Pro-EU Demo in Chisinau
Reuters/Vladislav Culiomza
Moldawien

Zehntausende bei proeuropäischer Demo

In Moldawien haben am Sonntag Zehntausende für einen Beitritt zur Europäischen Union demonstriert. Nach Polizeiangaben versammelten sich mehr als 75.000 Menschen zu der Kundgebung im Zentrum der Hauptstadt Chisinau. Zu der Kundgebung hatte nach mehreren prorussischen Demos die Präsidentin Maia Sandu aufgerufen. Moldawien befürchtet, nach der Ukraine zum nächsten Ziel Moskaus zu werden.

„Wir sind gekommen, um laut, mit Selbstbewusstsein und Stolz zu sagen, dass der Platz Moldawiens in der Europäischen Union ist!“, sagte Sandu bei der Kundgebung. Die Staatschefin sagte, dass ihr Land der EU bis 2030 beitreten wolle.

„Das ist die Chance für unser Volk, in Frieden und Wohlstand zu leben“, sagte Sandu weiter. Die für die Mitgliedschaft notwendigen Kriterien zu erfüllen sei „ein Weg großer Anstrengungen“, es sei aber „der einzige Weg“.

Demonstration für EU-Beitritt Moldawiens

Zehntausende Menschen haben bei einer Großkundgebung in der moldawischen Hauptstadt Chisinau eine europäische Zukunft für ihr Land eingefordert. Zu der Demonstration rief nach mehreren prorussischen Demos Präsidentin Maia Sandu auf. Moldawien befürchtet, nach der Ukraine zum nächsten Ziel Moskaus zu werden.

Seit russischem Überfall auf Ukraine EU-Kandidat

Das 2,6 Millionen Einwohner zählende Land wurde im Juni 2022 wie das Nachbarland Ukraine zum EU-Beitrittskandidaten. Moldawien sieht eine Mitgliedschaft als Versicherung, nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine nicht zum nächsten Ziel Moskaus zu werden.

Allerdings finden auch regelmäßig prorussische Demonstrationen in Moldawien statt – auch für diesen Sonntag wurde auf dem Land zu solchen Kundgebungen aufgerufen. In Moldawiens prorussischer Separatistenregion Transnistrien hat Russland bereits Soldaten stationiert.

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sprach ebenfalls bei der Kundgebung in Chisinau und sagte, die EU werde die Bestrebungen Moldawiens unterstützen. Das Land sei „bereit für die europäische Integration“, fügte sie hinzu.

Europäischer Gipfel am 1. Juni

Die 35-jährige Studentin Aurica Baltag nahm mit ihren beiden Kindern an der Demonstration teil. Sie wolle, dass die beiden „eine schöne Zukunft in unserem Land“ haben und „frei leben“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. „Wir gehen gerade durch eine schwere Zeit“, führte Baltag fort. „Der Krieg in unserem Nachbarland ist sehr belastend für uns. Wir hoffen, dass wir nicht im Schatten gelassen werden.“

Am 1. Juni findet in Moldawien der Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft statt. Er bringt die Spitzen von allen 27 EU-Ländern mit 20 Nachbarstaaten zusammen. Bis zu einer EU-Mitgliedschaft jedoch könnte es für Moldawien noch ein Jahrzehnt oder länger dauern, da das Land für den Beitritt eine lange Liste von Anforderungen erfüllen muss.

Im Februar war die moldawische Regierung mit Premierministerin Natalia Gavrilita zurückgetreten. Sandu hatte daraufhin einen Vertrauten, Dorin Recean, als Nachfolger für Gavrilita ernannt. Im Parlament wurde Recean am 16. Februar mit 62 von 101 Stimmen bestätigt. Die von Sandu gegründete PAS hält eine komfortable Mehrheit (63 von 101 Sitzen).

Moldawische Präsidentin Maia Sandu
Reuters/Vladislav Culiomza
Präsidentin Sandu spricht auf der Kundgebung

Mehrfach stark unter Druck

Kurz vor dem Regierungswechsel hatte das Außenministerium bekanntgegeben, dass eine russische Rakete den moldawischen Luftraum in Richtung Ukraine durchquert habe. Das Land steht in mehrerlei Hinsicht unter starkem Druck. Eine schwere Energiekrise setzt den Menschen zu, seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine kommt kaum mehr Gas ins Land.

Hinzu kommt, dass in der abtrünnigen Region Transnistrien das vor allem für die Hauptstadt wichtige Kraftwerk Ciugurdan steht – ein Trumpf in der Hand der von Moskau-Getreuen beherrschten Region. Die Energielieferungen von dort wurden stark gedrosselt.

Russische Angriffe auf ukrainische Infrastruktur verstärkten das Problem – auch die Lieferungen aus der Ukraine fielen aus. Die Folge im zweitärmsten Land Europas sind häufige Stromausfälle und kalte Wohnungen. Die Preise für Energie stiegen stark, Gavrilitas Regierung stand deshalb schwer in der Kritik, es kam zu Protesten.

Der russlandfreundliche Ex-Präsident Igor Dodon sagte, die Führung sei überfordert und habe das Land in eine tiefe Krise gestürzt. Als Vertreter der Opposition forderte er eine vorgezogene Parlamentswahl.

Unter russischem Einfluss

In Transnistrien sind nicht nur russische Truppen stationiert, sondern Schätzungen zufolge auch bis zu 15.000 moskautreue Paramilitärs. Sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung gibt es eine starke Kluft zwischen prowestlichen und prorussischen Strömungen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte im Februar in Brüssel davor gewarnt, dass Russland plane, die Kontrolle über Moldawien zu übernehmen, und von detaillierten russischen Plänen dafür gesprochen. Auch viele westliche Vertreter werfen Russland vor, die Lage in dem verarmten Agrarstaat destabilisieren zu wollen.