Nehammer erwartet heuer 100 zusätzliche Kassenärzte

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erwartet sich dieses Jahr noch 100 zusätzliche Kassenarztstellen. Das sagte er gestern in der fünften Auflage des „Kanzlergesprächs“ vor Journalisten und Journalistinnen im Bundeskanzleramt. Voraussetzung dafür sei ein gutes Ergebnis nach den Finanzausgleichsverhandlungen. Nehammer zeigte sich optimistisch, „dass uns einiges gelingen kann“.

In den vergangenen 15 Jahren seien wichtige Reformen im Gesundheitsbereich verschlafen worden. In Zusammenarbeit mit Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) wolle man nun Schritt für Schritt dafür sorgen, dass das System entlastet wird, betonte Nehammer.

So würde der Fokus darauf liegen, weiter in den Ausbau der Primärversorgungszentren zu investieren, resilienter gegenüber Arzneimittelengpässen zu werden und den Kassenarztberuf attraktiver zu machen. In erster Linie müsse das Gesundheitssystem besser für die Bevölkerung werden.

Rauch will Geld für 500 Kassenstellen

Derzeit laufen die Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Regierung und Länder. „Ich bin zuversichtlich, dass wir die 100 zusätzlichen Kassenärzte rasch umsetzen können“, betonte Nehammer. Konkrete Maßnahmen legte er nicht offen, skizzierte aber seine Pläne: Damit Ärztinnen und Ärzte wieder vermehrt auf Kassenstellen übernehmen, müsse das Arbeitsumfeld attraktiver werden. Hier gehe es einerseits um die Arbeitszeitregelung und andererseits ums Geld, sagte er.

Zuletzt hatte Gesundheitsminister Rauch allerdings Geld für 500 zusätzliche Kassenarztstellen gefordert. In einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ sagte er Mitte Mai, dass das „machbar und leistbar“ sei. Finanziert werden könnten die Stellen etwa durch eine vom Koalitionspartner ÖVP stets abgelehnte Millionärssteuer. Einig ist sich die Koalition jedenfalls, dass es mehr Kassenärzte und -ärztinnen im niedergelassenen Bereich benötigt.

Kanzler will „Kante zeigen“

Nehammer ging auch näher auf die Inflation ein, insbesondere auf die hohen Preise im Energiesektor. Einmal mehr betonte er eine „harte Kante“ gegen jene Energieunternehmen, die die niedrigen Großhandelspreise nicht an die Endverbraucherinnen und -verbraucher weitergeben. „Wir haben gesagt, wir lassen uns nicht länger papierln“, betonte der Kanzler und verwies einmal mehr auf die Verschärfung der „Gewinnabschöpfung“.

Sollte es weiterhin Unternehmen geben, die günstigere Preise nicht weitergeben, werde die Regierung weitere Maßnahmen setzen. „Grundsätzlich gibt es keine Denkverbote“, sagte Nehammer, die Bandbreite der Maßnahmen sei vielfältig. Auf Nachfrage wollte er aber auf Konkretes nicht eingehen. Zu gegebener Zeit werde man diese dann präsentieren.

„Politische Verhandlungen“ bei wichtigen Posten

Angesprochen auf die seit Monaten ausständigen Postenbesetzungen bei der Wettbewerbsbehörde (BWB) und beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) sprach der Kanzler von „politischen Verhandlungen“, die noch nicht beendet wurden. Sowohl das Gericht als auch die Behörde werden derzeit interimistisch geleitet. Zuletzt hatte sich sogar Bundespräsident Alexander Van der Bellen kritisch zum langen Besetzungsverfahren geäußert.

Auf ORF.at-Nachfrage, was genau unter „politischen Verhandlungen“ zu verstehen sei, wenn doch bereits Personalkommissionen die Bewerber und Bewerberinnen nach ihren Qualifikationen gereiht haben, sagte Nehammer: Die derzeitige Kombination aus Gutachten der Personalkommission und politischem Vorschlagsrecht sei zu überdenken. Wenn es nach ihm ginge, dürfe es nur das eine oder das andere geben – und dann transparent.

Zur Personaldiskussion innerhalb der SPÖ wollte sich der Kanzler kaum äußern. „Es tut gut, sich nicht dieser Versuchung zu unterwerfen“, sagte der ÖVP-Chef. Er habe sowohl mit dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil als auch mit dem Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler (beide SPÖ) in der Vergangenheit gute Arbeitserfahrungen gemacht.