Zerstörtes Gebäude
AP/Alex Babenko
Neuer Russischer Angriff

Mehrere Tote durch Raketentrümmer in Kiew

Bei einem russischen Raketenangriff auf Kiew sind laut ukrainischen Angaben in der Nacht auf Donnerstag mindestens drei Menschen getötet und mehrere verletzt worden. Unter den Todesopfern sei nach Angaben der Militärverwaltung auch ein Kind. Die von Russland auf Kiew abgefeuerten Marschflugkörper wurden den Angaben zufolge von der ukrainischen Luftabwehr abgefangen – doch herabfallende Trümmer hätten zu Opfern und Schäden geführt.

Wie der ukrainische Generalstab auf Facebook mitteile, habe Russland den um 3.00 Uhr (Ortszeit, 2.00 Uhr MESZ) erfolgten Angriff auf Kiew mit zehn Iskander-Raketen ausgeführt. Alle zehn Raketen seien durch die Flugabwehr zerstört worden. Neben den drei Toten habe es in den Stadtbezirken Dniprowskyj und Desnjanskyj zwölf Verletzte gegeben, teilte die Militärverwaltung auf Telgram mit. Neun mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden, so der Kiewer Bürgermeister Witali Klitschko mit Verweis auf Ärzte.

„Es ist Kindertag. Und die Raschisten führen einen weiteren Angriff auf unsere Hauptstadt aus und töten. Töten ukrainische Kinder“, sagte der Chef der Militärverwaltung Kiews, Serhij Popko. Das Wort „Raschist“ ist eine Verbindung aus „Rascha“ (von engl. „Russia“ für Russland) und „Faschist“. Es wird seit Kriegsbeginn in der Ukraine als Schimpfwort für die russischen Besatzer verwendet.

Tote bei Luftangriff auf Kiew

Bei einem russischen Raketenangriff auf Kiew sind nach ukrainischen Angaben mindestens drei Menschen getötet und mehrere verletzt worden.

Klitschko lässt Schutzräume überprüfen

Im Stadtteil Desnjanskyj wurde Agenturangaben zufolge auch ein Krankenhaus getroffen. Der Mann einer getöteten Frau beklagte später, dass die Menschen den russischen Raketen schutzlos ausgeliefert gewesen seien, weil sie gegen die Türen des Bombenschutzkellers gehämmert hätten, ihnen aber niemand aufgemacht habe.

Wegen des offenbar verschlossenen Luftschutzkellers wurde Berichten zufolge Ermittlungen eingeleitet. Der Leiter des betroffenen Stadtteils Desnjanskyj, Dmytro Ratnikow, habe nach Angaben von Bürgermeister Klistschko das Präsidialamt gebeten, für die Dauer der Untersuchungen von seinem Posten freigestellt zu werden. Klitschko kündigte zudem an, in allen anderen Kiewer Bezirken die Schutzräume überprüfen zu lassen.

Zuletzt auch Angriff am Tag

Kiew war zuletzt immer wieder Ziel russischer Raketen- und Drohnenangriffe. Am Dienstag starb mindestens eine Person bei einem durch herabfallende Trümmer ausgelösten Hochhausbrand, wie Klitschko nach dem damals erfolgten „massiven Angriff“ mitteilte. Nach zahlreichen nächtlichen Luftangriffen hatte Russland Kiew am Montag auch tagsüber mit Raketen angegriffen.

Am Mittwoch veröffentlichte Aufnahmen einer Autokamera zeigen, wie eine von der Luftabwehr abgeschossene Rakete auf eine Straße in Kiew stürzt. Die BBC verglich das Material mit dem Video einer nahe gelegenen Überwachungskamera und mit Fotos in Medienberichten und schloss daher auf die Echtheit der Aufnahmen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hob zuletzt die zentrale Rolle der Flugabwehr des Landes hervor. Diese habe Hunderte Menschenleben gerettet, sagte Selenskyj am Montag in seiner täglichen Videobotschaft. Es habe zwar einige Einschläge gegeben, aber die meisten Drohnen und Raketen seien abgeschossen worden. Die Flugabwehrsysteme vom US-Typ Patriot hätten geholfen, das Böse zu zerstören, meinte Selenskyj, der weitere Hilfe forderte, um die Verteidigung des Landes zu vervollkommnen.

Trümmerteile stürzen auf Straße in Kiew

Am Mittwoch wurden Aufnahmen einer Autokamera veröffentlicht, auf denen auf Kiew herabstürzende Trümmer einer offenbar von der Luftabwehr abgeschossenen Rakete zu sehen sein sollen.

Russland meldet Angriffe auf Schebekino

Berichte über Luftangriffe gab es zuletzt vermehrt auch aus Russland. In der russischen Grenzstadt Schebekino wurden nach Angaben von Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow in der Nacht auf Donnerstag fünf Menschen durch ukrainische Raketenangriffe verletzt. Mehrere Gebäude seien beschädigt worden, teilte er auf Telegram mit. Von ukrainischer Seite gab es dafür keine Bestätigung.

Am Dienstag seien russischen Angaben zufolge auch zwei Ölraffinerien Ziele von Kampfdrohnen geworden. In der Anlage Afipski sei durch die Attacke Feuer ausgebrochen, das unter Kontrolle gebracht werden konnte, teilte der Gouverneur der Region Krasnodar am Mittwoch mit. Wenig später meldete die staatliche Nachrichtenagentur RIA den Absturz eines unbemannten Flugobjekts in der etwa 20 Kilometer entfernten Raffinerie Ilski. Am Dienstag war die russische Hauptstadt Moskau erstmals Ziel eines größeren DrohnenAngriffs.

Das russische Verteidigungsministerium sprach von acht unbemannten Flugobjekten, von denen einige über dem exklusiven Vorort Rubljowka und unweit der Residenz des russischen Präsidenten Wladimir Putin abgeschossen worden seien. Russland warf der Ukraine im Anschluss einen „terroristischen Angriff“ auf Moskau vor. Die ukrainische Regierung wies die Vorwürfe zurück, wonach sie für den Angriff auf Moskau direkt verantwortlich sein soll.

„Entscheidungen sind getroffen“

Russland hatte im Februar 2022 seine Invasion des Nachbarlandes begonnen. Seit Oktober haben die russischen Truppen Hunderte Raketenangriffe auf die Ukraine ausgeführt, um die kritische Infrastruktur und Energieanlagen zu zerstören. Nach Angaben von Militärvertretern habe Russland den Schwerpunkt seiner Raketenangriffe verlagert, um die Vorbereitungen der Ukraine auf deren Gegenoffensive zu stören.

Kiew bereitet nach eigenen Angaben eine große Gegenoffensive vor, um die russischen Streitkräfte in der Ukraine zurückzudrängen. Die Pläne zur Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete seien nach Angaben von Selenskyj mittlerweile fertig. „Die Entscheidungen sind getroffen“, sagte der Präsident. Inklusive der bereits 2014 annektierten Halbinsel Krim halten Russlands Truppen derzeit rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt.