Konkret brachte die WKStA eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Freispruch ein, wie eine Sprecherin der Oberstaatsanwaltschaft der APA mitteilte. Weiters beruft die Anklagebehörde gegen die Strafhöhe im zweiten Anklagepunkt.
Für das Gericht war es zwar „zweifellos erwiesen“ und „eindeutig dokumentiert“, dass sich Karmasin nach ihrem Ausscheiden aus dem Ministeramt mit Anfang Dezember 2017 ungeachtet der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit „mit voller Absicht“ ihre Fortbezüge bis Ende Mai 2018 erschlichen hatte.
Erste Instanz: Schaden wiedergutgemacht
Die erste Instanz kam aber zum Schluss, dass die Strafbarkeit des Betrugs aufgehoben war, weil der Ex-Ministerin zugebilligt werden musste, den angerichteten Schaden vollständig, rechtzeitig und freiwillig gutgemacht zu haben, bevor die Strafverfolgungsbehörden von Karmasins Verschulden Kenntnis erlangt hatten. Diesen Freispruch bekämpft die WKStA nun mit der Nichtigkeitsbeschwerde.
Berufung gegen Strafhöhe
Ebenso beruft die WKStA gegen die Strafhöhe von 15 Monaten bedingter Haft im zweiten Anklagepunkt. Dieser bezog sich auf drei Studien für das Sportministerium, für die Karmasin den Zuschlag erhielt, indem sie zwei Mitbewerberinnen – darunter ihre frühere Mitarbeiterin Sabine Beinschab – dazu brachte, „von ihr inhaltlich vorgegebene und mit ihr vorab inhaltlich abgesprochene Angebote an die Auftraggeber zu übermitteln, um sicherzustellen, dass die ihr zuzurechnende Karmasin Research & Identity GmbH die Aufträge bekommen würde“, wie es in der Anklageschrift hieß.
Beinschab und die zweite Konkurrentin legten zwischen April 2019 und Juni 2021 Angebote, die Karmasin dann jeweils unterbot. Das war nach Ansicht des Erstgerichts „jedenfalls rechtswidrig“ und habe „gezielt den Wettbewerb eingeschränkt“.
Verteidiger überlegen noch
Noch keine Entscheidung über etwaige Rechtsmittel hätten die Verteidiger getroffen, sagte Norbert Wess, einer der Rechtsvertreter Karmasins, am Donnerstag. Für das Einbringen von Rechtsmitteln hat die Verteidigung noch bis Freitag Zeit.
Darüber hinaus brachte die WKStA auch gegen den Freispruch für den mitangeklagten Abteilungsleiter im Sportministerium eine Nichtigkeitsbeschwerde ein. Das Gericht sah bei der Urteilsverkündung am Dienstag kein Motiv, weshalb der Beamte Karmasin vorsätzlich in Schädigungsabsicht hätte unterstützen sollen. Es sei nicht auszuschließen, dass er aufgrund der damals guten Reputation Karmasins oder aus Obrigkeitshörigkeit in deren Sinn gehandelt habe, erläuterte der vorsitzende Richter.
Aufarbeitung der ÖVP-Umfragenaffäre steht noch bevor
In der gegenständlichen Verhandlung ging es noch nicht um die ÖVP-Umfragenaffäre. Was das „Beinschab-Tool“ betrifft, ermittelt die WKStA neben Karmasin unter anderen auch gegen Ex-ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen früheres engstes berufliches Umfeld sowie die ÖVP. Laut Beinschab hatte Karmasin ihr den Kontakt zum damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, vermittelt. In weiterer Folge soll dann das „Beinschab-Tool“ entwickelt worden sein.