NVIDIA Grace Hopper Superchip-Computer ausgestellt auf der COMPUTEX 2023 in Taipei
IMAGO/Sipa USA
Gaming, Krypto, KI

Nvidias Erfolg mit dem Superchip

Der Club der Technologieriesen aus Apple, Microsoft und Co. hat ein neues Mitglied: Der Chiphersteller Nvidia erreichte diese Woche einen Marktwert von einer Billion Dollar. Anders als die Konkurrenz setzt Nvidia auf spezialisierte Chips. Was ursprünglich vor allem Computerspielern nützlich war, stellte sich in den letzten Jahren als absolut unverzichtbar für Kryptowährungen heraus. Und auch beim Thema künstliche Intelligenz (KI) ginge ohne Nvidia momentan nichts.

Während konkurrierende Chiphersteller wie Intel, Micron Technology und Advanced Micro Devices (AMD) in den letzten Jahren um Marktanteile in Bereichen mit bestehender Nachfrage wie der Stromversorgung von Rechenzentren kämpften, investierte Nvidia in den Bau und die Entwicklung von Chips, die verschiedene KI-Anwendungsfälle versorgen können.

Durch diese Strategie habe das Unternehmen jetzt die Oberhand, zitierte der britische „Guardian“ den Research Analyst der Investmentbank Wedbush Securities, Dan Ives. „In Bezug auf Umfang, Reichweite und die Fähigkeit, Daten zu integrieren, ist Nvidia im Grunde der einzige Anbieter auf dem Markt.“ Zudem seien viele anfangs skeptisch gewesen, was KI angeht, während Nvidia ins kalte Wasser gesprungen sei.

Nvidia Hauptsitz in Santa Clara, Kalifornien
Getty Images/Justin Sullivan
Nvidia ist der erste Chiphersteller, der einen Börsenwert von mehr als einer Billion Dollar erreicht hat

Das Risiko sollte sich für Nvidia bezahlt machen. Angetrieben vom KI-Boom war der Aktienkurs in der vergangenen Woche um 25 Prozent angestiegen. Am Dienstag legte das im kalifornischen Santa Clara beheimatete Unternehmen an der Börse nochmals zu, und die Aktie stieg auf über 408 Dollar pro Stück. Damit hatte Nvidia einen Börsenwert von mehr als einer Billion Dollar (rund 933 Milliarden Euro) erreicht. Das Unternehmen wurde damit auch zum bisher einzigen Chiphersteller, dem so etwas gelungen ist.

Früh auf den KI-Zug aufgesprungen

Nvidia wurde vor 30 Jahren von dem US-Taiwanesen Jensen Huang gegründet. Das Unternehmen konzentrierte sich zunächst auf Grafikkarten (sogenannte GPUs), die Computerspielerinnen und -spielern besser auflösende Bilder boten. Durch den Erfolg im Bereich Gaming wurden die Grafikprozessoren immer leistungsfähiger, und das Unternehmen erkannte, dass es auch in anderen Segmenten gebraucht werden könnte. Das waren vor allem jene Bereiche, in denen große Zahlenmengen berechnet werden müssen – dazu zählen beispielsweise das Finanzwesen und Wetterprognosen.

Weil Nvidia sich früh an die Bedürfnisse des Marktes anpasste, hat das Unternehmen nun auch im KI-Boom einen entsprechend großen Startvorteil und Marktanteil. Es gibt zwar weltweit rund 100 Firmen, die KI-Chips herstellen, aber keiner kommt an Nvidia heran. „Wir können es kurz halten. Wer keinen Zugriff auf Nvidia-Grafikprozessoren hat, hat keine KI-Beschleunigung“, zitierte der „Spiegel“ Jan-Peter Kleinhans von der Berliner Denkfabrik Stiftung Neue Verantwortung. Expertinnen und Experten meinten zudem gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass Nvidia rund 80 Prozent des Weltmarkts für Grafikkartenchips beherrsche.

Nvidia Chief Executive Jensen Huang präsentiert den Grace Hopper Superchip auf der COMPUTEX 2023 in Taipei
Reuters/Ann Wang
Nvidia-Chef Jensen Huang gründete das Unternehmen vor rund 30 Jahren

Entwickler setzen auf Nvidia

Auch das zuletzt so stark in den Medien vertretene ChatGPT setzt auf Tausende von Nvidia-Chips. Die generative KI dahinter kann anhand weniger Stichworte Texte, Bilder und Videos generieren – braucht dafür aber wiederum sehr viel Rechenpower. Unzählige Berechnungen müssen parallel ausgeführt werden, und Grafikkartenchips sind von Haus aus darauf ausgelegt. Auch Tesla-Chef Elon Musk hat sich laut einem Bericht der „Financial Times“ („FT“) zufolge für ein KI-Startup mehrere tausend dieser Chips gesichert.

Obwohl Nvidia in den Branchen, in denen es tätig ist, ein großer Name ist, war es abseits von Spielerinnen und Spielern nur wenigen bekannt. Das liegt zum Teil auch an der Art, wie sich das Unternehmen vermarktet. Denn obwohl Nvidia mit seinen Grafikkartenchips bei vielen Firmen technisch eine entscheidende Rolle spielt, agiert es eher im Hintergrund und überlässt es den Unternehmen, die das eigentliche Produkt besitzen, zu glänzen.

Verärgerte Gamerinnen und Gamer

Dennoch rückt Nvidia alle paar Jahre durch die Aufregung um bestimmte Technologien ins Rampenlicht. Manchmal hat das dem Unternehmen durchaus geschadet und seinen Fans viel Ärger eingebracht. Aufgrund ihrer Rechenfähigkeiten werden Grafikkarten zuhauf in Miningfarmen verwendet, um digital nach Kryptowährungen zu schürfen. Aufgrund der extrem hohen notwendigen Rechenleistung werden dabei oft Dutzende oder sogar Hunderte Grafikkarten zu Mining-Pools zusammengeschlossen.

Kryptomining

Beim Kryptomining wird die Rechenkraft von Prozessor oder Grafikkarte genutzt, um Kryptowährungen zu schürfen.

Das hatte eine rasant steigende Nachfrage – vor allem bei den stärksten und teuersten Grafikkarten – zur Folge. Normale Computerspielerinnen und -spieler blickten dabei allerdings oft durch die Finger, da die Preise teilweise absurd hoch waren und zugleich auch eine Lieferknappheit bestand. Das veranlasste das Unternehmen beispielsweise dazu, seine Umsatzprognosen für das erste Quartal 2020 auf 100 Millionen Dollar zu senken.

Krypto-Mining-Rig mit Nvidia Grafikkarten
IMAGO/ZUMA Wire/Andre Malerba
Um Kryptowährungen zu schürfen, werden bis zu Hunderte Grafikkarten zu Mining-Pools zusammengeschlossen

Kryptomining für gescheitert erklärt

Im Gegensatz zur KI hatte man Kryptomining bei Nvidia allerdings für gescheitert erklärt, da „es keinen Nutzen für die Gesellschaft bringt. KI bringt ihn dagegen schon“, hielt Michael Kagan, Chief Technology Officer von Nvidia, vor einigen Wochen gegenüber dem „Guardian“ fest.

Aber auch die Zugänglichkeit sei bei KI eine andere: „Mit ChatGPT kann jetzt jeder seine eigene Maschine, sein eigenes Programm erstellen: Man sagt der KI einfach, was sie tun soll, und sie tut es. Und wenn es nicht so funktioniert, wie man es will, dann sagt man ihr, ‚Ich will etwas anderes‘“, so Kagan.

Weitere Gewinne

Branchenexperten gehen davon aus, dass Nvidia seine Gewinne noch eine ganze Weile hoch halten wird, denn die Anwendungsfälle für generative KI aufgrund von ChatGPT haben eine riesige Nachfrage nach diesen Chips ausgelöst, so Ives. Auch Nvidias Konkurrenten werden früher oder später eindeutig davon profitieren, aber Nvidia hat hier den Weg geebnet.

ausgestellte Nvidia Prozessoren und Superchips auf der COMPUTEX 2023 in Taipei
Reuters/Ann Wang
Um Grafikkartenchips noch leistungsfähiger zu machen, müssen immer mehr Recheneinheiten auf die Chips passen

Laut Kleinhans wird sich daher auch an der Marktdominanz von Nvidia in den kommenden Jahren wenig ändern. Denn um die Leistung der Grafikbeschleuniger weiter zu steigern, müsse man immer mehr Recheneinheiten auf einen Chip bekommen. Das gehe nur mit dem jeweils modernsten Fertigungsprozess, und dafür braucht es entsprechend gute Beziehungen zu den Fertigungsanlagen, insbesondere zu Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC), neben Samsung das weltweit einzige Unternehmen, das in der Lage ist, solche Chips zu produzieren. Durch die jahrelange Zusammenarbeit mit TSMC verfügt Nvidia genau über diese Beziehungen, so Kleinhans.

Nvidia als Schweiz der KI

Aufgrund des Alleinstellungsmerkmals als Chiphersteller hat sich Nvidia im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen in der Branche als vertrauensvoller Partner etabliert. Wenn also beispielsweise Akteure wie Google oder Apple in Zukunft damit beginnen, Chips für den Betrieb von KI-Systemen zu entwickeln und zu verkaufen, dann würden sie vorerst damit weit weniger erfolgreich sein als Nvidia. „Nvidia ist die Schweiz der KI“, so Ives. „Es gibt weniger Vertrauensprobleme bei den Softwarefirmen, weil sie immer ein Chiphersteller geblieben sind.“

Das Vertrauen zeigte sich auch bei der letzten Bilanzpressekonferenz des Unternehmens, auf der die Finanzchefin mitteilte, dass das Unternehmen bereits begonnen habe, ihren Chipvorrat aufzustocken, um sich auf die anhaltende Nachfragespitze in der zweiten Jahreshälfte vorzubereiten.