Blick auf den Südspitz von Manhattan
ORF/Mona Harfmann
Zu schwer

Wolkenkratzer bringen New York zum Sinken

Einer neuen Studie zufolge sinkt die US-Weltstadt New York wegen des Gewichts ihrer Wolkenkratzer durchschnittlich ein bis zwei Millimeter pro Jahr. Dadurch könnte die Metropole künftig stärker von Überflutungen betroffen sein als andere Küstenstädte. Denn das Absinken verschärft den Anstieg des Meeresspiegels durch die global steigenden Temperaturen weiter. Grund zur Panik bestehe zwar keiner – das Risiko müsse bei der Stadtentwicklung aber berücksichtigt werden, appellieren die Forschenden.

„New York City sieht sich einem zunehmenden Überschwemmungsrisiko durch den Anstieg des Meeresspiegels, Senkungen und die zunehmende Intensität von Stürmen aufgrund natürlicher und anthropogener Ursachen gegenüber“, heißt es in der kürzlich publizierten Studie vom United States Geological Survey im Fachjournal „Earth’s Future“.

Der Wirbelsturm Sandy sorgte schon 2012 dafür, dass Teile der Metropole von Meerwasser überflutet wurden. Die starken Regenfälle des Wirbelsturms Ida brachten 2021 das Abwassersystem zum Überlaufen, sodass wieder Teile der Stadt unter Wasser standen.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

„Eindeutige Bedrohung für Küstenstädte“

Studien zufolge dürfte der Klimawandel künftig für mehr Wirbelstürme im Raum New York sorgen, außerdem könnte der Meeresspiegelanstieg an der US-Ostküste drei- bis viermal stärker ausfallen als anderswo auf der Welt. Das Wasser an der Küste New Yorks ist laut den Erkenntnissen der Studie seit 1950 um bereits um etwa 22 Zentimeter gestiegen.

Es werde erwartet, dass der globale Meeresspiegel bis 2050 um 200 bis 600 Millimeter ansteige. Das stelle eine „eindeutige Bedrohung für Küstenstädte dar“, warnen die Forscherinnen und Forscher. In New York City seien 8,4 Millionen Menschen auf unterschiedliche Art und Weise von den Überschwemmungen bedroht. Da Küstenstädte weltweit wachsen würden, führe die Kombination aus baulicher Verdichtung und dem Anstieg des Meeresspiegels zu einer zunehmenden Überschwemmungsgefahr.

Schwere Gebäude steigern Überflutungsrisiko

Denn auch die hohen und schweren Gebäude in New York City steigern die Überflutungsgefahr. Mittels Modellierungen und Schätzungen bestimmte das Forschungsteam vom United States Geological Survey das Gesamtgewicht der 1.084.954 Gebäude in der Stadt auf 764 Millionen Tonnen – was laut „Guardian“ ungefähr dem Gewicht von 140 Millionen Elefanten entspricht.

Dieses enorme Gewicht drückt auf verschiedene Materialien im Boden der Stadt. Während viele der größten Gebäude auf festem Grundgestein wie Schiefer stünden, gebe es auch eine Mischung aus anderen Materialien, die überbaut wurden, was zu einem Senkungseffekt beitrage. In vielen Teilen der US-Ostküste würde der Effekt auch auf natürliche Weise eintreten, da das Land auf den Rückgang der Gletscher nach dem Ende der letzten Eiszeit reagiere, schreibt der „Guardian“.

Blick auf Jersey City
ORF/Mona Harfmann
Die Gebäude in New York City senken die Stadt jährlich um ein bis zwei Millimeter

Absenkung hängt auch von Bodenart ab

Die konkrete Absenkungsrate hängt laut dem Forschungsteam auch von den Bodenarten ab. Lehmböden und künstlich aufgefüllte Flächen hätten durch die Bebauung ein Absenkungspotenzial von 7,5 bis 60 Zentimetern, mit einem Mittelwert von gut 29 Zentimetern. Küstennähere Bereiche mit weicherem Untergrund seien deutlich stärker betroffen. Andere Böden seien weniger anfällig, der Auflast nachzugeben, mit Mittelwerten von sechs bis zwölf Zentimetern.

„Das ist kein Grund zur Panik, aber es handelt sich um einen fortlaufenden Prozess, der das Risiko von Überschwemmungen erhöht“, zitiert der „Guardian“ Tom Parsons, Geophysiker beim US Geological Survey, der die Studie leitete. Je weicher der Boden sei, desto größer sei der Druck, der von den Gebäuden ausgeht. „Es war kein Fehler, in New York so große Gebäude zu errichten, aber wir müssen einfach bedenken, dass jedes Mal, wenn wir dort etwas bauen, der Boden ein bisschen mehr zusammengedrückt wird.“

Bewusstsein bei Stadtplanung schärfen

Mit dem Forschungsbeitrag solle das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass „jedes zusätzliche Hochhaus, das an Küsten, Flüssen und Seen gebaut wird, zum künftigen Überschwemmungsrisiko beitragen könnte und möglicherweise Strategien zur Schadensbegrenzung erforderlich sind“, so der Appell der Forschenden.

Nach dem Wirbelsturm Sandy seien 90 Prozent der Gebäude in überschwemmungsgefährdeten Gebieten nicht nach den Standards für Überschwemmungsgebiete gebaut worden, die Entnahme von Grundwasser könne zu weiteren Absenkungen führen.

Wegen der Auffüllung von Nebenflüssen bringen der East River und der Harlem River kaum noch Sedimente in den Hafen von New York. Das mache die Stadt anfälliger für Überflutungen durch Nordostwinde und Wirbelstürme. Betroffen sein dürfte vor allem Lower Manhattan: Die Südspitze des zentralen Bezirks liegt gerade einmal ein bis zwei Meter über dem Meeresspiegel.