UNO-Generalsekretär Antonio Guterres
AP/Hadi Mizban
UNO nach Razzia

Klimaaktivisten müssen geschützt werden

Nach der Razzia in Deutschland gegen die Protestgruppe „Letzte Generation“ haben die Vereinten Nationen die Bedeutung von Klimaschützern und Klimaschützerinnen und deren Aktionen hervorgehoben. „Klimaaktivisten – angeführt von der moralischen Stimme junger Menschen – haben ihre Ziele auch in den dunkelsten Tagen weiterverfolgt. Sie müssen geschützt werden, und wir brauchen sie jetzt mehr denn je“, sagte der Sprecher von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, Stephane Dujarric, der dpa in New York.

Protestierende hätten in „entscheidenden Momenten maßgeblich dazu beigetragen, Regierungen und Wirtschaftsführer dazu zu bewegen, viel mehr zu tun“, sagte Dujarric. Ohne sie wären die weltweiten Klimaziele bereits außer Reichweite. Guterres’ Sprecher gab aber auch zu bedenken, dass Regierungen trotz des Grundrechts auf friedliche Demonstrationen natürlich die Verantwortung hätten, Gesetze durchzusetzen und die Sicherheit zu gewährleisten.

Deutsche Polizei und Staatsanwaltschaft waren am Mittwoch mit einer Razzia gegen die Klimaschutzgruppe „Letzte Generation“ vorgegangen. Rund 170 Beamte durchsuchten 15 Wohnungen und Geschäftsräume in sieben deutschen Bundesländern, wie die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische Landeskriminalamt mitteilten. Der Tatvorwurf lautet auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Die Aktivistinnen und Aktivisten bestreiten vehement, kriminell zu sein.

Demonstration der „Letzen Generation“ in Berlin
APA/AFP/Odd Andersen
Die „Letzte Generation“ bei einer Demonstration in Deutschland

Die Forderungen der Gruppe

Die Gruppe macht regelmäßig mit Sitzblockaden und Aktionen in Museen auf die Folgen der Erderhitzung aufmerksam, ihre Mitglieder kleben sich dabei häufig an Straßen oder in Museen fest. Auch Attacken auf Einrichtungen der Ölindustrie werden ihnen vorgeworfen.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hält eine Rede
picturedesk.com/ANP/Koen van Weel
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres

Mit ihrem Protest will die „Letzte Generation“ die Defizite der deutschen Klimapolitik auf die Agenda bringen – etwa mit Blick auf die immensen klimaschädlichen Emissionen des Autoverkehrs. Die Aktivisten und Aktivistinnen verlangen einen Gesellschaftsrat, der das Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe in Deutschland bis 2030 planen soll. Außerdem fordern sie Tempo 100 auf Autobahnen und ein Neun-Euro-Ticket.

UNO: Klimaaktivisten müssen geschützt werden

Nach der Razzia in Deutschland gegen die Protestgruppe „Letzte Generation“ haben die Vereinten Nationen die Bedeutung von Klimaschützern und Klimaschützerinnen und deren Aktionen hervorgehoben. „Klimaaktivisten – angeführt von der moralischen Stimme junger Menschen – haben ihre Ziele auch in den dunkelsten Tagen weiterverfolgt. Sie müssen geschützt werden, und wir brauchen sie jetzt mehr denn je“, sagte der Sprecher von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, Stephane Dujarric, der dpa in New York.

Ermittler: Keine terroristische Vereinigung

Angesiedelt sind die Ermittlungen bei der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München betonte aber, dass das nicht bedeute, dass man die „Letzte Generation“ als extremistisch oder terroristisch einstufe. „Wir gehen nach jetzigem Ermittlungsstand davon aus, dass es sich um eine kriminelle Vereinigung handelt – wohlgemerkt nicht um eine terroristische“, sagte der Sprecher. Das wolle man gerichtlich prüfen lassen.

Junge Aktivistin sitzt vor einem Auto auf der Straße
picturedesk.com/EXPA/Max Slovencik
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD)

Vorerst Demos statt Straßenblockaden

Nach der Razzia setzt die „Letzte Generation“ nun vorerst auf Demonstrationen anstatt auf Straßenblockaden. Die Razzia habe „alle hart getroffen, doch wir haben keine Angst“, teilte die Gruppe am Freitag mit und forderte ihre Unterstützer auf: „Schließ dich einem Protestmarsch an, der in deiner Nähe startet!“ Insgesamt liefen in 17 Städten Vorbereitungen für Demonstrationen. Anders als zu Beginn der Woche vor der Razzia wurden keine Straßenblockaden gemeldet.

Am Donnerstagabend hatten in München einige hundert Menschen für die Gruppe, für Klimaschutz und gegen die Razzia demonstriert. Am Mittwoch hatte es in Berlin und anderen Städten Demonstrationen mit jeweils einigen hundert Menschen gegeben.

Scholz verteidigt „Völlig bekloppt“-Aussage

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte indes die Ahndung mutmaßlicher Straftaten der Gruppe. Zur Frage einer rechtlichen Einstufung als kriminelle Gruppe wollte er sich im „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag-Ausgabe) nicht äußern. „Darüber habe nicht ich zu entscheiden, sondern unsere Justiz, und sie handelt unabhängig.“ Er fügte aber hinzu: „Erkennbar werden hier wiederholt Straftaten verübt, das kann der Rechtsstaat nicht ignorieren.“

Scholz verteidigte seine Aussage, die Aktivisten, die etwa mit Verkehrsblockaden agieren, seien „völlig bekloppt“. „Ich nehme da kein Blatt vor den Mund“, sagte der deutsche Kanzler. „Von allen Protestaktionen der vergangenen Jahrzehnte dürfte es diejenige sein, die wohl am wenigsten bewirkt hat – außer, dass sich alle darüber aufregen, selbst die Wohlwollenden. Damit tun die Klimakleberinnen und Klimakleber der Sache, also dem Klimaschutz, keinen Gefallen.“

Junge Aktivistin sitzt vor einem Auto auf der Straße
picturedesk.com/EXPA/Max Slovencik
Eine Klimaaktivistin klebt sich in Wien Anfang Mai auf der Straße fest

Solidarität von Österreich-Ableger

Nach den Razzien bei der „Letzten Generation“ in Deutschland stellte sich der Österreich-Ableger der Klimaschutzgruppe hinter die deutschen Aktivistinnen und Aktivisten. „Wir stehen in vollster Solidarität zu unserer Schwesterorganisation in Deutschland“, hieß es in einem Statement gegenüber der APA nach der Razzia in Deutschland. Erneut werde versucht, friedlichen Protest zu kriminalisieren, so die „Letzte Generation“.

Auch in Österreich stehen die Mitglieder der „Letzten Generation“ unter Beobachtung des Staatsschutzes. Man wolle sich von den Ermittlungen in Deutschland jedoch nicht abschrecken lassen, hieß es weiter.