G7 Gipfel in Hiroshima
AP/Jonathan Ernst
Gegenüber Peking und Moskau

G-7-Staaten rücken enger zusammen

Angesichts der wachsenden Konkurrenz mit autoritär regierten Staaten wie Russland und China rücken die G-7-Staats- und -Regierungschefs enger zusammen. Auf ihrem dreitägigen Gipfeltreffen im japanischen Hiroshima beschlossen sie am Samstag, Abhängigkeiten ihrer Volkswirtschaften zu reduzieren, neue Technologien zu fördern und politischen Druck abzuwehren.

Die sieben führenden westlichen Industriestaaten setzten sich auch neue Ziele beim Klimaschutz und forderten eine Regulierung künstlicher Intelligenz (KI), wie aus der Gipfelerklärung hervorgeht. Der Ukraine wurde zudem anhaltende Unterstützung im Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg zugesagt. Zudem traf der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Hiroshima ein, der am Sonntag zu den G-7-Gesprächen dazustoßen soll. Bereits am Freitag waren neue Sanktionen gegen Russland angekündigt worden.

Russland und China reagierten verstimmt. Die G-7-Beschlüsse zielten auf eine „doppelte Eindämmung“ beider Länder ab, erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow im russischen Fernsehen. Er bekräftigte die russische Sichtweise, dass der Westen Russland als geopolitischen Wettbewerber beseitigen wolle. Die chinesische Botschaft in Japan beschuldigte die G-7-Staaten der Blockbildung und Konfrontation.

G7 Gipfel in Hiroshima
Reuters/Brendan Smialowski
Die G-7-Staaten luden mehrere Schwellenländer ein und warben um deren Kooperation

Werben um Schwellenländer

Am Samstag standen Beratungen mit Gastländern wie Indien, Indonesien, Vietnam und Brasilien im Zentrum. Dabei ging es auch um einen neuen Kurs der G-7 im Umgang mit China. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte dabei nach Teilnehmerangaben, dass die G-7-Staaten den Schwellen- und Entwicklungsländern mehr zu bieten hätten als China und Russland.

„Viele Länder des Globalen Südens haben schlechte Erfahrungen mit China gemacht. Sie haben chinesische Kredite aufgenommen und sind in eine Schuldenkrise geraten“, sagte sie. „Alles, was Russland diesen Ländern zu bieten hat, sind Waffen und Söldner.“

USA: F-16-Flugzeuge für Ukraine

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt am G-7-Gipfel im japanischen Hiroshima teil. US-Präsident Joe Biden hat bereits die Lieferung von F-16-Flugzeugen an die Ukraine angekündigt.

Deutliche Kritik gepaart mit Willen zu Kooperation

Gegenüber China wollen die wichtigsten westlichen Industriestaaten laut Beschluss einen zweiteiligen Kurs fahren: Zum Bekenntnis der Kooperation kommen in der 40-seitigen Gipfelerklärung deutliche Warnungen wegen der Lage der Menschenrechte, unfairen Wettbewerbs und der Spannungen um Taiwan.

Ausdrücklich wird die Bereitschaft zu einer „konstruktiven und stabilen Beziehung“ betont. „Wir handeln aus unserem nationalen Interesse“, heißt es. „Angesichts der Rolle in der internationalen Gemeinschaft und der Größe der Wirtschaft ist es notwendig, mit China zu kooperieren“, betont die Gruppe der Sieben.

Als Felder der Zusammenarbeit werden etwa der Klima- und Gesundheitsschutz und die Stabilisierung der Weltwirtschaft genannt. „Unser Politikansatz ist es nicht, China zu schaden. Wir wollen Chinas wirtschaftlichen Fortschritt und die Entwicklung nicht behindern“, wird ausdrücklich unterstrichen.

Keine „Entkoppelung“ von China

In den Wochen vor dem Gipfel hatte es Diskussionen gegeben, weil die USA eine härtere Wortwahl gegen China durchsetzen wollten. Es sei keine „Entkoppelung“ geplant, wird nun betont – aber gleichzeitig verweist die G-7 darauf, dass sie nicht leichtgläubig sei. „Wir erkennen an, dass die ökonomische Widerstandskraft es erfordert, Risiken abzubauen (de-risking) und zu diversifizieren.“

Man wolle vor allem die zu große Abhängigkeit von China in wichtigen Lieferketten verringern, heißt es in Anspielung etwa auf Rohstoffe. In den Beratungen wurde eine Passage entschärft, die eine Investmentüberprüfung vorsah. Jetzt heißt es nur: „Wir erkennen auch die Notwendigkeit an, bestimmte fortgeschrittene Technologien zu schützen, die unsere nationale Sicherheit bedrohen könnten, ohne den Handel und die Investitionen übermäßig einzuschränken.“

Chinesische Kriegsschiffe nahe Taiwan
AP/CCTV
Chinesische Kriegsmarine bei Übung vor Taiwan: Die G-7 sieht Xi Jinpings angriffslustiges Auftreten mit Sorge

Gegen illegalen Technologietransfer

In dem Entwurf finden sich aber auch mahnende Botschaften an die Führung in Peking: Man bestehe auf gleichen Bedingungen bei der wirtschaftlichen Kooperation und werde illegalen Technologietransfer bekämpfen. „Wir werden die Widerstandskraft gegen ökonomischen Zwang verstärken“, heißt es zudem in Bezug auf den Vorwurf, dass China auch politischen Druck über wirtschaftliche Abhängigkeiten ausübt. In einer zusätzlichen Erklärung wird betont, man sehe es mit Sorge, dass einzelne Staaten wirtschaftliche Abhängigkeiten zu politischem Druck nutzten.

Kritik bei Taiwan, Tibet und Uiguren

Zugleich zeigen sich die G-7-Länder besorgt über die regionalen Spannungen in Ost – und Südostasien. Es habe sich nichts an der G-7-Position geändert, dass es nur eine friedliche Lösung zwischen China und Taiwan geben dürfe, das die Führung in Peking als abtrünnige Provinz erachtet. In der Erklärung wird auch die Besorgnis hinsichtlich der Menschenrechtslage in Tibet und der mehrheitlich von Uiguren bewohnten Region Xinjiang angesprochen sowie auf Freiheiten und Autonomie für die frühere britischen Kronkolonie und jetzige Sonderverwaltungszone Hongkong gepocht.

China wird zudem aufgefordert, Russland zu einem Kriegsende in der Ukraine zu bewegen. Die Volksrepublik werde „ermutigt“, umfassende Friedensinitiativen zu unterstützen, die die territoriale Integrität der Ukraine respektierten.

Wichtiges Forum für Selenskyj

Am Sonntag will der ukrainische Präsidenten Selenskyj zunächst bei den G-7-Staaten um weitere Hilfen und dann auch bei den Gastländern wie Indien um Unterstützung werben, die in dem Krieg mit Russland bisher neutral sind und vom Kauf billigen russischen Öls wirtschaftlich profitieren.