Fleischersatzburger und Gebäck auf einem Griller
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Nachfrage steigt

Neue Generation des Fleischersatzes

Pflanzlicher Fleischersatz hat sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt: Dabei zählen nicht nur der Geschmack, sondern auch möglichst natürliche Inhaltsstoffe. Die Forschung hat dabei große Fortschritte gemacht, und der Handel spürt dank neuer Produkte eine stark steigende Nachfrage – auch weil immer mehr Menschen in Österreich zumindest zeitweise bewusst auf Fleisch verzichten wollen.

In den Supermärkten bekommen pflanzliche Fleischersatzprodukte immer mehr Platz in den Regalen eingeräumt, auch weil die Umsätze steigen. Die Wachstumsraten liegen in Europa jährlich bei fünf bis 15 Prozent. „Die Zielgruppe sind dabei die Flexitarier, die ab und zu Fleisch essen“, sagt Christian Zacherl, der seit mehr als 15 Jahren am Fraunhofer-Institut in Deutschland an Fleischersatzprodukten forscht. Saftigkeit, Haptik und vor allem der Geschmack stünden bei der Entwicklung im Mittelpunkt, aber auch die Verringerung von künstlichen Zusatzstoffen.

Konsumentinnen und Konsumenten schauen immer mehr auf die Rückseite der Verpackung, um Lebensmittelzusatzstoffe zu vermeiden. Daher kommt laut Zacherl jetzt eine neue Generation an Produkten auf den Markt. „Die Leute schauen auf die Zutatenliste, etwa wie viele E-Nummern drinnen sind. Deshalb erfahren pflanzliche Fleischersatzprodukte eine neue Optimierungsschleife“, sagt er gegenüber dem „ZIB Magazin“.

Ein Industriezweig wächst

Laut einer Studie geht die Fleischproduktion zurück und ein neuer Industriezweig wird immer größer: jener der Fleischersatzprodukte.

Auf die Basis kommt es an

Die größte Herausforderung der Entwicklerinnen und Entwickler ist die Imitation von Fleisch, in seiner Strukturierung, seiner Maserung und natürlich in seinem Geschmack. In den vergangenen Jahren seien dabei große Schritte in der Entwicklung gemacht worden. „Unser Ansatz ist, die Zutat so gut wie möglich zu gestalten, damit später möglichst wenig korrigiert werden muss“, erklärt Zacherl. Das sei auch der Unterschied zu den Anfangsjahren, als viele Produkte noch Aromen und künstlichen Zusatzstoffe enthalten haben.

An der Basis der Produkte hat sich wenig geändert. Soja ist zwar weiter ein beliebtes Ausgangsprodukt, aber auch Erbsenprotein wird verstärkt eingesetzt. Ziel ist es, umweltschonender zu produzieren, deshalb wird am Fraunhofer-Institut weiter geforscht, etwa an Sonnenblumen oder Raps. Dabei könnten die proteinreichen Abfälle, die bei der Ölpressung anfallen, als Quelle für die Fleischersatzproduktion dienen.

Dass die Zutaten neutraler schmecken, ist laut dem Forscher auch der Qualität der Pflanzen und der Verarbeitung zu verdanken. „Bessere Fermentations- und Extrusionsverfahren ermöglichen das.“ Bei der Extrusion wird das pflanzliche Ausgangsmaterial unter hohem Druck und meist auch hoher Temperatur in die gewünschte Form und Konsistenz gebracht.

Mehr Produkte, mehr Umsatz

Eine Weiterentwicklung der Produkte ist auch das Ziel des Handels. Die REWE-Gruppe, zu der die Supermarktkette Billa gehört, setzt verstärkt auf pflanzlichen Fleischersatz. In Wien gibt es seit September des Vorjahres einen eigenen Markt mit rein veganen Produkten, und das Angebot soll nun auf ganz Österreich ausgeweitet werden. „Mittlerweile gibt es in Österreich sehr viele Flexitarier. Bis zu 50 Prozent leben danach und integrieren rein pflanzliche Produkte in ihren Speiseplan. Die greifen dann, wenn sie vor dem Regal stehen, auch zu dem rein pflanzlichen Produkt“, sagt Verena Wiederkehr, Bereichsleiterin des pflanzlichen Sortiments bei Billa.

Wie sinnvoll ist veganer Fleischersatz?

Immer mehr versuchen es mit veganer Ernährung. Nicht nur mit mehr Obst und Gemüse, sondern auch mit Fleischersatzprodukten. Diese sehen aus wie Schnitzel oder Wurst – sind aber rein pflanzlich. Mittlerweile sind diese Produkte flächendeckend in den Supermärkten angekommen. Wie gut sind sie aber für unsere Gesundheit und die Umwelt?

Der Handel in Österreich verdient auch gut am Fleischersatz, das zeigen die Zahlen im Lebensmitteleinzelhandel. Die pflanzlichen Ersatzprodukte sind im Zeitraum von 2020 bis 2022 im Umsatz stark gestiegen. Laut Wiederkehr hat es ein Plus von 27 Prozent gegeben. Kaum eine andere Kategorie im Handel kann solche Wachstumsraten erzielen. Ein Grund sei die Weiterentwicklung des pflanzlichen Fleischersatzes. „Es hat nichts mehr mit den Produkten, die vor fünf bis zehn Jahren am Markt waren, zu tun.“ Allerdings: Der Marktanteil von Fleischersatz am „Fleischmarkt“ liegt weiterhin im Bereich zwischen ein und zwei Prozent.

Verbesserungen beim Nährstoffgehalt

Dass die Entwicklung aber nicht linear nach oben läuft, haben die vergangenen Jahre gezeigt: Das internationale Vorzeigeunternehmen Beyond Meat geriet im Vorjahr – nach wohl stark überzogenen Markthoffnungen – in die Krise und musste Stellen streichen. Dabei kämpfte man aber auch gegen immer neuere und ausgeklügeltere Konkurrenzprodukte. Auch die heimische Firma Neuburger stellte ihre Linie Hermann fleischlos ein und startete mit Hermann Bio einen neuen Anlauf.

„Es wird echt einfach viel mehr“, sieht auch Martina Steiner pflanzliche Fleischersatzprodukte auf dem Vormarsch. Die Ernährungswissenschaftlerin betreibt in Wien eine Praxis für Ernährungsberatung. In den vergangenen Jahren würden die Hersteller darauf achten, dass die Produkte vom Nährstoffgehalt besser werden. Der Proteingehalt müsse stimmen, der Fettgehalt moderat sein. Damit werden die Produkte allgemein gesünder. „Da wird auch auf den Konsumentenwunsch eingegangen“, ist Steiner überzeugt.

Fleischersatz als Genussmittel

Trotz der Weiterentwicklungen warnen aber Ernährungsexpertinnen und -experten davor, die Produkte im täglichen Speiseplan falsch einzuschätzen. „Sie sind ein Genussmittel und ab und an in Ordnung, aber nichts für jeden Tag“, so Ernährungswissenschafterin Steiner, die auch einen Vergleich zieht: „Es ist wie bei Fleisch: Je stärker ein Produkt verarbeitet ist, je mehr Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Zusatzstoffe im Allgemeinen drinnen sind, desto seltener sollten solche Sachen gegessen werden.“ Mit neuen Produkten, die mit weniger zusätzlichen Inhaltsstoffen auskommen, sollte auch die Akzeptanz steigen.

Auch Zacherl vom Fraunhofer-Institut will sich in Sachen Gesundheit nicht festlegen. „Es hängt immer ganz stark davon ab, was noch hinzugefügt wird, etwa welche Fette mitverarbeitet werden und wie viel Salz im Produkt steckt.“ Einen großen Vorteil haben pflanzliche Alternativen aber im Vergleich zu tierischen Produkten: Sie enthalten kein Cholesterin.