Verteilersteckdose mit angesteckten Kabeln
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Energiekosten

Preissenkungen kommen nur langsam an

Die Großhandelspreise für Strom und Erdgas sind in den letzten Monaten deutlich gesunken. Bei den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern kommt dieser Effekt allerdings bisher nur langsam an. Das hat mehrere Gründe, laut der Regulierungsbehörde E-Control sollte es ab Sommer aber etwas rascher gehen. Auch ein Anbieterwechsel kann sich inzwischen wieder rechnen, um der „Falle“ aus dem letzten Jahr zu entkommen.

Grundsätzlich würden die Energieanbieter Preissenkungen an ihre Kunden weitergeben, allerdings zeitverzögert, heißt es auf Anfrage bei der E-Control. Das liege einerseits daran, dass diese ihre Kontingente noch im Vorjahr zu höheren Preisen eingekauft hätten, so Leo Lehr, stellvertretender Leiter der Abteilung Volkswirtschaft bei der Regulierungsbehörde, im Gespräch mit ORF.at.

Die E-Control erwarte allerdings, dass Bestandskundenpreise ab dem Sommer „nach und nach“ der aktuellen Marktentwicklung angepasst, sprich bei bestimmten Anbietern („es gibt vor allem in Westösterreich noch Unternehmen mit relativ günstigen Bestandspreisen und einem Stabilhalten im zweiten Halbjahr“) gesenkt würden.

„Vergleichen lohnt sich derzeit definitiv“

Die Österreichische Energieagentur (AEA) hat für Juni einen Rückgang ihres Strom- und Gaspreisindex (ÖSPI und ÖGPI) um knapp 13 Prozent berechnet. Der Index für Gas liegt um über 50 Prozent unter dem Wert vom Mai 2022. Die Hochpreisphase aus dem Vorjahr sollte nun langsam aus der Kalkulation fallen, so Lehr.

Vor allem würden derzeit noch Neukunden von Preissenkungen profitieren, aber auch bei bestehenden Verträgen sollten sich diese – je nach Vertragsart, Abschlussdauer und Preisbindung bemerkbar machen. Im Jänner seien durchschnittliche Angebote für Neukunden bei Strom bei um die 30 Cent pro Kilowattstunde (kWH, netto ohne Umsatzsteuer) Strom gelegen, im Mai nun bei unter 20. „Vergleichen lohnt sich derzeit definitiv“ – wieder. Zuletzt kündigte etwa die Energie Steiermark an, ihre Preise mit Juli zu senken.

In neue Verträge gezwungen

Wieder deshalb, weil Wechselangebote monatelang überschaubar waren, einzelne Anbieter kündigten nach dem enormen Anstieg der Großhandelspreise im letzten Jahr reihenweise Kunden und boten ihnen teurere Verträge an.

Mittlerweile weist der Tarifkalkulator der E-Control für einen Drei- bzw. Vierpersonenhaushalt nun wieder Einsparungsmöglichkeiten von mehreren hundert Euro pro Jahr aus – bei einigen Tarifen allerdings mit dem Zusatz „Ersparnis/Mehrkosten ungewiss“.

Indexbasierte Verträge mit Risiko

Dabei handelt es sich in der Regel um „Floater“-Tarife, die die Marktentwicklung mehr oder minder direkt abbilden und bei denen sich Preise auf Basis der Großhandelsindizes monatlich ändern können – nach unten, aber auch nach oben. Wer sich für einen solchen Vertrag entscheidet, sollte die Preisentwicklung im Auge haben.

Hochspannungsmast
ORF.at/Christian Öser
Der Großhandelspreis für Strom sank in den letzten Monaten deutlich

Preise immer noch hoch

Die Preise für Strom und Gas hatten bereits Mitte 2021 zu steigen begonnen, mit dem Krieg in der Ukraine samt Angst vor einer Versorgungskrise ging es mit den Indizes um mehrere hundert Prozent nach oben. Im Herbst kostete Erdgas laut Daten der Statistik Austria für Privathaushalte um knapp 120, Strom um fast 40 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Mit Stand April lagen die Kosten für Haushaltsenergie insgesamt noch knapp 30 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Die mittlerweile günstigeren Energiepreise geben die Anbieter „nur zeitverzögert an ihre Kundinnen und Kunden weiter“, so Stefan Spiegelhofer, Leiter des Bereichs Energie beim Vergleichsportal Durchblicker.at, auf Anfrage von ORF.at. Hinzu käme, dass viele Bestandskundinnen noch vertraglich gebunden seien. Dazu zählen auch die nach einem vielleicht nicht ganz freiwilligen Vertragswechsel im Vorjahr.

Gefangen im Tarif

So profitierten aktuell vor allem Neukunden von günstigeren Angeboten. Für Neukunden gibt es laut Spiegelhofer aktuell Angebote ab sechs Cent pro kWh Erdgas und 19,5 Cent pro kWh Strom. Im Herbst seien die günstigsten Tarife noch bei 14 Cent für Gas und 27 bei Strom gelegen. „Das ist zwar sehr positiv für all jene, die jetzt einen neuen Vertrag abschließen. Wer jedoch Mitte bis Ende letzten Jahres eine Zwölfmonatsbindung eingegangen ist, steckt im hohen Fixtarif fest.“

Pipelines in Baumgarten an der March, Niederösterreich
APA/AFP/Joe Klamar
Auslöser der „Energiekrise“: die Angst vor einem Versorgungsengpass mit Erdgas

Ein Großteil der Anbieter habe die seit Jahresbeginn stark gesunkenen Großhandelspreise in ihren Neukundentarifen bereits weitergegeben, das Hauptproblem liege derzeit aber in den Vertragsbindungen. „Wer in letzter Zeit den Strom- oder Gasanbieter gewechselt hat oder wechseln musste, hatte gar keine andere Wahl, als sich zwölf Monate an einen Festpreis zu binden. Wenn der Anbieter diesen Haushalten nicht entgegenkommt und mit langfristigen Liefervereinbarungen argumentiert, zahlen diese Verbraucher jetzt weiter den auf zwölf Monate fixierten Tarif, selbst wenn die Marktpreise jetzt weiter sinken.“

Sparen auch trotz Strompreisbremse

Der Rat auch hier: Wer wechseln kann und vertraglich nicht mehr gebunden ist, solle auf jeden Fall Tarifangebote vergleichen und bei einer möglichen Ersparnis zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Nicht nur bei Gas, „sondern auch bei Strom, wo nach wie vor die Strompreisbremse gilt, lässt sich in vielen Fällen mit einem Lieferantenwechsel Geld sparen“.

Die Strompreisbremse – oder Stromkostenbremse bzw. Stromkostenzuschuss – wurde wegen der Preissteigerungen im Vorjahr mit 1. Dezember eingeführt und gilt bis 30. Juni 2024. Pro Haushalt wird ein tatsächlicher Verbrauch bis 2.900 kWh mit je maximal 30 Cent staatlich gefördert.

Über die Strompreisbremse gibt es aktuell allerdings Debatten. Das Finanzministerium analysiere „jeden Tag“, ob es Sinn macht, die Strompreisbremse vorzeitig anzupassen oder auslaufen zu lassen, hieß es am Wochenende. Der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Gabriel Felbermayr, hatte sich am Donnerstagabend im ORF-Wirtschaftsmagazin „Eco“ für eine Halbierung der staatlichen Förderung für den Strompreis der Haushalte ausgesprochen. „Wenn die Situation so bleibt, wie sie jetzt ist, wäre es wahrscheinlich klug“, so Felbermayr, diese „nach unten anzupassen“, in Richtung 15 Cent pro kWh. Dann, so der WIFO-Chef, „würde man mehr Wettbewerb im Markt haben, das Preisniveau insgesamt senken.“

Grundsätzlich sei er „bei jeder Maßnahme offen, die das Budget entlastet“, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Man müsse nun schauen, wem die Maßnahme etwas bringt und was sie kostet, ob sie die Inflation anheizt und ob es letztlich „Sinn macht, rauszugehen“.