Rammstein Sänger Till Lindemann
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Frauen berichten

Neue Vorwürfe gegen Rammstein-Frontmann

Die Missbrauchsvorwürfe gegen den Frontmann der deutschen Band Rammstein, Till Lindemann, weiten sich aus. Nachdem bereits eine irische Frau berichtet hatte, am Rande eines Rammstein-Konzertes unter Drogen gesetzt worden zu sein – die Band dementierte –, berichteten Medien am Freitag, wie Frauen rekrutiert worden sein sollen, um mit Lindemann Sex zu haben. Wegen eines anderen Falls zog ein Verlag bereits Konsequenzen.

Laut den Berichten von NDR und „Süddeutscher Zeitung“ wurden mehrere Personen aus dem Umfeld des Rammstein-Frontmanns gezielt angesprochen, um zu speziell für Lindemann organisierten After-Show-Partys zu kommen. Häufig sei das über Instagram oder auf den Konzerten selbst passiert. Die Frauen, so heißt es beispielsweise auf Tagesschau.de, hätten im Vorfeld Fotos von sich schicken müssen, oder es seien Fotos und Videos gemacht worden. Die Frauen hätten sich attraktiv kleiden müssen, Freunde seien nicht erlaubt gewesen.

Eine Frau berichtete, dass ihr klar kommuniziert worden sei, dass es den Zugang zu Konzert und After-Show-Party nur bei Interesse an Geschlechtsverkehr mit Lindemann gebe. Zwei Frauen erzählten den Medien, dass es zu sexuellen Übergriffen gekommen sei. Zudem seien ihnen Drogen angeboten worden. Das Management von Rammstein hatte sich gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ nicht zu den neuen Vorwürfen geäußert. Von Lindemann liegt ein Anwaltsschreiben vor, aus dem aber nicht zitiert werden dürfe.

Irin brachte Vorwürfe ins Rollen

Seit dem Pfingstwochenende kursieren Vorwürfe gegen die Band. Eine Irin hatte in sozialen Netzwerken beschrieben, wie sie am Rande eines Rammstein-Konzertes in der litauischen Hauptstadt Vilnius am 22. Mai von Mitarbeitern des Frontmannes ausgewählt worden sei, um in der Konzertpause hinter die Bühne zu kommen. Dort sollte es laut der Frau zu Sex mit Lindemann kommen. Als sie nicht wollte, habe der Sänger aggressiv reagiert.

Auf den Partys sei ihr und weiteren Frauen Alkohol verabreicht worden, auch Lindemann habe sich unter die jungen Frauen gemischt und ihnen Tequila spendiert. Am nächsten Tag sei sie schließlich mit blauen Flecken und Blutergüssen am ganzen Körper aufgewacht. Sie könne sich nur noch an wenig erinnern, habe Symptome wie Übelkeit und Schüttelfrost gehabt.

Sie ist davon überzeugt, unter Drogen gesetzt worden zu sein. Gleichzeitig hielt sie fest: „Till hat mich NICHT angefasst. Er hat akzeptiert, dass ich keinen Sex mit ihm haben wollte. Ich habe nie behauptet, dass er mich vergewaltigt hat.“

Mehrere Nutzer und Nutzerinnen solidarisierten sich mit der Frau. Auch andere Beteiligte am Konzert hätten sich ihr nun anvertraut. Von der Polizei, mit der sie eigenen Angaben zufolge wenige Tage nach dem Konzert gesprochen hatte, sei die Irin aber enttäuscht. Die Band hatte sich auf Twitter zu den Vorwürfen geäußert: „Zu den im Netz kursierenden Vorwürfen zu Vilnius können wir ausschließen, dass sich, was behauptet wird, in unserem Umfeld zugetragen hat. Uns sind keine behördlichen Ermittlungen dazu bekannt.“

Hinter der Bühne mit Lindemann

Die neuen Vorwürfe gehen weiter. „SZ“ und NDR sprachen mit Frauen, die offenbar auf potenziellen Sex mit Lindemann vorbereitet wurden bzw. davon überrascht waren, was sich im Backstage-Bereich abspielen soll. So schildert eine damals 22-Jährige, wie sie im Februar 2020 von einer anderen Frau auf Instagram angeschrieben worden sei. Sie wurden eingeladen, mit Lindemann hinter der Bühne zu feiern. Der Rammstein-Sänger habe ihr dann Alkohol angeboten und sei mit ihr schließlich in die Garderobe gegangen, wo er die Tür geschlossen habe, wird die Frau, die anonym bleiben will, von der „SZ“ zitiert.

„Ich will nicht sagen, dass das eine Vergewaltigung war, weil ich ja zugestimmt habe, aber ich war jetzt auch nicht offensichtlich glücklich darüber, was da passiert. Ich hatte auch ziemlich starke Schmerzen, und es muss ihm auch aufgefallen sein, dass es nicht leicht war, mit mir zu schlafen.“ Sie habe anschließend geblutet, aber wollte nicht sagen, dass es wehtut, „weil es war eben Till Lindemann. Nach zehn Minuten war er fertig und hat sich bedankt und gesagt, es ginge ihm jetzt besser.“

Schilderung von abgeschlossenen Räumen

Die Mitarbeiterin eines VIP-Bereichs berichtete anonymisiert gegenüber der ZIB1, Mädchen und junge Frauen seien vor Konzerten gezielt ausgewählt worden. Es habe private, abgeschlossene Räume gegeben, die „definitiv für diese privaten Aktivitäten“ verwendet worden seien und nachher auch gereinigt werden mussten. Sie habe „Mädels gesehen, wie sie den VIP-Bereich verlassen haben“. Und sie fügte hinzu, dass sie deshalb schon jahrelang ein schlechtes Gewissen habe.

Schwere Vorwürfe gegen Rammstein-Frontmann

Die Missbrauchsvorwürfe gegen den Frontmann der deutschen Band Rammstein, Till Lindemann, weiten sich aus. Nachdem bereits eine irische Frau berichtet hatte, am Rande eines Rammstein-Konzertes unter Drogen gesetzt worden zu sein – die Band dementierte –, berichteten Medien am Freitag, wie Frauen rekrutiert worden sein sollen, um mit Lindemann Sex zu haben. Wegen eines anderen Falls zog ein Verlag bereits Konsequenzen.

In einem weiteren Fall berichtete eine damals 21-Jährige, nach einer After-Show-Party Lindemanns besinnungslos auf einem Hotelbett gelegen zu sein. Laut ihren Erinnerungen sei der Sänger auf ihr gelegen, als sie wieder zu sich gekommen sei, und habe sie gefragt, ob er aufhören solle. Sie habe nicht gewusst, womit er aufhören solle. Der Frontmann sei dann gegangen, seine Mitarbeiter hätten der Frau dann Drogen angeboten. Sie habe abgelehnt, sagte die Frau.

Chatprotokolle untermauern Vorwürfe

Die beiden Frauen tätigten ihre Aussagen anonym und unter Eid vor der Kamera. Auch weitere Frauen erhoben ähnliche Vorwürfe gegenüber Lindemann und erzählten, wie der Sänger immer wieder mit verschiedenen Frauen aus dem Raum, wo die Partys stattfanden, verschwunden sei. Dem NDR und der „Süddeutsche Zeitung“ liegen außerdem Chatprotokolle und Screenshots vor, die die Vorwürfe untermauern würden, heißt es in den Berichten.

Gegenüber Puls24 hätten sich in den vergangenen Tagen mehrere Frauen gemeldet und diese Praxis bestätigt. Bei den After-Show-Partys sei die meiste Zeit nur Lindemann anwesend gewesen, die anderen Bandmitglieder würden getrennt feiern. Die Wiener Polizei erklärte gegenüber Puls24: „Hinsichtlich der Rammstein-Konzerte in Wien der vergangenen Jahre gab es keine statistischen Erfassungen allfälliger Spiking- oder Sexualdelikte während oder im Umfeld dieser Konzerte.“ Unter Spiking versteht man, wenn zum Beispiel Drogen oder K.-o.-Tropfen heimlich in die Getränke gemixt werden.

Rammstein Konzert
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Auf Rammstein-Konzerten tummeln sich Tausende Fans

Verlag trennt sich von Lindemann wegen Pornovideo

Inzwischen hat der deutsche Verlag Kiepenheuer & Witsch (KiWi-Verlag) die Zusammenarbeit mit Lindemann beendet. Der Sänger hatte mit dem Verlag zwei Bücher („In stillen Nächten“ und „100 Gedichte“) herausgegeben. „Mit Erschütterung haben wir in den letzten Tagen öffentlich gewordene Vorwürfe gegen Till Lindemann verfolgt. Unser Mitgefühl und unser Respekt gilt den betroffenen Frauen“, so der Verlag in sozialen Netzwerken. Allerdings ist ein Pornovideo, das seit drei Jahren im Netz kursiert, der Grund für die Trennung.

Im Zuge der aktuellen Berichterstattung habe der Verlag Kenntnis von dem pornografischen Material erhalten. In dem Clip habe Lindemann „sexuelle Gewalt gegen Frauen zelebriert“, heißt es vom Verlag. Der 2013 bei Kiepenheuer & Witsch erschienene Gedichtband „In stillen Nächten“ habe dabei eine Rolle gespielt. In dem Video taucht neben brutalen Sexszenen das Buch auf und wird von dem Sänger penetriert.

Man verteidige zwar „aus voller Überzeugung“ die Freiheit der Kunst, jedoch werde in dem Fall „die von uns so eisern verteidigte Trennung zwischen dem ‚lyrischen Ich‘ und dem Autor/Künstler aber vom Autor selbst verhöhnt“. Der Verlag wertet „dies als groben Vertrauensbruch und als rücksichtslosen Akt gegenüber den von uns als Verlag vertretenen Werten“. Das Vertrauensverhältnis zu Lindemann sei „unheilbar zerrüttet“.

Der Verlag nahm indirekt Bezug auf seine Verteidigungslinie aus dem Jahr 2020. Damals war der ebenfalls bei Kiepenheuer & Witsch erschienene Band „100 Gedichte“ wegen Vergewaltigungsfantasien in dem Gedicht „Wenn du schläfst“ scharf kritisiert worden. Der Verlag hatte Lindemann damals in Schutz genommen: „Die moralische Empörung über den Text dieses Gedichts basiert auf einer Verwechslung des fiktionalen Sprechers, dem sogenannten ‚lyrischen Ich‘ mit dem Autor Till Lindemann.“