Ein alter Heizkörper
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Deutschland

Heizungsstreit erhitzt „Ampel“-Gemüter

Seit Wochen schwelt in der deutschen „Ampelkoalition“ der Streit über ein geplantes Gesetz, das den Abschied von Öl- und Gasheizungen bereiten soll. Laut Entwurf soll ab nächstem Jahr jede neue Heizung zum Großteil mit grüner Energie betrieben werden. Doch der Konflikt zwischen FDP und Grünen schaukelte sich derart hoch, dass das Thema zur Zerreißprobe wird.

Ähnlich wie in Österreich birgt auch in Deutschland die Klimapolitik erhöhten Konfliktstoff in der Koalition. Die „Ampel“ aus SPD, Grünen und FDP streitet seit Wochen über ein geplantes Gesetz, das neue Regeln für Heizungen vorsieht. Nach dem Entwurf müsste ab Anfang 2024 jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit grüner Energie betrieben werden.

Das soll für alle Eigentümerinnen und Eigentümer bis zum Alter von 80 Jahren gelten. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben, kaputte repariert werden. Der Umstieg soll laut dem deutschen Wirtschaftsministerium durch Förderung sozial abgefedert werden.

Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, hatte die damalige schwarz-rote Bundesregierung das Gebäudeenergiegesetz auf den Weg gebracht. Es gilt seit 2020 und regelt unter anderem den langsamen Abschied von Öl- und Gasheizungen. Die „Ampelkoalition“ beschloss zur Beschleunigung eine Änderung des Gesetzes, die seither stark umkämpft ist. Der Bedarf ist jedenfalls groß: Insgesamt gibt es in Deutschland rund 19 Millionen Gas- und Ölheizungen. Davon ist jeweils der Großteil so alt, dass sie bald ersetzt werden müssen. Zudem drängt die Zeit, das Gesetz soll laut Vereinbarung noch vor der Sommerpause des Bundestages beschlossen werden, also bis zum 7. Juli.

Junktim mit weiterem Gesetz

Doch ein Kompromiss will nicht zustande kommen. Kritik kommt innerhalb der Regierungskoalition besonders von der FDP. Sie verhinderte zunächst, dass der bereits beschlossene Gesetzesentwurf zum ersten Mal im Bundestag behandelt wurde. Die FDP fordert etliche Nachbesserungen und richtete zuletzt 77 Fragen an Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne), etwa zum Einsparpotenzial von Sanierungen ohne Heizungstausch und zur geplanten Rolle von Biomethan. Die Liberalen fordern „Technologieoffenheit“. Man solle nicht nur hauptsächlich auf die Wärmepumpe setzen, sondern etwa auch auf Holz und Holzpellets. Außerdem sei es wichtig, das Gebäudeenergiegesetz mit einem anderen geplanten Gesetz, jenem zur „kommunalen Wärmeplanung“, zu verbinden. Das alles würde weitere Verzögerungen bedeuten.

Robert Habeck (die Grünen) und Christian Lindner (FDP)
APA/dpa/Michael Kappeler
Es spießt sich zwischen FDP-Chef Christian Lindner und dem grünen Vizekanzler Robert Habeck

Wirtschaft macht Druck

Druck kam freilich auch aus der Energiewirtschaft, die noch „fundamentale“ Verbesserungen forderte. Der Branchenverband BDEW pochte darauf, dass die Energienetze ausgebaut werden sollten, die Stromnetze für die Wärmepumpen und die Wärmenetze für die Fernversorgung. Auch Deutschlands größter Energiedienstleister Westenergie forderte den Ausbau des Stromverteilnetzes, denn man erwarte nun einen Boom der Solaranlagen und der Wärmepumpen. „Wir brauchen also nicht nur einen Ausbauturbo für die erneuerbaren Energien, sondern auch einen Verstärkungsturbo für unsere Stromnetze“, so Westenergie-Chefin Katherina Reiche.

Die Verbraucherverbände traten wiederum mit anderen Forderungen an die Politik. Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, sagte, durch die andauernde Hängepartie beim Gebäudeenergiegesetz fehle es den Verbraucherinnen und Verbrauchern an Planungssicherheit. Um Alternativen beim Umstieg auf klimafreundliche Heizungen einplanen zu können und Kosten zu begrenzen, müsse der Ausbau der Fernwärme zügig vorangebracht werden.

Vermittlungsversuche bisher ohne Erfolg

Auch die Opposition übt Kritik, die Grünen wiederum sehen die FDP als Blockierer in wichtigen Klimafragen und forderten sie auf, den Weg für das parlamentarische Verfahren endlich frei zu machen. Habeck warf der FDP gar öffentlich „Wortbruch“ vor. Aber auch innerhalb von SPD und Grünen gab es Kritik, die soziale Abfederung reiche nicht, hieß es etwa. Auch solle der Schutz der Mieterinnen und Mieter erhöht werden, sie sollen nicht für neue Heizungen aufkommen müssen.

Zwischenzeitlich waren die Wortmeldungen derart zahlreich und unfreundlich, dass gar der sonst zurückhaltende Kanzler Olaf Scholz (SPD) vermittelnd eingreifen musste. Er drängte die Koalitionspartner öffentlich zur Einigung. Am Dienstag lud Habeck schließlich zu einem Gipfel, um die Wogen zu glätten und mögliche Kompromisse auszuloten. Heraus kam dabei wenig – das Gesetz hängt vorerst weiter in der Luft.

Kein Ende in Sicht

Nun läuft die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner, Habeck kündigte hier schon Gesprächsbereitschaft an. Zur Debatte stehen weitere Übergangsfristen und Härtefallregelungen, Anpassungen könnte es auch beim Starttermin geben. So könnte der Stichtag zu Neujahr vorerst nur für Neubauten gelten. Beim Altbaubestand könnte mehr Zeit eingeräumt werden. Auch die soziale Abfederung wird weiter diskutiert. Die FDP will jedenfalls von ihrer bremsenden Haltung nicht abgehen. Es habe zwar schon konstruktive Gespräche mit den Grünen gegeben. Es gebe „allerdings immer noch eine Menge Arbeit am Heizungsgesetz“, hieß es am Dienstagabend.