EVP verlässt Verhandlungen über Renaturierungsgesetz

Die Europäische Volkspartei (EVP) zieht sich von den Verhandlungen über ein wichtiges Umweltvorhaben des „Green Deal“ ihrer Parteifreundin Ursula von der Leyen zurück. Konkret legt sich die EVP, der auch die ÖVP angehört, beim geplanten Renaturierungsgesetz quer. Die EU-Kommission wird von den Konservativen aufgefordert, einen neuen Vorschlag zu unterbreiten.

„Der Vorschlag war von Anfang an schlecht, und unsere Bedenken bleiben unbeantwortet“, sagten EVP-Chef Manfred Weber und die EVP-Chefunterhändlerin für die Wiederherstellung der Natur, Christine Schneider, in einem Statement. Die Bedenken der Bauern seien in den Verhandlungen im EU-Parlament „schlichtweg nicht ernst genommen“ worden, kritisierte ÖVP-EU-Abgeordneter Alexander Bernhuber.

Streit über das EU-Renaturierungsgesetz

Über das EU-Renaturierungsgesetz gibt es viel Uneinigkeit. Im EU-Parlament verließen am Mittwoch die Abgeordneten der Europäischen Volkspartei die Verhandlungen – sie sprachen von einem Angriff auf Landwirte.

Der Agrarausschuss hatte kürzlich dem geplanten Gesetz eine Absage erteilt. Hauptzuständig ist jedoch der Umweltausschuss, der Mitte Juni darüber abstimmen soll. Bereits vor Wochen kündigte die EVP-Fraktion an, das Renaturierungsgesetz und das Gesetz zur Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden in der Landwirtschaft zu torpedieren. Beide Vorhaben sollen noch vor dem Sommer beschlossen werden.

Timmermans: „Ohne Naturschutz kein Klimaschutz“

Vor allem auch der für Klimaschutz zuständige Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans gerät mit der Blockade unter Druck. Eine Niederlage sah er kurz zuvor im Gespräch mit dem ORF in Brüssel noch nicht. „Wir haben einen Vorschlag gemacht, und jetzt muss der Rat – die Mitgliedsstaaten –, muss das Europäische Parlament seine Position bestimmen“, so Timmermans.

EU-Kommissar Frans Timmermans
ORF
EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans

Er sei zu Verhandlungen bereit, sagte der Kommissionsvizepräsident. „Aber wenn man verhandeln will, muss man auch an den Tisch kommen, dann muss man auch sagen, was man genau anders will und nicht einfach sagen ‚Wir wollen es nicht‘“, sagte er. Ohne Naturschutz gebe es auch keinen Klimaschutz, meinte er. Er warnte zudem: „Wenn es einen Ökozid gibt, dann wird auch nichts mehr wachsen.“ Auch Landwirtschaft könne dann nicht mehr betrieben werden.

Debatten gab es in den vergangenen Monaten auch über andere Punkte des „Green Deal“. Gestritten wurde etwa über Ausnahmen für E-Fuels im Zuge des Verbrennerverbots sowie die Förderung von Nuklearenergie im Zuge der Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Für Timmermans wackelt der „Green Deal“ vor dem Hintergrund nicht, wie er auf Frage von ORF.at sagte: „Bis jetzt haben wir viel mehr erreicht, als viele geglaubt haben am Anfang.“ Auch beim Naturschutz hofft die Kommission auf einen Durchbruch.

Grüne werfen Weber „Besessenheit“ vor

Scharfe Kritik an der EVP-Blockade kam unterdessen von der deutschen EU-Abgeordneten und Schattenberichterstatterin der Grünen, Jutta Paulus: „Manfred Webers Besessenheit, Ursula von der Leyen zu schaden, und seine Ignoranz gegenüber der Dringlichkeit der ökologischen Krise gefährden unsere Lebensgrundlagen, die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen und unsere Landwirtschaft.“

Der SPÖ-EU-Abgeordnete Andreas Schieder bezeichnete die EVP-Blockade bei den beiden Umweltvorhaben zuvor auch als „schweren Fehler“ und „unfair gegenüber allen künftigen Generationen“. Der Klimawandel sei die „größte gesellschaftliche Herausforderung mit einer schweren sozialen Implikation.“ Dessen Verursacher seien nicht die „kleinen Leute“, sondern „Reiche und die Großindustrie“.