Griechischer Premierminister Kyriakos Mitsotakis
Reuters/Louiza Vradi
Keine Mehrheit für Alleinregierung

Konservative gewinnen Griechenland-Wahl

Bei der Parlamentswahl in Griechenland hat die Partei von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis laut Hochrechnung einen Sieg eingefahren, eine Regierungsmehrheit aber verfehlt. Am wahrscheinlichsten ist nun eine Neuwahl im Sommer.

Die seit vier Jahren regierende konservative Partei Nea Dimokratia (ND) kam nach Auszählung von 96 Prozent der Wahllokale auf 40,8 Prozent der Stimmen. Die Konservativen erlangen bei der Wahl am Sonntag rund 20 Prozentpunkte mehr als die linksgerichtete SYRIZA-Partei von Alexis Tsipras, die rund 20 Prozent der Stimmen erreichte. Die gemäßigte linke PASOK von Nikos Androulakis kam auf 11,5 Prozent der Stimmen.

Der deutliche Sieg der ND sei ein „politisches Erdbeben“, hieß es vom Wahlsieger. Der Sieg habe die eigenen Erwartungen übertroffen, sagte Mitsotakis. Sein Lager kam auf 146 der 300 Parlamentssitze, zur Bildung einer Alleinregierung sind fünf weitere Sitze nötig. Es war das beste Ergebnis der Partei seit 2007.

Angesichts der verpassten absoluten Mehrheit steht Mitsotakis vor der Wahl, entweder schwierige Koalitionsverhandlungen oder Neuwahlen anzustreben. Der 55-Jährige machte am Sonntag klar, welche Option er bevorzugt. „Gemeinsam werden wir ab morgen dafür kämpfen, dass bei den nächsten Wahlen das, was die Bürger bereits beschlossen haben (…), auch mathematisch bestätigt wird.“

Griechischer Premierministers Kyriakos Mitsotakis
IMAGO/ANE Edition/Giorgos Kontarinis /Eurokinissi
Mitsotakis ist kein Freund von Koalitionen

PASOK theoretisch Königsmacherin

Sollte es auf Koalitionsverhandlungen hinauslaufen, dann könnte PASOK als Königsmacherin auftreten. Sie kam ersten Prognosen zufolge auf rund zehn Prozent der Stimmen. Androulakis hatte im März jedoch erklärt, er werde nur in eine Regierung eintreten, die weder von Mitsotakis noch von Tsipras angeführt werde. Mitsotakis seinerseits hatte zudem vor der Wahl erklärt, keine Koalition bilden zu wollen.

Angesichts der verzwickten Lage gingen Experten bereits im Vorfeld der Wahl davon aus, dass es zu einem erneuten Urnengang kommen werde. Bei einem solchen würde der Wahlsieger von einem Bonus profitieren, der ihm bis zu 50 zusätzliche Sitze und somit womöglich eine stabile Mehrheit verschaffen könnte.

Gelegs (ORF) zur Wahl in Griechenland

Ernst Gelegs kommentiert die Lage nach der Parlamentswahl in Griechenland, bei der die konservative Partei Nea Dimokratia von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis einen klaren Sieg eingefahren, die angestrebte absolute Mehrheit aber verpasst hat.

„Unabhängige Regierung“

Bereits Sonntagabend nach der Veröffentlichung erster Hochrechnungen legten erste Reaktionen von ND-Parteigranden eine erneute Wahl nahe. Minister Takis Theodorikakos sagte dem privaten Fernsehsender Skai, die Prognosen deuteten darauf hin, dass die Konservativen in einer zweiten Wahlrunde genug Stimmen erhalten könnten, „um die Reformen als unabhängige Regierung fortzuführen“.

Mitsotakis hatte die Wähler nach seiner Stimmabgabe in Athen dazu aufgerufen, die unter seiner Regierung hart erkämpfte wirtschaftliche Stabilität nicht aufs Spiel zu setzen. „Heute stimmen wir für unsere Zukunft, für mehr und bessere Arbeitsplätze, für ein effizienteres Gesundheitssystem, für ein stärkeres Land, das eine wichtige Rolle in Europa spielt“, sagte der 55-Jährige.

Wahl-Plakat von Alexis Tsipras
AP/Petros Giannakouris
„Wir wissen, dass wir die Veränderung schaffen können“, plakatierte Tsipras

Tsipras verweist auf wachsende Armut

Sein Hauptrivale und Amtsvorgänger Tsipras warnte hingegen, dass die rosigen Zahlen der Konservativen über die wachsende Armut in Griechenland hinwegtäuschten, die Löhne könnten mit den wachsenden Preisen nicht mithalten. Er sprach bei der Abgabe seiner Stimme von einem „Tag der Hoffnung“ und rief die Wähler dazu auf, „vier schwierige Jahre“ hinter sich zu lassen und sich im Namen einer besseren Zukunft für eine „faire Regierung“ zu entscheiden.

Zu der Wahl waren fast zehn Millionen Stimmberechtigte aufgerufen, darunter 440.000 Erstwähler. Hauptthemen des Wahlkampfes waren Lebenshaltungskosten und Arbeitsplätze.

Verheerendes Bahnunglück als Wegmarke

Mitsotakis’ Regierung war nach einem verheerenden Frontalzusammenstoß zweier Züge im Februar unter Druck geraten, bei dem 57 Menschen ums Leben kamen. Die Regierung hatte das Unglück mit menschlichem Versagen begründet, obwohl Griechenlands berüchtigt schlechtes Bahnnetz unter jahrelanger Unterfinanzierung gelitten hat. Mitsotakis und seine Partei kostete die Zugkatastrophe in den Umfragen zunächst viele Stimmen. Je näher die Wahl aber rückte, desto besser stand Mitsotakis wieder da.