Dutzende Menschen stehen neben den Zugtrümmern in Balasore, Indien
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Indien

Hunderte Tote nach Zugsunglück

Bei einem der verheerendsten Zugsunglücke der vergangenen Jahrzehnte sind im Osten Indiens fast 300 Menschen ums Leben gekommen. Zudem wurden rund 850 Menschen verletzt, wie die Behörden des Bundesstaates Odisha am Samstagmorgen mitteilten. Unter den umgestürzten Waggons werden weitere Tote vermutet.

Die Katastrophe ereignete sich am Freitagabend gegen 19.00 Uhr (Ortszeit, 15.00 Uhr MESZ) in einer ländlichen Gegend des Bezirks Balasore, gut 200 Kilometer südwestlich von Kalkutta. Zwei Passagierzüge und ein Güterzug verunglückten dort nacheinander auf zwei parallel verlaufenden Gleisabschnitten. Wie genau, das war auch Stunden nach dem Unfall nicht klar.

Medienberichten zufolge war vermutlich erst einer der beiden Passagierzüge entgleist, der andere dann auf der wenige Meter entfernten Parallelstrecke in die dort auf den Gleisen liegen gebliebenen Waggons gerast.

Welcher der beiden Züge zuerst entgleiste und aus welchen Gründen, das blieb ungeklärt – ebenso wie die Frage, ob der Güterzug zum Zeitpunkt des Unfalls wirklich auf einem anderen Gleis abgestellt war und von einem der entgleisten Passagierzüge gerammt wurde, wie es manche Medien beschrieben. Andere schilderten abweichende Versionen.

Luftaufnahme zeigt die entgleisten Züge in Balasore, Indien
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Die Zahl der Toten wird weiter steigen

Einsatzkräfte zogen Verletzte hervor

Mit Tagesanbruch am Samstag wurde das Ausmaß des Desasters besser sichtbar. Etwa ein Dutzend havarierte Waggons lag auf und neben den Gleisen – in die Höhe ragende Stahlkolosse, einige mit aufgerissenen Abteildecken, die Fenster zerschmettert. Auf und neben den Waggons versuchten private Personen und Rettungskräfte mit orangefarbenen Schutzanzügen verzweifelt, verletzte Passagiere und Passagierinnen unter den tonnenschweren Trümmern zu retten.

Ein Augenzeuge sagte dem örtlichen Fernsehsender NDTV, er sei aus dem Schlaf gerissen worden, als sein Zug plötzlich entgleiste – und das Chaos losbrach. „Zehn bis 15 Menschen fielen auf mich“, erzählte er dem Sender. Er selbst sei mit Verletzungen am Hals und an den Händen davongekommen, habe dann aber überall abgetrennte Körperteile von Menschen erblickt.

Tote bei Zugsunglück in Indien

Bei einem der verheerendsten Zugsunglücke der vergangenen Jahrzehnte sind im Osten Indiens zahlreiche Menschen ums Leben gekommen. Unter den umgestürzten Waggons werden weitere Tote vermutet.

„Es war ein ohrenbetäubender Lärm, ich spürte den Boden unter meinen Füßen erzittern. Unser Zug wurde vor- und zurückgeworfen“, wurde ein Fahrgast von der Zeitung „Times of India“ zitiert. Dann habe er aus dem Fenster geschaut und die entgleisten Waggons gesehen, mit darunter eingeklemmten Menschen. „Es war dunkel, und ich konnte Schreie hören.“ Ein anderer Mann schilderte, wie völlig aufgelöste Angehörige später in einem Feld Leichen suchten. „Der Anblick war zu schrecklich, um ihn zu beschreiben.“

Untersuchung angeordnet

Indiens marodes Bahnsystem mit alten Zügen und vielerorts überholungsbedürftigen Gleisanlagen ist bekannt für häufige Unfälle. Doch derart hohe Opferzahlen sind selbst in dem riesigen Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern und Einwohnerinnen äußerst selten.

Bahnminister Ashwini Vaishnaw sagte der Nachrichtenagentur ANI, er habe eine Untersuchung zur Ursache der Zugskatastrophe angeordnet. Am Samstagmorgen traf er an der Unfallstelle ein, um sich ein Bild vom Ausmaß der Tragödie zu machen.

Premierminister Narendra Modi zeigte sich erschüttert und schrieb auf Twitter: „In dieser Stunde der Trauer sind meine Gedanken bei den trauernden Familien.“ Der Samstag wurde in Odisha zum Trauertag erklärt. Das Büro des Premierministers kündigte schon kurz nach dem Unglück eine Entschädigung für die Angehörigen der Toten und für Verletzte an.