Vom russischen Verteidigungsministerium gibt es dazu bisher keinen Kommentar. Die ukrainische stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar bestätigte, dass in den Außenbezirken von Bachmut Wagner-Söldner durch russische Soldaten ersetzt worden seien. In der Stadt blieben aber noch Söldner. Prigoschin will den Rückzug innerhalb einer Woche abgeschlossen haben.
Am Samstag gab Prigoschin die Einnahme von Bachmut bekannt. Diese Behauptung wurde vom russischen Verteidigungsministerium bestätigt. Die Ukraine bestreitet die vollständige Einnahme der Stadt. Die ukrainischen Soldaten fokussierten sich nun auf die Außenbezirke von Bachmut, hieß es.
Obwohl es weitere militärische Gefechte gegeben habe, sei die Zahl der russischen Angriffe in dem Gebiet bei Bachmut in den vergangenen drei Tagen zurückgegangen, sagte der Sprecher des ukrainischen Militärkommandos, Serhij Tscherewatji. Das hänge möglicherweise mit der Umgruppierung zusammen. Sollten sich die Wagner-Söldner tatsächlich zurückziehen, liegt es künftig allein an den russischen Soldaten, die Stadt mit hohem Symbolwert für beide Seiten zu halten.
Prigoschin: „Kluft durch Revolution beenden“
Erneut harsche Kritik übte Prigoschin an der russischen Führung. Seinen Angaben zufolge wurden 20.000 seiner Söldner in Bachmut getötet. Der Wagner-Chef sprach dabei auch eine soziale Ungleichheit an – gespickt mit vielen Schimpfworten: „Die Söhne der Armen wurden in Zinksärgen von der Front zurückgeschickt, während sich die Kinder der Elite in der Sonne den Arsch abfroren.“ Diese Kluft könne „wie 1917 durch eine Revolution beendet werden“, warnte Prigoschin in einem Interview, das via Telegram veröffentlicht wurde.

Die Wahrnehmung, dass Wagner für die Einnahme von Bachmut verantwortlich sei, nutze Prigoschin, „um für ein absurdes Maß an Einfluss auf die russischen Kriegsanstrengungen in der Ukraine einzutreten“, analysierte der US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW).
Wagner-Söldner verlassen Bachmut
Der Rückzug der Wagner-Söldner aus der monatelang umkämpften ukrainischen Stadt Bachmut war schon angekündigt. Am Donnerstag gab Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in einem Video bekannt, dass die Söldner seines Militärunternehmens den Rückzug begonnen hätten. Nun solle das russische Militär übernehmen.
Die neue Kritik äußerte Prigoschin, nachdem bekanntgeworden war, dass zwei russische Rebellenmilizen, das Russische Freiwilligenkorps (FVC) und die Legion der Freiheit Russlands, einen Vorstoß in die russische Region Belgorod an der ukrainischen Nordgrenze unternommen hatten. Das Vordringen auf die russische Seite habe die Schwäche der russischen Verteidigungsanlagen deutlich gemacht, argumentierten die Milizen.
Russische Miliz kündigt weitere Angriffe auf Russland an
„Wir können sehen, dass sowohl die militärische Führung als auch die politischen Einrichtungen der Russischen Föderation auf diese Situation nicht vorbereitet sind“, wurde Milizführer Denis Kapustin im „Guardian“ zitiert. Er stellte zudem weitere Aktionen in Russland in Aussicht. Für diesen Fall kündigte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu eine harte Reaktion an.
Kapustin wird auch „White Rex“ gerufen und ist für seine rechtsextremen Ansichten bekannt. Kiew dementierte eine Beteiligung an der Aktion der Milizen. Militärbeobachter halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass die Milizen von der Ukraine aus ohne die Zustimmung des ukrainischen Militärgeheimdienstes hätten agieren können. Kapustin betonte jedenfalls, dass die von den Milizen verwendeten Waffen und Ausrüstung nicht aus dem Westen gekommen seien.
Kiew: Gegenoffensive bereits im Gange
Laut dem obersten ukrainischen Präsidentenberater Mychailo Podoljak ist die ukrainische Gegenoffensive bereits im Gange. Sie dürfe jedoch nicht als „einzelnes Ergebnis“ betrachtet werden, das „zu einer bestimmten Stunde an einem bestimmten Tag“ beginne. Es hätten bereits Dutzende verschiedener Aktionen „zur Zerstörung der russischen Besatzungstruppen“ stattgefunden.