doch unter Xi wurde diese Hoffnung im Keim erstickt. TikTok selbst ist in China nicht verfügbar – die Nutzer dort müssen auf eine andere ByteDance-App zugreifen, die den Richtlinien der chinesischen Regierung zu Zensur und Propaganda folgt.

Nicht an Börse notiert

Der TikTok-Mutterkonzern ByteDance ist nicht an der Börse notiert und muss keine Geschäftszahlen veröffentlichen. Seine Erlöse seien 2022 aber um mehr als 30 Prozent auf über 80 Milliarden Dollar (rund 74 Mrd. Euro) gestiegen, schrieben die Website The Information und der Finanzdienst Bloomberg unter Berufung auf ByteDance-Investoren.

Wie viel genau TikTok zum Konzernumsatz beitrug, blieb unklar. Es dürfte weiterhin ein geringer Anteil sein, während der Großteil des Geschäfts im Heimatmarkt erwirtschaftet wird. ByteDance betreibt dort die separate chinesische TikTok-Variante Douyin. The Information verwies darauf, dass TikTok für das Jahr im November Werbeeinnahmen von rund zehn Mrd. Dollar vorhergesagt habe, zweieinhalbmal so viel wie 2021.

TikTok betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Konzerns, da ByteDance zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren sei und der offizielle Firmensitz auf den Cayman-Inseln in der Karibik liege. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und ByteDance eine große Zentrale in Peking habe.