Peter Simonischek, 2017
ORF/Günther Pichlkostner
1946–2023

Peter Simonischek ist tot

Der bekannte Theater- und Filmschauspieler Peter Simonischek ist tot. Der gebürtige Grazer verstarb in der Nacht auf Dienstag im Alter von 76 Jahren. Das bestätigten die Bundestheater. Brilliert hatte der Charakterdarsteller in den großen Dramen am Theater genauso wie in leichteren Komödien vor der Kamera.

Immer wieder wechselte er zwischen dem Theater und dem Film. Den Höhepunkt seiner Filmkarriere erreichte er mit seiner Hauptrolle in „Toni Erdmann“ (2016). Für die Verkörperung eines alternden, kauzigen Musiklehrers, der die Liebe seiner Tochter (Sandra Hüller) gewinnen möchte, wurde er zu den Filmfestspielen in Cannes 2016 eingeladen und als bester Schauspieler mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet.

Neben zahlreichen Filmen war er auch immer wieder in TV-Serien, etwa bei „Stockinger“, „Tatort“ und „Der Alte“, zu sehen. Zuletzt war er bei der Auswahl seines Engagements für die Arbeit vor der Kamera wählerischer. „(…) etwas Belangloses zu machen, auch wenn es ganz schöne Rollen sind, da ist es schade um die Zeit, wenn man so alt ist wie ich“, sagte er erst vor wenigen Wochen in einem Interview mit der APA anlässlich seines letzten Films „Der vermessene Mensch“, der Ende März in die Kinos kam.

Fotostrecke mit 10 Bildern

Szene mit Peter Simonischek und Michael König, aufgenommen am 02.06.1981 in Berlin. „Nicht Fisch nicht Fleisch“ von Franz Xaver Kroetz, Regie führt Peter Stein.
picturedesk.com/dpa/Konrad Giehr
Unter der Regie von Peter Stein stand Simonischek (l.) für „Nicht Fisch nicht Fleisch“ 1981 auf der Berliner Schaubühne
Peter Simonischek als Jedermann und Veronica Ferres als Buhlschaft, 24. Juli 2002 im Rahmen der Salzburger Festspiele
APA/Barbara Gindl
Veronica Ferres war Simonischeks Buhlschaft beim „Jedermann“ im Rahmen der Salzburger Festspiele 2002
Peter Simonischek als „Jedermann“ und Sophie von Kessel in der Rolle der „Buhlschaft“ am Montag, 21. Juli 2008, waehrend der Fotoprobe von „Jedermann“ in Salzburg
APA/Hans Klaus Techt
2008 stand Simonischek als Jedermann mit Sophie von Kessel auf der Bühne
Peter Simonischek als „Jedermann“ und Ben Becker als „Tod“, 2009, Salzburger Festspiele
APA/Barbara Gindl
In seinem „Jedermann“-Abschiedsjahr 2009 spielte Ben Becker den Tod
Peter Simonischek (Prospero, Herzog von Mailand) während der Fotoprobe zu William Shakespeares „Der Sturm“ auf der Perserinsel, Salzburger Festspiele 2016
APA/Barbara Gindl
Als Prospero spielte Simonischek in William Shakespeares „Der Sturm“ auf der Pernerinsel bei den Salzburger Festspielen 2016
Peter Simonischek, 2016 in Cannes
APA/AFP/Loic Venance
In „Toni Erdmann“ spielte Simonischek die Hauptrolle. Dafür gab es 2016 eine Einladung zu den Filmfestspielen in Cannes.
Peter Simonischek, Preisträger für „Herausragende Leistungen im Film- & Fernsehbiz “, am Samstag, 22. April 2017, im Rahmen der „Romy Gala 2017“ in der Wiener Hofburg
APA/Herbert Neubauer
Simonischek wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Die Platin-Romy erhielt er 2017 für sein Lebenswerk.
Peter Simonischek als Mokij Parmenowitsch Knurow und Nicholas Ofczarek als Sergej Sergejewitsch Paratow während einer Probe des Stückes „Schlechte Partie“ am 21. Oktober 2017 am Wiener Burgtheater
APA/Roland Schlager
Mit Nicholas Ofczarek (r.) stand Simonischek in „Schlechte Partie“ am Burgtheater auf der Bühne
Regina Fritsch als April, Markus Hering als Gottfried, Peter Simonischek als Bill, Dörte Lyssewski als Janet während der Fotoprobe  „The Party“ im September 2019 im Burgtheater in Wien
APA/Hans Punz
„The Party“ mit Regina Fritsch, Markus Hering, Simonischek und Dörte Lyssewski (v. l. n. r.) 2019 im Burgtheater
Peter Simonischek , für „Der vermessene Mensch“ bei der Berlinale 2023
picturedesk.com/dpa/Jens Kalaene
Sein letzter Film „Der vermessene Mensch“ wurde im Februar bei der Berlinale gezeigt

Parallel zu seinen Bühnenauftritten war er bereits ab den 80er Jahren stets auch auf der Leinwand und im TV zu sehen. Er spielte etwa in Axel Cortis „Herrenjahre“ (1983), in Margarethe von Trottas „Fürchten und Lieben“ (1988) und in „Gebürtig“ von Lukas Stepanik und Robert Schindel (2002).

Schauspieler statt Zahnarzttechniker

Simonischek wurde im Laufe seiens Lebens mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter eine Platin-Romy für sein Lebenswerk, der Grimmepreis, eine Ehrenmitgliedschaft am Burgtheater; und zuletzt wurde ihm im vergangenen Jahr die Ehrendoktorwürde der Kunstuniversität Graz verliehen.

Aufgewachsen war Simonischek in der Oststeiermark. Er studierte zunächst an der Technischen Hochschule in Graz und begann auf Wunsch seines Vaters, Zahnarzt von Beruf, eine Zahntechnikerausbildung. Er wechselte aber bald für seine Schauspielausbildung an die heutige Kunstuniversität Graz, damals Akademie für Musik und darstellende Kunst.

Trauer um Schauspieler Peter Simonischek

Der Schauspieler Peter Simonischek ist in der Nacht auf Dienstag im Alter von 76 Jahren verstorben. Erste Reaktionen auf den Tod des Publikumslieblings zeugen von großer Betroffenheit im offiziellen Österreich.

Zwei Jahrzehnte in Berlin

Nach Engagements am Grazer Schauspielhaus, in St. Gallen und Bern in der Schweiz war er von 1979 bis 1999 Ensemblemitglied an der Berliner Schaubühne unter der Leitung von Peter Stein und danach Andrea Breth. Zu Österreich hielt er vor allem bei den Salzburger Festspielen etwa in Peter Handkes „Prometheus, gefesselt“ und in Anton Tschechows „Kirschgarten“ Kontakt.

1999 wechselte er unter der Direktion Klaus Bachler vollständig nach Österreich ins Ensemble des Burgtheaters. Acht Jahre, von 2002 bis 2009, stand er zudem als Jedermann bei den Salzburger Festspielen auf der Bühne.

„Lüge ist in Österreich Kultur“

Bei seiner Rückkehr von Berlin nach Österreich habe er wieder umlernen müssen, sagte er einmal in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“: „In Berlin kann man das, was gesagt wird, gerne für bare Münze nehmen. Damit ist man in Österreich ganz schlecht beraten, weil man ganz selten zu hören kriegt, was die Leute wirklich denken.“

Den Berlinern bescheinigte Simonischek mangelnde Umgangsformen, den Wienern mangelnde Wahrheitsliebe: „Die Konvention (in Österreich, Anm.) ist: lügen ohne Not. Die Lüge ist in Österreich Teil der Kultur, (Arthur) Schnitzler wäre gar nicht denkbar ohne die Kultur der Lüge.“

Simonischek war seit 1989 in zweiter Ehe mit seiner Kollegin Brigitte Karner verheiratet und hinterlässt mit ihr zwei Söhne. Sein Sohn Max Simonischek aus erster Ehe mit Charlotte Schwab trat als Schauspieler in die Fußstapfen seines Vaters.

Würdigungen aus Politik und Kultur

„Wer kannte Peter Simonischek nicht? (…) Peter Simonischek war ein Künstler, der sich in jeder Verwandlung treu blieb“, so Bundespräsident Alexander van der Bellen, der „diesen großen österreichischen Charakterdarsteller“ würdigte. Als „großer Künstler“ werde er in Erinnerung bleiben, hieß es von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler (Grüne) sagte, Österreich habe „einen wahrhaft Großen verloren. Zeit seines Lebens hat dieser Schauspieltitan die Bodenhaftung nicht verloren und ist auf berührende Art seiner steirischen Heimat verbunden geblieben.“

„Mit großer Bestürzung und Trauer habe ich vom Tod Peter Simonischeks erfahren“, teilte Grünen-Kunst- und -Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer mit. Mit seiner „charismatischen Präsenz und seinem feinfühligen Können“ sei er über Jahrzehnte einer der ganz Großen der gegenwärtigen Schauspielkunst gewesen. Simonischeks Tod sei ein riesiger Verlust für die gesamte Kunst- und Kulturszene.

„Ungemein sympathischer Mensch“

„Protagonisten wie Peter Simonischek begründen den Stellenwert des Burgtheaters“, sagte Bundestheater-Holding-Geschäftsführer Christian Kircher über das Ehren- und Ensemblemitglied des Burgtheaters. Dieses verliere „einen vielschichtigen, vielseitigen und großartigen Künstler“. Salzburgs Festspiel-Intendant Markus Hinterhäuser würdigte Simonischek als „vergleichslosen ‚Jedermann‘“. Er sei das gewesen, „was man im besten Sinne des Wortes einen Publikumsliebling nennt – und das vollkommen zu Recht“.

Der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) und Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang (SPÖ) würdigten Simonischek als „ganz große Persönlichkeiten des Kulturlandes Steiermark“. Simonischek sei „auch eines immer geblieben: verwurzelt und stark verbunden mit seiner Heimat“. Für Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ist Simonischeks Tod „ein immenser Verlust für die Welt des Theaters und des Films“. Simonischek sei auch „ein ungemein sympathischer Mensch“ gewesen.

„Menschen wie er sind der wahre Schatz des Kulturlandes Österreich: Er hat die Kultur geliebt und das Feuer weitergegeben“, sagte ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer. Auch FPÖ-Kultursprecher Thomas Spalt zollte Simonischek Respekt: „Die Kulturnation verliert eine Schauspielikone.“ Besonders dessen Vielseitigkeit habe ihn ausgezeichnet. Und NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger sagte: „Das ist sehr traurig und ein großer Verlust an Stimme, an Charakter, an Persönlichkeit: Danke, Peter Simonischek, für so viel!“